Der Blick von außen auf das deutsche Bildungssystem. Ein Praktikum am ZLB.
Liebe Florence, Du hast nun zwei Monate Praktikum hinter dir. Was hast du die letzten zwei Monate gemacht?
Florence: Ich habe Interviews zum deutschen Bildungssystem geführt. Dabei habe ich erfahren, dass das System von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist. Außerdem war ich an einer Gesamtschule, wo ich gelernt habe, dass es verschiedene Schulzweige gibt: Hauptschule, Realschule und Gymnasium. An einer Grundschule habe ich die Arbeit mit Kindern besonders genossen.
Ich habe außerdem verschiedene Perspektiven auf Nachhaltigkeit kennengelernt: nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich und sozial. Nachhaltigkeit ist ein sehr vielschichtiges Thema.
Mir fiel außerdem auf, dass hier alles sehr strukturiert abläuft – Pünktlichkeit ist ein zentrales Thema.
An der Universität Kassel haben viele Erstsemesterstudierende ihr Studium begonnen. Was würdest du jemanden empfehlen, der neu an die Universität Kassel bzw. in die Stadt Kassel kommt? Welche kulturellen oder strukturellen Stolpersteine könnten ihnen begegnen?
Florence: Ich würde empfehlen, sich Zeit zu nehmen, die Stadt kennenzulernen. Es gibt viele Sehenswürdigkeiten: den Herkules, den Bergpark, zahlreiche Museen und kulturelle Veranstaltungen.
Am Anfang ist alles neu: Man muss die Verkehrswege kennenlernen, um den richtigen Bus oder Zug zu nehmen. Mir ist es passiert, dass ich weitergefahren bin oder den falschen Bus genommen habe – ein kleiner Kulturschock.
Was erscheint dir für Deutschland typisch?
Florence: Die Mülltrennung ist etwas typisch Deutsches. Auch das Verständnis von Pünktlichkeit unterscheidet sich deutlich. Wenn bei uns ein Stau ist, dauert das mindestens 30 Minuten. Hier wird bereits bei fünf Minuten von Stau gesprochen.
Auch der Zugausfall oder eine Verspätung sind nicht ungewöhnlich. Einmal war ich sehr frustriert, weil der Zug ausfiel und ich nicht wusste, was ich tun sollte. Man muss also früh planen.
Wie erlebst du das deutsche Bildungssystem?
Florence: Bei uns studiert man Lehramt in zwei Phasen: Bachelor und Master. Hier hingegen muss man alles in einem Studium absolvieren – inklusive des Staatsexamens.
Die Schüler tragen hier keine Schuluniformen. Ich hatte auch den Eindruck, dass Handys in der Pause erlaubt sind.
Auch die Unterstützung durch Eltern ist leicht erkennbar: Man sieht, wer gut unterstützt wird, an der Leistungsfähigkeit. Es gibt auch Schüler:innen, die kaum aktiv sind.
In der Würfelturmschule beobachtete ich, dass einige Schüler:innen eine Begleitung haben. Außerdem gab es Inklusion: Kinder, z.B. mit Traumata, die sich schwer konzentrieren können oder mit Sprachbarrieren, hatten die Möglichkeit, eine Spielpause zu machen oder Unterstützung zu erhalten.
Welche Einsichten nimmst du mit?
Florence:Ich möchte künftig mehr Geduld haben. Bei uns erhalten Kinder bei Fehlern Strafen. An den Schulen, die ich besucht habe, wirkten die Lehrkräfte geduldiger.
Außerdem habe ich bemerkt, dass es hier Projekte gibt – zum Beispiel Kunstprojekte, bei denen Schüler:innen bis zu 100 Euro gewinnen können. Das motiviert die Schüler stark.
Vielen Dank für deine persönlichen Einblicke!