Forschung & aktuelle Projekte
Semiramide riconosciuta. Rezeption einer babylonischen Königin in der Oper des Barock (Arbeitstitel)
- Habilitationsprojekt; eingereicht im Oktober 2019; angenommen im Februar 2020 -
Semiramis, legendäre Herrscherin Assyriens, ruhmreiche Herrin über Babylon, bewegt sich seit über 2.500 Jahren im Spannungsfeld zwischen femme forte und femme fatale. Sie begegnet in den verschiedensten antiken Quellentexten, wird dort mal mit Bewunderung, mal mit tiefer Abscheu geschildert und avanciert schnell zu einem herrscherlichen esempio di ben o di mal, das sich in allen Literatur- und Kunstgattungen der Renaissance und der frühen Neuzeit wiederfindet und eine ganz besondere Faszination auf den Theatern- und Opernbühnen der Zeit entfaltet hat. Bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein dürfte Semiramis mit Abstand zu den im kulturellen Gedächtnis präsentesten Frauengestalten der Antike gehört haben.
Von einer poststrukturalistisch-konstruktivistischen Perspektive ausgehend macht diese rezeptionsgeschichtliche Studie neben der Transformation und Konstruktion von Semiramisbildern in den antiken Quellen, den Chroniken des Mittelalters und der Literatur der Frühen Neuzeit v.a. die Opernbühne zum Untersuchungsgegenstand, auf der Semiramis eine herausragende Position einnimmt. Denn gerade die Erinnerungsgattung Oper bildet in ihrer Plurimedialität einen ganz besonders fruchtbaren Nährboden für die Rezeption von antiken Stoffen. Die Oper fungiert als Multiplikator, der Semiramis und andere antike Gestalten aus den Gelehrtenstuben in ein breiteres öffentlich Bewusstsein, in die populäre Wahrnehmung, ins kulturelle Gedächtnis, rückte. Oper, und insbesondere der Operntext, wird also verstanden als konstitutives Element von Erinnerungskulturen.
ἁλουργός – colour or material? An analysis of documentary sources from ancient Greece and Rome (mit C. Brøns/Kopenhagen) – gefördert vom Pasold Research Fund
The word halourgos (ἁλουργός) is recorded in ancient Greek epigraphy as well as in Greek papyri from Ptolemaic to Late Antique Egypt and in literary sources, mostly in relation to textiles. The etymology of the word halourgos is clear: It originated from the Greek words “ἅλς” (sea) and “ἔργον” (work). The main meaning of halourgos can therefore be translated as “made from the sea”. Among the few ancient literary sources that mention the word halourgos is Pseudo-Aristotle who writes that the dye halourgos adheres from the purple shell. It is therefore generally assumed that halourgos should be understood in the sense of genuine purple dye obtained from murex shells. As a result, scholarly research consider textiles, which are described with the adjective halourgos, as dyed with real murex purple, and the word is thus not just interpreted as an adjective, but also a designation of material.
However, this interpretation is not unchallenged, since another textile related term could also be interpreted as being “made from the sea”: the so-called sea-silk – a rare, precious and expensive textile fibre. Sea-silk was made from the fine fibre threads of the marine mollusc Pinna Nobilis, living in the Mediterranean Sea. The fibre from the Pinna Nobilis has a lustrous, golden brown colour, and was used to spin thread for textiles already in antiquity.
Sea silk is still not identified in the ancient sources, and we do not know what it was called. It is often associated with the Greek term byssos (βύσσος) (latin: byssus), recorded e.g. in the Rosetta stone (196 BC), and in the Bible. However, already in antiquity the term was extended and specified fine, precious fabrics of different materials, primarily fine linen, but it has also been suggested that byssos might be interpreted as a colour, perhaps a certain shade of purple. Its association with sea-silk is thus highly uncertain.
The present project seeks to clarify whether halourgos is the ancient term for sea silk, and thus a designation of fibre instead of purple colour as previously assumed.
The investigated material will consist of the many recordings of halourgos in Greek epigraphy as well as the fewer hints in papyri and literary sources. Among the most important evidence are the so-called temple inventory lists, primarily from the 4th to the 1st centuries BC, recovered in Greek sanctuaries. The project partners aim at collecting and presenting all source material available from the 4th century BC to the 4th century AD. Combining the source material from the Greek world (C. Brøns) and the Greek speaking part of the Roman world (K. Droß-Krüpe). The grant shall be used for two research trips to enable the project partners to meet to discuss and compare the material. By joining forces and by using a broad chronological scope new light can be shed on halourgos textiles. By considering context and use of the word, the investigation will show whether halourgos indeed can be identified as sea silk.
Alltagskleidung im griechisch-römischen Ägypten nach Ausweis der Mitgift-Vereinbarungen auf Papyri (mit Y. Wagner/Salzburg) – gefördert vom Pasold Research Fund
Die auf Papyrus auf uns gekommenen Ehe- und Mitgiftverträge im griechisch-römischen Ägypten sind für den Althistoriker eine besonders wertvolle Quellengruppe, da auf der Basis des erhaltenen Materials neben rechtshistorischen auch sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Fragen untersucht werden können. Einerseits ermöglicht diese spezielle Quellengattung, Aussagen zu den Verpflichtungen der Ehepartner während der Ehe und im Scheidungsfall zu treffen, sowie andererseits güterrechtliche Bestimmungen analysieren zu können. Insbesondere die überlieferten Bestandteile der Mitgift, bei denen es sich im Wesentlichen um Schmuck, Haushaltsgegenstände und Textilien handelte, bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine weitergehende Beschäftigung mit diesen Texten. Im Rahmen des Projektes sollen die erhaltenen Ehe- und Mitgiftverträge in Hinblick auf sozial- und wirtschaftshistorische Fragestellungen analysiert werden, wobei zunächst die enthaltenen Textilien jedweder Art im Fokus des Forschungsinteresses stehen.
Konzeption und Umsetzung des Historischen Geoinformationssystems (H-GIS) "Hassia Exploranda" zu den Spuren der römischen Vergangenheit des Bundeslandes Hessen
Dieses GIS richtet sich vor allem an Lehrer und Schüler, denen die Spuren der Römer in Hessen nahegebracht werden sollen. Das GIS soll dabei sowohl die Zusammenstellung eigener Karten ermöglichen als auch bei der Vorbereitung des Unterrichtes und von Exkursionen helfen, indem Arbeitsblätter und zusätzliche Informationen zu den kartierten Fundorten bereitgestellt werden. Darüber hinaus kann das entstehende GIS auch von Studenten und historisch interessierten Laien genutzt werden. An dieser Stelle sei angemerkt, dass das GIS nicht etwa die vollständige Erfassung aller hessischen Fundplätze anstrebt. Dies ist zum einen mit den momentan verfügbaren personellen wie finanziellen Ressourcen nicht zu verwirklichen, zum anderen aber auch auf Grund der angestrebten Zielgruppen nicht zwingend erforderlich, da sich das H-GIS zunächst nicht an Fachwissenschaftler wendet. Darüber hinaus soll durch die Verzeichnung der Fundstellen innerhalb von "Hassia Exploranda" der Ausbeutung römischer Fundplätze durch Raubgräber kein Vorschub geleistet werden. Daher werden die Koordinaten eines Fundplatzes dem Benutzer nicht zugänglich. gemacht. Für die Verortung der Fundpunkte auf der Karte wurden zudem die Daten der jeweiligen Ortsmittelpunkte, nicht aber die exakten Koordinaten der Fundstelle verwendet. Für "Hassia Exploranda" wurden darüber hinaus die Fundmünzen der einzelnen Fundorte sowohl in der Gesamtzahl als auch nach einzelnen Nominalen geordnet erfasst. Dazu wurden systematisch alle Münzen aus den FMRD aufgenommen, die von Orten stammen, an denen auch andere Spuren römischer Präsenz gefunden wurden. Auf diese Weise konnten insgesamt fast 20.000 Münzen erfasst werden.