PRESSESTIMMEN: KASSEL VON AUSSEN

Alle fünf Jahre rückt Kassel aufs Neue ins Licht des öffentlichen Interesses. Während der 100 documenta-Tage berichtet die überregionale Presse mehr über die nordhessische Großstadt als in all den 1726 Tagen dazwischen. Anlässlich der documenta 11 hatte sie nur wenig Positives über die Stadt der verschenkten Möglichkeiten (Frankfurter Rundschau, 2002) zu erzählen. Da ist die Rede von »Langeweile« , von »Bausünden« , von »einfältigen Nordhessen« , von Kulturprovinz« , vom »hässlichen Entlein« , ja sogar von »Menschen, die keiner braucht« . (Die documenta) sei nach wie vor ein Fremdkörper (Frankfurter Rundschau, 2002). Als Rouge soll (sie) sich aufs blasse Gesicht Kassels legen, ein Gesicht, das doch nur deutsche Provinz verheißt. (…) schließlich findet dieses Event »nur« alle fünf Jahre statt und legt sich wie ein Heiligenschein über die Region. (Die Welt, 2002). Kassel gibt sich global (Sonntags Zeitung, 1997), wird zur Metropole für 100 Tage (Art, 2007), zur Welthauptstadt der zeitgenössischen Kunst (Münchner Abendzeitung, 1997). Ein Blick in die Vergangenheit beweist den Wandel des Kasselbildes vom Ideal der Moderne zu deren Groteske, aus der vielerlei Imageprobleme resultieren. In den 1950er Jahren liest man noch von »weiträumiger Aufgeschlossenheit« , von moderner Architektur, von nüchterner Grazie (Neues Österreich, 1959) und einer der nettesten Städte Deutschlands (De Groene Amsterdamer, 1959). Über viele Jahrzehnte scheint sodann der viel zitierte Ausspruch des amerikanischen Schriftstellers Benjamin H.D. Buchloh zur Vorlage für die Presse geworden zu sein: »Kassel, the ugliest city west of Siberia«. Heute wiederum entdeckt man überrascht den Charme der »Kasseler Klassik« und verweist auf Liebestempel, Marmorbad und Deutschlands erste Fußgängerzone (Zeitmagazin, Juni 2007).