Digitale Selbstvermessung selbstbestimmt gestalten (TESTER)
Hinter dem Schlagwort der digitalen Selbstvermessung oder des „Quantified Self“ verbirgt sich mittlerweile ein Massenmarkt, der für die Gesellschaft sowohl Potenziale als auch Risiken mit sich bringt. Über den rein privaten Anwendungsbereich (z.B. Fitness-Tracker) hinaus können die Instrumente der Selbstvermessung jedoch auch für den Bereich der Telemedizin nutzbar gemacht werden.
Das Verbundprojekt „Digitale Selbstvermessung selbstbestimmt gestalten (TESTER)“ verfolgte das Ziel der Erforschung eines Privacy Assistenten als Demonstrator, der Transparenz und Intervenierbarkeit bzgl. Daten aus der Selbstvermessung schaffen soll. Dieses sollte im Hinblick auf die Transparenz durch eine personalisierte Aufbereitung der Daten über die Selbstvermessung und deren Verwendung und im Hinblick auf die Intervenierbarkeit durch geeignete Werkzeuge geschehen, die die „Selbstvermesser“ in die Lage versetzen, ihre Rechte bezüglich des Umgangs mit ihren Selbstvermessungsdaten mit geringem Aufwand wahrzunehmen.
Ziel des rechtswissenschaftlichen Teilvorhabens an der Universität Kassel, Fachgebiet Öffentliches Recht, IT-Recht und Umweltrecht, war in erster Linie die rechtskonforme Gestaltung des Privacy Assistenten. Dies wurde mittels der aus vier Stufen bestehenden Methode zur Konkretisierung rechtlicher Anforderungen (KORA) erreicht. Dabei wurden zunächst rechtliche Chancen und Risiken bestimmt, rechtliche Anforderungen formuliert und diese zu rechtlichen Kriterien konkretisiert, bevor in enger Kooperation mit den technischen Partnern technische Gestaltungsziele und Gestaltungsvorschläge erarbeitet wurden.
Aus rechtswissenschaftlicher Sicht bestehen schon seit längerer Zeit Überlegungen, wie man der zunehmenden Komplexität der allgegenwärtigen Datenverarbeitung und der damit verbundenen Informationsflut (Datenschutzerklärungen) und drohenden Ubiquität von Einwilligungserklärungen mittels entsprechender technischer Unterstützung Herr werden kann. Parallel dazu hat sich eine umfangreichere Diskussion zu allgemeinen Rechtsfragen von Softwareassistenten entwickelt. Diese umfasst auch Spezialfragen, wie zum Beispiel Fragen des Verbraucherschutzrechts. Die Diskussion zu den rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen von Privacy Assistenten und ihre Einbettung in das durch die Datenschutz-Grundverordnung geschaffene europäische Datenschutzrecht steht aber noch am Anfang. Das Projekt konnte hier auf entsprechende allgemeine Vorarbeiten aufbauen. Es fehlte diesbezüglich allerdings noch an ausgearbeiteten Konzepten. Auch die Verbindung der Thematik mit Technologien der Selbstvermessung und den dadurch vor allem im Gesundheitsbereich hervorgerufenen Rechtsfragen erfolgte bisher nicht.
Über diese Grundsatzfragen hinaus bestanden Bezüge zu der allgemeinen rechtswissenschaftlichen Diskussion um Fitnesstracker und sonstige Wearables. Insbesondere hinsichtlich der Problematik der Verwendung von Gesundheitsdaten konnte auf diese Arbeiten aufgebaut werden. Diese zielten jedoch typischerweise auf die strikte Einhaltung der Datenminimierung und damit auf die Vermeidung personenbezogener Daten, während es im Projekt TESTER gerade um deren selbstbestimmte Freigabe ging.
Im Bereich der Telemedizin stellten sich zusätzliche rechtliche Fragen. Ein Beispiel dafür war der Umgang mit Personen, die keine Selbstvermessung betreiben möchten und die Frage, ob vor diesem Hintergrund Sondertarife der Krankenversicherungen für „Selbstvermesser“ zulässig sind.
Die Koordination des Projekts oblag dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Weitere Verbundpartner waren die Actimi GmbH und die Universität Stuttgart, Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT).
Weitere Informationen finden sich auf der Webseite des BMBF.
Projektinfos
Finanzierung:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Laufzeit:
August 2021 - November 2024
Projektverantwortlicher:
Prof. Dr. Gerrit Hornung, LL.M.
Mitarbeiterin:
Fabiola Böning