DER TOURISTISCHE BLICK

Das Erscheinungsbild von Kassel wird in seinen Stadtführern immer mehr durch die documenta geprägt. In den Anfängen der Ausstellung wurde sie lediglich kurz erwähnt, doch mit den Jahren stieg das Interesse an der documenta und somit auch die Publicity. Bei der ersten Erwähnung der documenta in einem Reiseführer zu Kassel von 1955 war es lediglich ein Satz, während der neuste Stadtführer von 2007 ein Viertel seines Gesamtumfanges einschließlich 26 sechsundzwanzig Bildern der documenta widmet. So wundert es auch nicht, dass Kassel-Reiseführer so gut wie nur noch zu den documenta-Ausstellungen erscheinen. Wie selektiv der touristische Blick ist, zeigt besonders gut die Bebilderung der Reiseführer. Meist wird das Fridericianum abgebildet, als primärer Identifikationsort der documenta. Die am häufigsten vertreten Kunstwerke sind Claes Oldenburgs Spitzhacke, der Rahmenbau von Haus-Rucker-Co. und Jonathan Borofskys Man Walking to the Sky, besser bekannt als der »Himmelsstürmer«. Und gezeigt wird hierbei immer nur die Schauseite der Objekte. Das Fridericianum z. B. wird lediglich mit seiner zum Platz zugewandten Hauptfassade abgebildet, meist frontal oder von Westen her. Der Rahmenbau wird in den Fotografien der Reiseführer häufig selbst zum Objekt gemacht. Die eigentliche Idee des Kunstwerkes, ein Gerät zur Lenkung der Blickrichtung des Betrachters zu sein, ist auf diesen Fotos gar nicht mehr zu erkennen.