PARTIZIPATION: GEWOLLT / UNGEWOLLT

Einige künstlerische Arbeiten, meist Außenarbeiten, binden Einwohner Kassels oder Ausstellungsbesucher mit ein. Das kann beabsichtigt sein und manchmal werden die Mitwirkenden sogar bezahlt – wie im Jahr 2002 bei Thomas Hirschhorns Bataille-Monument in der Kasseler Nordstadt zur documenta 11 –, so dass man von simulierter Partizipation sprechen könnte. Doch in anderen Fällen war die Mitwirkung zunächst gar nicht beabsichtigt. Kein Kunstwerk hat bislang mehr öffentliches Interesse und Proteste provoziert als Walter de Marias Vertikaler Erdkilometer 1977 anlässlich der documenta 6. In der Protest- »Aktion Bilder Bohrlochbefragung« erweiterten Bürger und Besucher das Kunstwerk, indem sie ihre Kommentare auf Fotos der Bauarbeiten schrieben. Horst H. Baumanns Laserscape Kassel auf derselben documenta zog eine freundliche Übernahme nach sich: Um das Kunstwerk auf Dauer zu sichern, wurden immer wieder Spenden gesammelt. Zuletzt rief der Verein documenta forum 2006 dazu auf, zum Preis von 10 Euro symbolisch »Lasermeter« zu erwerben. Die Aktion endete im Juni 2007 erfolgreich mit dem Verkauf der letzten Meter, Hunderte Kasselaner hatten insgesamt rund 74.000 Euro aufgebracht. Doch kein Kunstereignis hat Kassel so sehr verändert wie Joseph Beuys’ Projekt Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung, besser bekannt als die 7.000 Eichen, 1982 zur documenta 7 begonnen. Gegen anfänglichen Widerstand ließ Beuys 7.000 Basaltstelen auf dem Friedrichsplatz abladen und pflanzte den ersten Baum vor dem Fridericianum. Anwohner und Institutionen konnten Standorte vorschlagen und für 500 DM einen Baum samt Stele finanzieren. Zur documenta 8 wurde 1987 der letzte Baum neben dem ersten vom Sohn des mittlerweile verstorbenen Künstlers gepflanzt. 3.000 Vorschläge für weitere Standorte lagen noch vor.