Einstellungen von Lehramtsstudierenden (ELSE). Ein faktorieller Survey zur Bedeutung von Einstellungen bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit am Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe durch die Übergangsempfehlungen der Lehrkräfte

Seit der Veröffentlichung der Ergebnisse von PISA 2000 wird die soziale Ungleichheit der Bildungschancen im deutschen Schulsystem wieder verstärkt diskutiert. Besonders am Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule werden ungleiche Bildungschancen der Schüler*innen hinsichtlich sozialer Herkunft, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit (Migrationshintergrund) reproduziert. Dabei spielen die Übergangsempfehlungen der Lehrkräfte eine besondere Rolle. Lehrkräfte geraten immer wieder in die Kritik hinsichtlich ihrer Objektivität bei der Leistungsbeurteilung, aber auch bei der Erstellung der Übergangsempfehlungen für die weiterführende Schule.

Die ELSE-Studie untersucht, inwieweit sich Einstellungen (z.B. Geschlechterstereotype, Ausländerfeindlichkeit, subjektive Theorien zu Schule und Unterricht), Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Big Five, Autoritarismus; Soziale Dominanzorientierung), sowie sozialstrukturelle Merkmale (Geschlecht, soziale Herkunft, Migrationshintergrund) von Lehramtsstudierenden auf die Entscheidung einer (fiktiven) Übergangsempfehlung auswirken. Zu diesem Zweck wurden im Januar/Februar 2014 insgesamt 364 Lehramtsstudierende der Universität Kassel mittels eines eigens entwickelten Fragebogens befragt. Zur Erfassung der Übergangsempfehlung werden vier Vignetten mit Informationen zum Leistungs- und Sozialverhalten eines Schülers bzw. einer Schülerin entwickelt, welche einen Grenzfall zwischen Gymnasial- und Realschulempfehlung darstellt. Die Informationen zum Leistungs- und Sozialverhalten sind bei allen vier Vignetten identisch, variiert wird lediglich der Name des Schülers bzw. der Schülerin, so dass das Geschlecht und die ethnische Zugehörigkeit (Migrationshintergrund) ersichtlich ist: 1. Lukas B.; 2. Yusuf M.; 3. Mia S.; 4. Ayla M. Die Fragebögen wurden randomisiert verteilt, in jedem Fragebogen befand sich nur eine Vignette, so dass für jede Vignette etwa 90 Übergangsempfehlungen der Lehramtsstudierenden vorliegen. Entgegen den Annahmen der Studie entfielen die häufigsten Gymnasialempfehlungen auf das Mädchen mit Migrationshintergrund (61%), die geringsten dagegen auf das Mädchen ohne Migrationshintergrund (39%). Die Zusammenhänge zwischen Übergangsempfehlungen und den Einstellungen, Persönlichkeits- und sozialstrukturellen Merkmalen der befragten Lehramtsstudierenden wurden in mehreren Modularbeiten analysiert.