Ein Erfahrungsbericht als Teilnehmende der Summer School 2022 im Kompaktseminar „Mit-und-gegen-Partner*innen-kämpfen“
Im Rahmen der Summer School 2022, einer zusätzlich angebotenen Veranstaltung des Sportinstituts für uns Sportstudent*innen, während der wir coronabedingte Rückstände aufholen konnten, nahmen unter anderem wir, Vanessa und Tom, das Angebot wahr und absolvierten bei Frauke Mutschall den Kompaktkurs „Mit-und-gegen-Partner*innen-kämpfen“.
Der Kurs fand in einem zeitlichen Rahmen von fünf Tagen statt und startete mit ersten offenen Kampfspielen, die uns unter besonderer Beachtung einer schulischen Umsetzung an den teils ungewohnt engen Körperkontakt und das Mit- und Gegeneinander-Kämpfen heranführen sollten.
In einer reflexiven Arbeitsphase erarbeiteten wir zunächst das Kämpfen in der Schule sowie ein Reglement, das gemeinsam erarbeitet wurde und mit dem alle einverstanden waren. Dieses sah neben dem Kontaktverbot der körpersensiblen Zonen u. A. das Verbot des Kitzelns oder Kratzens vor. Nach dieser ersten Arbeitsphase gingen wir in kleine Duelle im Boden, d.h. maximal im Kniestand, über. Dort sollten wir, ohne eine zuvor vermittelte Technik, das kämpferische Miteinander erfahren – den eigenen Krafteinsatz dosieren lernen und womöglich sogar den gegnerischen Krafteinsatz mit Blick auf die später zu thematisierende geschlossene Kampfform des Judo zu unserem Vorteil nutzen. Ein Wechsel des kämpferischen Gegenübers stellte sich als maßgeblicher Faktor heraus: Die gesamte Kampfdynamik samt eingesetzter Taktik variierte stark; Kämpfen-mit-und-gegen-Partner*innen stellte sich als individuell heraus.
In der letzten Phase des ersten Kurstages thematisierten wir Möglichkeiten der Erwärmung anhand von kämpferischen Spielen mit kooperativem Charakter, die sowohl den Körperkontakt spielerisch vermittelten als auch die Angst vor körperlicher Nähe nahmen. Es galt, sowohl im Team als auch später allein für sich, gegen das Gegnerteam oder die anderen Mitstudierenden zu bestehen. Die Kompetenzbereiche von Kooperation und Wagnis kamen hier maßgeblich zum Tragen.
Auch an Tag zwei der Summer School sahen wir uns mit offenen Kampfformen konfrontiert. Doch die Zielsetzung war nun konkreter und das bisher Erlernte manifestierte sich in einer Stationsarbeit, bei der man im kämpferischen Miteinander die biomechanischen Grundlagen (Stichwort Körperschwerpunkt) im Kampf realisiert sah. Derjenige Partner/diejenige Partner*in, der/die zuerst seinen Körperschwerpunkt absenkt, war fast immer klar im Vorteil. Dabei war nur das tags zuvor erarbeitete Regelwerk maßgeblich. Der Partner*innen-Kampf in seiner Dynamik und der Körperlichkeit war bereits für alle selbstverständlich geworden. Zuletzt thematisierten wir die Fallschule des Judo und erlernten die Ansätze eines korrekten, verletzungsvorbeugendem und schmerzfreien Fallens zu je beiden Seiten sowie rückwärts.
Tag drei des Kompaktkurses begann mit unterrichtstypischen Staffelspielen und einer sportartspezifischen Erwärmung durch dynamisches Dehnen. Einen pädagogischen Input des Genetischen Lernens nach Wagenschein erhielten wir durch unsere Dozentin Frau Mutschall. Der ganze restliche Kurstag war bestimmt vom Überführen des theoretischen Inputs in die Praxis. Wir veranstalteten Boden-Randori (Kämpfe) mit wechselnden Partnern und verglichen unsere Erfahrungen auch beim Kampf mit Augenbinden, d.h., ohne die visuellen Reize. Eine spannende Erfahrung, die je nach Teilnehmer*in unterschiedlich beurteilt wurde: Manche konzentrierten sich mehr auf das Kampfgeschehen, andere fühlten sich durch den fehlenden Reiz stark eingeschränkt. Nach einer umfassenden Besprechung des Erlebten gingen wir in die Haltegriffe über: Wir überlegten, welche Kriterien ein Haltegriff am Boden erfordert, um effektiv und krafteffizient zu sein. Die erarbeiteten Griffe glichen den anschließend zu erlernenden Haltegriffe im Judo, Kesa-gatame und Mune-gatame, in erstaunlicher Weise. Das genetische Lernen nach Wagenschein erwies sich als nahtlos erfahrbar und in der Schule umsetzbar. In zwei finalen Boden-Randori versuchten sich zwei Partner*innen-Gruppen in der Übertragung des Erlernten in die Praxis. Die übrigen Kursteilnehmer*innen feuerten die jeweiligen Kämpfer*innen an. Während der letzten Phase an diesem Tag reflektierten wir unser Erleben sowohl als Kämpfer*innen als auch das als Zuschauer*innen und erweiterten unsere Erfahrungen somit um eine weitere Dimension im Erleben des Kämpfens-mit-und-gegen-Partner*innen.
Nach einem von uns dankbar angenommenen Tag Pause ging es am Wochenende weiter. Wir bekamen von Robert, einem Ausbilder der Landespolizei eine Einführung in die Kampfform des Judo und sollten am Ende des Kurses die Möglichkeit bekommen, den weiß-gelben Gürtel zu erlangen. Begonnen wurde wieder mit unterschiedlichen Aufwärmübungen und ein wenig dynamischer Dehnung. Dann ging es auch schon ins Boden-Randori über. Dazu vertieften wir die Haltegriffe „Kesa-Gatame“ und Mune-Gatame“ und die dazugehörenden Befreiungen, welche wir ebenfalls im Randori anwenden sollten.
Nach einer kurzen Pause gingen wir in den Stehkampf über. Hierzu erlernten wir zwei Würfe: den O-goshi und den O-soto-otoshi. Diese beiden Würfe sind ebenfalls für das Bestehen des weiß-gelb-Gurtes und der Abschlussprüfung des Kurses vonnöten.
Am letzten Tag wurden nochmals alle Techniken wiederholt. Hier bekamen wir zusätzlich noch Tipps, wie wir diese spielerisch in der Schule vermitteln können. Nach der Pause wurde uns einmal die Prüfung, die uns kommenden Mittwoch erwarten sollte, gezeigt. Danach stand uns die restliche Zeit zur freien Verfügung. Wir übten die gelernten Techniken, unterstützen und verbesserten uns. Wir konnten wir die Prüfung testweise ablegen und uns Feedback von der Lehrperson einholen.
Zusammenfassend haben wir den Kompaktkurs als sehr positiv empfunden. Wir hatten alle sehr viel Spaß und sind sehr schnell zu einer Gruppe zusammengewachsen. Letzteres lag vor allem daran, dass wir länger Zeit miteinander verbracht haben und wir uns so viel schneller und besser kennenlernen konnten. Wir konnten uns besser aufeinander einlassen und uns vertrauen, wodurch sich auch der Körperkontakt sehr schnell als kein Problem dargestellt hat. Besonders positiv klang der konkrete Unterrichtsbezug an – nach dem Kompaktkurs wusste jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin eine Unterrichtseinheit zum Thema zu gestalten und methodisch-didaktisch nach dem Kerncurriculum Sport mit seinen Kompetenzbereichen aufzubereiten.
Die Kurszeit wurde ganz grundsätzlich von allen als sehr bereichernd empfunden und über den Abschluss eines Teilmoduls hinaus konnten ebenfalls Freundschaften geknüpft oder vertieft werden.