Filmmusik als Propaganda (2020)
Round table an der Universität Wien und Stummfilmvorführung mit Klavierbegleitung am Istituto Italiano di Cultura di Vienna
Am 14. Januar 2020 fand im Rahmen der Reihe "Campus aktuell" der Universität Wien ein internationaler Round table statt, welcher den Zusammenhang von Filmmusik der Stummfilm-Ära und faschistischer Propaganda in den Fokus rückte. Abgerundet wurde die wissenschaftliche Diskussion der Thematik am gleichen Abend um eine Vorführung des Stummfilms Addio, giovinezza! (1918) am Istituto Italiano di Cultura di Vienna, musikalisch begleitet am Klavier durch den Pianisten und Komponisten Daniele Furlati.
Anliegen der Veranstaltung war es zu verdeutlichen, dass der Umgang mit Musik und Klang im faschistischen Kino alles andere als naiv gewesen ist. Thematisiert wurde beispielsweise, inwiefern bestimmte Komponenten des filmischen Textes unterschwellig dazu dienten, dem Publikum gezielt Bedeutungskonstellationen zu vermitteln, welche der Kulturpolitik des Regimes zuträglich waren. Gezeigt hat sich dabei, dass insbesondere die akustisch-musikalische Komponente in Filmen mit mehr oder weniger explizitem Propagandagehalt als strategisches ideologisches Instrument eingesetzt werden konnte. Die soziokulturellen Komponenten der faschistischen Ideologie sind dabei von einer starken musikalischen Polarisierung geprägt. Einerseits betont die Musik etablierte Topoi der faschistischen Rhetorik wie etwa das Risorgimento, die Familie als Nucleus der Gesellschaft, die „Latinitas“ oder das bäuerliche Leben; andererseits tritt die Musik in den Dienst der antikommunistischen, antijüdischen und antiäthiopischen Ikonographie, um Gegner des Regimes durch Dissonanzen sowie kakophone Cluster zu diskriminieren. Der Klang diente nicht zuletzt dazu, die sozioökonomischen Veränderungen der Moderne zu unterstreichen, beispielsweise die Amerikanisierung des Lebens in großen Ballungszentren oder die vermeintliche Amoral urbaner Kulturen. Die Analyse des kinematographischen „Soundtracks“ im Faschismus sowie der damit verbundenen ideologischen Konstruktionen ermöglicht, ein grundlegendes, bis dato vernachlässigtes Kapitel der Kulturpolitik im faschistischen Regime zu rekonstruieren.
Weitere Informationen: Plakat zur Veranstaltung
Beteiligte: Francesco Finocchiaro, Leonardo Quaresima, Daniele Furlati, Daniel Winkler, Carolin Krahn
Projektleitung: Francesco Finocchiaro (zugleich Leiter des FWF-Forschungsprojekts Filmmusik als Problem im deutschsprachigen Journalismus (1907–1930), Carolin Krahn und Daniel Winkler (Co-Organisation des Round tables)