FKT
Elektronischer Sonderdruck
Personen-adaptiver Autostereoskoper Monitor (PAAS)
IPM Institut der Universität Kassel
Erschienen in
Fernseh- und Kinotechnische Zeitschrift FKT
51. Jahrgang ISSN 1430-9947
Offizielles Organ der Fernseh- und Kinotechnischen Gesellschaft (FKTG) In Verbindung mit dem Fachbereich 3 der ITG
Stereoscope Videosysteme werden heute bereits für die Medizintechnik entwickelt. Selbst autostereoskope Displays sind demnächst auf dem Markt zu erwarten. Im vorliegenden Beitrag wird gezeigt, wie ein herkömmliches Fernsehsystem zu einem hochauflösenden digitalen 3D-System ausgebaut werden könnte. Die Möglichkeit zur Aufrüstung herkömmlicher Monitore mittels eines zusätzlichen Shutter-Raster-Displays steigert die Attraktivität für Feldversuche in naher Zukunft. Besonders interessant ist die wahlweise Nutzung in folgenden 5 Modi:
1.) herkömmlicher (1-Kanal-) Standard,
2.) autostereoskope personenadaptive Erweiterung,
3.) stereoskope Shutterbrillen-Alternative für mehr Personen,
4.) gewohnte 2D-Darstellung, aber mit doppelter Auflösung,
5.) personenadaptiver VR-Ausbau (Virtual Reality).
Diese kombinierten Leistungsmerkmale werden dadurch erzielt, daß vor einem Bildschirm eine Scheibe mit senkrechten Zylinderlinsen angebracht wird und daß sich im Brennpunkt der Linsen ein elektronisch steuerbares Schattenlinien-LCD befindet. Dieses teilweise durchsichtige Panel sorgt dafür,daß sequentiell mit 100 (bzw. 120) Hz abwechselnd die Bilder für das rechte und dann für das linke Auge passieren können. Entsprechend der Position eines Betrachters wird die Lage der Schattenlinien adaptiv verändert, während gleichzeitig die zugehörigen rechten und linken Augenperspektiven des 3D-Bildes in Echtzeit berechnet werden können. Die Kopf- und Augenposition des Betrachters wird mit einem an den Rändern des Schirmes angebrachten Sensorsystem genau erfaßt.
Für spezielle Anwendungen, wie beispielsweise in der Architektur oder in der Medizintechnik, ist die dreidimensionale Bildverarbeitung heute bereits Routine. Ausgereift hingegen ist noch nicht eine dazu gehörige natürliche stereoskope Bilddarstellung für den Nutzer. Aber es wird weltweit an der Verbesserung von autostereoskopen Bilddarstellungssystemen gearbeitet: Die Kombination mit Computertomographie und leistungsfähigen graphischen VR-Systemen (Virtual Reality) wird in naher Zukunft den Operationssaal des Arztes und die Praxis des Radiologen in großen Sprüngen modernisieren. Auch zu bedenkende physiologische Gesichtspunkte bei der stereoskopen Bildverarbeitung wie gerätetechnische Möglichkeiten und Restriktionen werden derzeit untersucht [1]. Man kann also erwarten, daß demnächst marktreife personenadaptive stereoskope Monitore verfügbar sein werden. Es ist somit an der Zeit, sich die Frage zu stellen, in wieweit eine stereoskope Bildaufbereitung und Übertragung für das Fernsehen eine innovative Rolle spielen wird - gerade vor dem Hintergrund, daß der endgültige HDTV-Standard bei den meisten TV-Nutzern nicht auf die erwartete Akzeptanz stößt. Wohl aber ist eine TV-Standardisierung für die digitale Bildübertragung in Europa gelungen [4], [11].
Bei einer vollen 3-dimensionalen Bilddarstellung mußte bislang der stereoskope Qualitätsgewinn durch das Hindernis einer zusätzlich zu tragenden Brille erkauft werden. Nicht zuletzt dadurch blieb eine kompatible 3D-Option für Fernsehübertragungen uninteressant. Das kann sich aber durch preisgünstige autostereoskope Monitore mit Positionssensoren sehr schnell ändern. Bild 1 veranschaulicht den Einsatz eines adaptiven autostereoskopen Monitors, zusammen mit einer adaptiv gesteuerten stereoskopen Endoskopkamera, wie ihn demnächst ein Mikrochirurg in der Klinik bei einem minimal invasiven Eingriff benutzen wird - ein System also, wie es heute entwickelt wird. Im folgenden Abschnitt wird deshalb zunächst ein - auch für Großserien geeignetes - autostereoskopes Darstellungsprinzip erläutert, das auf der bisher bereits eingeführten 100/120-Hz-Technik basiert und das eine kompatible Erweiterung erlaubt. Eine bisher erforderliche mikromechanische Adaption an die Betrachterposition [2] wird hierbei ersetzt durch eine rein elektronische, ausgeführt in einem feststehenden vorgeschalteten LCD-Panel [6].
Ein autostereoskoper Bildschirm hat gegenüber anderen bekannten Methoden, wie Shutterprinzip oder Polarisationsprinzip, den Vorteil, daß der Benutzer keine Brille benötigt. Um den Stereoeffekt aus verschiedenen Blickrichtungen eines Betrachters zu erhalten, wird in bisher bekannten Systemen eine Linsen- bzw. Prismenrasterscheibe vor der Bildoberfläche mechanisch adaptiv nachgeführt - der Betrachterposition entsprechend. Um verschleißanfällige mechanische Bewegungsoperationen einer Scheibe zu vermeiden, wird hier im Gegensatz zu einer mikromechanischen Steuerung eine auch für hohe Stückzahlen geeignete elektronische Lösung vorgestellt, die auch in Hinblick auf ein zukünftiges hochauflösendes Fernsehen konzipiert ist: wahlweise bzw. von einem Fernsehprogramm gesteuert, kann ein personenadaptiver stereoskoper oder ein hochauflösender (HDTV) Modus eingestellt werden.
Die autostereoskope Nutzung bleibt dennoch auf eine Person je Bildschirm beschränkt, was aber einen kollektiven stereoskopen Einsatz nicht behindert, z. B. unter zusätzlicher Verwendung des Shutterprinzips mit Brillen. Die wichtigsten kurzfristigen Applikationen sind in der Medizintechnik zu sehen. Hier ist der Bezug auf eine Person auch kein Nachteil; ohnehin beurteilt nur eine Person ein 3D-CT-Bild: der Arzt, der störende Brillen und eingeschränkte Blickfelder vermeiden muß. Sind mehrere Ärzte gleichzeitig tätig, so können mehrere Bildschirme benutzt werden. Will gleichzeitig ein Auditorium eine mikrochirurgische Operation stereoskop mitverfolgen, so kann dies über ein Projektionsverfahren mit z. B. polarisiertem Licht erfolgen.
In einem zukünftigen digitalen Fernsehsystem wird auch das stereoskope Fernsehen seinen Platz haben, da es einfach den natürlichen Sehgewohnheiten am nächesten kommt und optional nutzbar sein kann, wenn die digitale Codierung bei der Übertragung die Zusatzinformation für die dritte Dimension mitliefert. Aber auch heute könnten ohne viel Zusatzaufwand stereoskope Testsendungen vorgenommen werden - durch Absprachen für die Nutzung von Programmkanälen, wobei in einem Kanal das rechte und im anderen das linke Bild gesendet würde. Ist keine stereoskope Aufzeichnung vorhanden, so könnte anstatt dessen "Quasi-HDTV" über zwei PAL-Kanäle mit heutiger Sendetechnik voll kompatibel geprobt werden. Im Heim, "beim Verbraucher", können durch Nachrüstungen für vorhandene 100 Hz-Fernseher stereoskope Darstellungen nach dem Shutterprinzip eingesetzt werden [5]. Werden preisgünstigere Flachbildschirme auf dem Markt sein, ist die Aufrüstung mit einem PAAS-Zusatz naheliegend. Der interessierte Abnehmer wird, wie heute seinen PC, morgen auch seinen autostereoskopen Fernseher haben; bietet er doch die größtmögliche Natürlichkeit durch die 3D-Darstellung ohne störende Hilfsmittel.
Schließlich ist das heute mit viel Investitionen bedachte Gebiet der Flugsimulation und -navigation als Einsatzgebiet zu nennen, da hier ohnehin immer nur eine Person als Nutzer vorgesehen ist.
Stereoskope Film- und Projektionsverfahren sind seit Jahren im Einsatz. Meist wird polarisiertes Licht (horizontal/vertikal, zirkular) benutzt, um das rechte und linke Bild zu trennen [10]. Mit dem Fortschritt der LCD-Technik wurde es möglich, die Lichtdurchlässigkeit von Kristallen elektronisch zu steuern. Dies machte die Entwicklung der Shutter-Technik möglich, bei der synchron mit der Halbbildfrequenz abwechselnd das rechte und das linke Brillenglas lichtundurchlässig wird und synchron dazu rechte und linke Bilder sequentiell auf dem Bildschirm erscheinen [5].
Autostereoskope Projektionen werden mit Hilfe von Leinwänden mit Streifenlinsenraster bei mehreren Projektionsrichtungen durchgeführt. Dabei wird der entsprechenden Richtung das richtige Perspektivbild zugeordnet [2]. Ein fließender Übergang von einer Perspektive zur nächsten ist dabei kaum zu erreichen, da die Anzahl der Projektionsrichtungen nicht beliebig erhöht werden kann. Bei einem autostereoskopen Display, das für nur eine Person bestimmt ist, verwendet man nur zwei Perspektiven, die eine bestimmte Blickrichtung erfordern [3], [7]. Ein voll stereoskopes Bild wie in einem Hologramm darzustellen, wird erreicht unter Verwendung von "Head Tracking"-Sensoren, die einerseits einen leistungsstarken Echtzeitrechner steuern zur Berechnung der passenden stereoskopen Bildperspektiven und andererseits den autostereoskopen Schirm steuern zur mechanischen Nachführung der Linsenrasterscheibe. Hierbei wird die genaue Kopfposition und -bewegung detektiert und die zugehörigen Bilder werden gleichzeitig generiert. Darüber hinaus kommen auch aufwendige VR-Systeme (Virtual Reality) unter Benutzung gewohnheitsbedürftiger "Head Mounted Displays" zum Einsatz.
In der Medizintechnik sind Kernspinresonanz und Computertomographie die wichtigsten Einsatzgebiete für stereoskope 3D-Visualisierungen. Um bestimmte gesuchte Perspektiven zu berechnen, werden leistungsfähige Spezialrechner für "Volume Tracing Algorithms" entwickelt. Kombinierte Computervisualisierungen und Echtzeitübertragungen von Endoskopen werden zu einem der wichtigsten neurochirurgischen Werkzeuge. Stereoskope Endoskope sind bereits im Einsatz. Eine elektronische Bewegungssteuerung über einen auf Infrarotbasis arbeitenden "Head Tracking Sensor" wird leicht zu kombinieren sein mit einem personenbezogenen autostereoskopen Bildschirmsystem.
Um eine natürliche stereoskope Darstellung zu erzeugen, muß eine autostereoskope Methode eingesetzt werden. Dabei darf der Betrachter nicht an eine bestimmte Position vor dem Bildschirm gebunden sein, sondern sollte gezielt das Mittel der Kopfbewegung benutzen können, um eine 3D-Szene aktiv aus geringfügig veränderten Blickrichtungen beobachten zu können. Dies erfordert ein adaptives System, das sich natürlich nur an einem Betrachter orientieren kann. Daneben sollte ein solches System für einen breiteren Einsatz des Bildschirmes auch die Möglichkeit bieten, sich auf einen nicht stereoskopen Darstellungsmodus umschalten zu lassen. Da dann rechte und linke Bildkanäle zur Verfügung stehen, soll auch der gegenüber einer konventionellen monoskopen Darstellung vorhandene doppelte Informationsfluß dazu genutzt werden können, die Auflösungsqualität des Bildes zu verdoppeln.
Eine weitere Problemstellung ist, die in adaptiven autostereoskopen Schirmen bislang erforderliche Mikromechanik für die Linsenrasterscheibe durch eine rein elektronische, wartungsfreie und störungssicherere Lösung zu ersetzen. Dabei soll die Möglichkeit eröffnet werden, relativ hohe Herstellungskosten durch hohe Stückzahlen drastisch zu reduzieren durch eine große Applikationsbreite.
Es sind bislang keine Lösungen für autostereoskope Bildschirme bekannt, die wahlweise im stereoskopen oder hochauflösenden Modus betrieben werden können und die sich technologisch durch eine rein elektronische Betrachteradaption für eine Großserien-Produktion eignen würden.
Das Prinzip des autostereoskopen Bildschirms beruht bekanntlich darauf, daß aufgrund von prismen- oder linsenförmigen vertikalen Streifen im doppelten Pixelabstand auf dem Glas vor dem ebenen Bildschirm das rechte Auge nur alle geradzahligen Pixel in einer Zeile und das linke Auge nur alle ungeradzahligen Pixel sieht (oder umgekehrt). Dadurch kann jedem Auge mit der richtigen Pixelansteuerung ein eigenes Bild unabhängig übermittelt werden - insgesamt also ein stereoskopes Bild. Dies beschränkt sich nicht auf schwarz-weiße Darstellungen, sondern funktioniert für alle drei in einem Pixel angesteuerten Farbpunkte (in der Regel RGB). Allerdings ist hier darauf zu achten, daß die drei Farbpixel übereinander und nicht - wie häufig anzutreffen - waagerecht oder dreiecksförmig nebeneinander liegen, da sonst nicht kontrollierbare Farbverfälschungen auftreten können.
Verändert sich die Position der Augen vor dem Bildschirm, so muß entweder die Punktposition elektronisch nachgeführt oder das Raster gegenüber dem Bildpunkt mechanisch nachgeführt werden [8]. Ersteres Prinzip wäre nur für teurere Trinitron-Index-Elektronenstrahlröhren anwendbar. Letzteres ist mehr oder weniger auf die Verwendung von Flachbildschirmen angewiesen.
Das hier vorgestellte Linsen-Shutterraster-Prinzip wird nun anhand Bild 2 näher erläutert: Die rein elektronische Adaptionsfähigkeit wird dadurch erzielt, daß neben einer Zylinderlinsenrasterscheibe (1) ein Schattenlinienraster-LCD (2) eingesetzt wird, dessen Schattenbalkenbreite und Position elektronisch gesteuert und die auch innerhalb einer ms abgeschaltet werden kann. Wird ein derartiges LCD zwischen Linsenrasterscheibe (1) und Bildoberfläche (3) in der Nähe des Brennpunktes der Zylinderlinsen eingesetzt, so kann man nach dem Shutter-Prinzip in einer doppelten 100(120)Hz-Frequenz abwechselnd rechtes und linkes Bild sichtbar machen, indem entsprechend Abbildung 2 die ungeraden und geraden Balkennummern synchron zu Halbbildern ab- bzw. angeschaltet werden. Das hat den Vorteil, daß das Linsenraster nicht synchron zu Bildpixeln nachgeführt werden muß. Bei Veränderungen der Betrachterposition können dann die Balkenpositionen elektronisch nachgeführt werden. Da sich die Brennpunkttiefe bei Veränderung des (viel größeren) Betrachtungsabstandes nur unbedeutend verändert, kann das Balkenraster auch an den detektierten Betrachtungsabstand problemlos adaptiert werden, ohne daß der Abstand der Zylinderlinsenscheibe (1) von der Bildoberfläche (3) verändert werden muß. Da bei diesem Prinzip über eine Zylinderlinsenbreite die Seitenpositionen vertauscht werden, sollte der Pitchabstand der Linsen etwa halb so groß sein wie der (informationstheoretische) Bildpunktabstand. Bei Verwendung eines TFT-Farb-Displays sollten dann die drei Farbflächen eines Pixels übereinander liegen und auf eine Pixelgröße sollten zwei Linsenbreiten fallen. Da bei einer präzisen Anordnung der Zylinderlinsenstruktur, entsprechend der Strahlengangszeichnung in Bild 2, keine Bildelemente für ein Auge verdeckt oder doppelt erscheinen, ist dieses Prinzip nicht auf eine pixelsynchrone Anordnung und auch nicht auf eine planare Oberfläche des Bildes angewiesen. Damit können grundsätzlich auch herkömmliche Farbbildröhren benutzt und aufgerüstet werden für eine autostereoskope Darstellung.
Die Funktion des PAAS-Bildschirmes wird anhand der Bilder 2 und 3 im Folgenden erklärt. Der Personen-adaptive autostereoskope Shutter-Bildschirm (PAAS) besteht aus einer Zylinderlinsenrasterscheibe (1) mit senkrecht verlaufenden Zylinderlinsen, einem spaltenweise elektronisch steuerbaren Schattenlinien-LCD (2) und einer Bildschirmfläche (3). Der Bildschirm ist vorzugsweise ein Flachbildschirm mit übereinander angeordneten Farbpixeln (z.B. TFT-Farbdisplay) oder ein herkömmlicher Farbbildschirm mit 100 (120) Hz Bildfrequenz oder aber auch eine Projektionsfläche, auf die mit einer Bild- bzw. Halbbildfrequenz von 100 (120) Hz Bilder projiziert werden. Der Brennpunkt-Abstand (r) der Zylinderlinsen zu diesen ist etwa r = p*b/2a, wobei b der Betrachterabstand (z.B. b = 2000 mm), a der Basisabstand der Augen (z.B. a=75 mm) und p der Pitchabstand der Zylinderlinsen ist (z.B. p=0,5 mm); dieser ist gleich der Linsenbreite. Dadurch ergibt sich beispielsweise ein Brennpunktabstand von r = 0,5*2000/ (2*75) mm = 6,66 mm. In diesem Abstand von der Scheibe (1) ist dann auch das Schattenlinien-LCD angeordnet. Dieses erzeugt lichtundurchlässige senkrechte Balken etwa der halben Linsenbreite (z.B. 0,25 mm). Diese Balken setzen sich zusammen aus mindestens zwei schaltbaren Streifen (z.B. der Breite 0,125 mm). In diesen Stufen lassen sich die Balken elektrisch gesteuert horizontal verschieben. Die Balken des LCDs werden alle 10 (8,66) ms neu gesetzt.
Im doppelten Brennpunktabstand, also z.B. im Abstand von 13,2 mm von der Scheibe (1) befindet sich dann die das Licht emittierende Bildschicht. Dabei sind Glasdicken entsprechend optisch mit zu berücksichtigen -einschließlich Brechungsindex n, der zu einer entsprechenden Veränderung des tatsächlichen Abstandes beiträgt.
Im Stereo-Modus werden in der Regel innerhalb eines Zyklus die Bilder in folgender Reihenfolge dem Betrachter angeboten: 1. rechtes Halbbild - 1. linkes Halbbild - 2. rechtes Halbbild - 2. linkes Halbbild. Im normalen Einkanalbetrieb werden die Balken im LCD abgeschaltet und die Bilder werden, wie im derzeitigen flimmerfreien 100 Hz-Fernseher in der Reihenfolge "1. HB - 1.HB - 2, HB - 2. HB" angeboten.
Bild 2B zeigt, daß die gleiche Anordnung genutzt werden kann, um die horizontale Auflösung des Bildes zu verdoppeln: wenn nur die Schattenbalken über eine ganze Linsenbreite verdoppelt werden und abwechselnd ungerade und gerade Linsennummern (Spalten) sichtbar machen. Natürlich müssen dann auch die Bilder entsprechend codiert werden: es werden die Bilder dann in folgender Reihenfolge gesendet: 1. HB ungerade Spalten - 1. HB gerade Spalten - 2. HB ungerade Spalten - 2. HB gerade Spalten. Dabei müssen für die optimale Auflösungsverbesserung das Bild und die Balkenposition an die Position des Betrachters adaptiert werden.
Um aus allen Blickrichtungen ungerade und gerade Linsenspalten abwechselnd durchsichtig zu machen, kann das Schattenlinien-LCD (2) an die Linsenscheibe (1) herangefahren werden, wie es Bild 3 zeigt. Um Bewegungen zu vermeiden, wird ein zweites Schattenlinien-LCD direkt an der Scheibe eingeschaltet und das erste abgeschaltet. Um eine Auflösungsverbesserung des Bildes sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung zu erzielen, können ungerade und gerade Spalten optisch gegeneinander um eine halbe Zeile versetzt werden. Erreicht wird dies dadurch, daß den vertikalen Zylinderlinsen eine Sägezahnstruktur überlagert wird, die in geraden und ungeraden Zylinderlinsen entgegengesetzt verläuft, wie es in den Bildern 3B und 3C gezeigt ist. Entsprechend muß natürlich auch die Bildcodierung angepaßt werden, um eine Auflösungsverbesserung in beiden Richtungen zu erreichen. Es ist auch bekannt, daß eine solche "Offset-Abtastung" des Bildes der menschlichen Wahrnehmung sogar besser entspricht [8], da bei einem solchen Abtastraster theoretisch die darstellbaren Ortsfrequenzen in vertikaler und horizontaler Richtung um den Faktor "Wurzel von 2" mal so groß ist wie in diagonaler Richtung.
Hat man die Möglichkeit auch anstelle der Zylinderlinsenscheibe ein zweites steuerbares Schattenlinien-LCD einzusetzen, so kann man vorteilhafterweise die Balken Bildpixel-ortssynchron adaptiv ansteuern, um sonst geringfügig auftretende Moiré-Effekt zu vermeiden.
Als Positionsdetektoren eignen sich Infrarot-Head Tracking Systeme, die heute bereits die erforderliche Präzision aufweisen, aber auch preisgünstige Ultraschallsysteme sind verwendbar [5]. Möchte man auch die vertikale Position und den Betrachtungsabstand detektieren, so empfiehlt es sich, mindestens zwei Sensorfelder einzusetzen. Es können aber auch CCD-Kameras mit einer schnellen Bildauswertung eingesetzt werden. Ultraschallvermessungen sind dann besonders einfach, wenn ein kleiner Sender am Kopf des Betrachters angebracht werden kann.
Stehen in Kürze PAAS-Monitore zur Verfügung, so könnte das Fernsehen durch Programmabsprachen sofort 3D Probeübertragungen beginnen; brauchten doch nur zwei Sender bildsynchron (bzw. plesiochron) das gleiche Programm auszustrahlen, wobei ein Sender das rechte Bild und der andere das linke Bild übernimmt. Man kann aber auch die zwei Kanäle dazu benutzen, um in einem 2D-Bild die Auflösung zu vergrößern, beispielsweise zum Testen oder Steigern einer breiteren Akzeptanz für hochaufgelöstes Fernsehen (fast HDTV). Dabei kann jeder Kanal für sich allein empfangsfähig bleiben. Dabei ist die Ausstrahlung komplementärer Pixel denkbar, die beim monoempfang kaum zusätzlich Aliasstörungen bewirken.
Ein 3D-Empfänger benötigt dann lediglich einen zweiten Tuner, gekoppelt mit einem PAAS-Monitor. Auf der Sendeseite sind zwei nebeneinander angeordnete Kameras für rechtes und linkes Bild erforderlich. Während in der Experimentierphase die Kameras einen festen horizontalen Abstand haben können, müssen sie in einem professionellen Studio später über einen mit dem Zoom verkoppelten variablen Basisabstand verfügen. Aber auch bei einem festen Basisabstand läßt sich der Zoom verkoppeln mit einer elektronischen Basiskorrektur mittels eines Videoechtzeitprozessors.
Eine senderseitige Umschaltung vom Stereomode auf den hochauflösenden Mode oder auf den Monomode sollte dann natürlich die gleiche Umschaltung beim Empfänger auslösen. Die Umschaltung vom Stereomode auf den hochauflösenden Mode wird dann nicht als störend empfunden, wenn sich das Mittelpunktsobjekt zum Zeitpunkt des Umschaltens etwa in der Tiefenposition des Bildschirms befindet; wie bisherige Untersuchungen zeigen, entsteht subjektiv beim Umschalten von "Monovideo" auf "Stereovideo" ein Eindruck höherer Bildauflösung, der dann beim Übergang auf den hochauflösenden 2D-Mode erhalten bleibt.
Wie sich gezeigt hat, ist der Sprung zum HDTV-Standard in den Wohnzimmern nicht so attraktiv, wie man ursprünglich geglaubt hat. Daneben ist es aber gelungen, ein flexibles MPEG-Format zu standardisieren. In diesem Format ist auch noch Platz für einen Stereo-Mode, so daß dann nicht mehr zwei Sendekanäle benötigt werden; in den gleichen Paketen können die mit "rechts" und "links" gekennzeichneten Blöcke untergebracht werden. Die bis 68,5 Mbit/s Satellitenübertragungsrate bietet bereits die hierfür erforderliche Reserve [4]. Eine volle autostereoskope Darstellung würde dann natürlich adaptiv nur für eine Person je Gerät aktiviert werden können, was aber für einen Absatz nicht nachteilig wäre. Aber auch - was vor allem für Großprojektionen (über einen "Micro Mirror Device"-Projektor beispielsweise) interessant wird - der Stereomode für alle Betrachter kann im Bedarfsfall eingeschaltet werden, indem das Shutter Raster am Bildschirm abgeschaltet wird. Die einzelnen Betrachter tragen dann über infratrotes Licht synchronisierte marktüb liche Shutterbrillen. Dies wird aber sicherlich nur für einige besonders aufbereitete Sendungen in Frage kommen; mehr als bei 2D-Szenen ist bei 3D-Darbietungen am Schirm der richtige Abstand vom Gerät von Bedeutung, Der passende Abstand aber kann für eine größere Anzahl von Personen nur in der Großprojektion erzielt werden. Wichtig ist vor allem, daß die Kompatibilität zum 2D-System erhalten bleibt. Gerätetechnisch sollte daher die 3D-Option an- und abschaltbar bleiben. Beim Betrieb eines Stereo-Monitors im Monomode kann - wie heute in 100 Hz-Fernsehern - das gleiche Bild (bzw. Halbbild) wiederholt werden.
Schließlich bleibt die höchste VR-Ausbaustufe (Virtual Reality) zu nennen, die für zukünftige Telepräsenz-Systeme in Frage kommt. Hierbei muß dann natürlich die Voraussetzung erfüllt werden, daß für jede Person ein separates Gerät zur Verfügung steht, da sich ja die Bildperspektiven immer auf die betrachtende Position beziehen und damit umrechnen lassen müssen. Diese Version ist freilich auch heute nur mit Unterstützung leistungsfähiger Graphikrechner möglich, wird aber wohl in ca. 10 Jahren auch als preisgünstige Tischversion verfügbar sein können. Bildkontur-Algorithmen werden die perspektivisch betrachtergetreue 3D-Darstellung erlauben, wenn auch auf der Aufnahmeseite mehr als zwei Perspektiven, d.h. mehr als zwei Kameras, zur Codierung herangezogen werden müssen. Im Datencode selbst können die unterschiedlichen Objekte dann mit Tiefenpositionsangaben gekennzeichnet sein. Damit können dann in bestimmten sinnvollen Grenzen betrachterabhängige verdeckte Objekte und Bewegungen in Echtzeit berechnet werden. Simulationen, in denen ganze Szenen allein vom Computer generiert werden, wie beispielsweise in der Flugsimulation, eignen sich hierfür natürlich besonders. Computertomographische interaktive 3D-Darstellungen werden ebenfalls voll personenadaptiv sein. Fernsehübertragungen im VR-Mode werden sicherlich auch in ferner Zukunft die Ausnahme bleiben, da diese Systeme nicht für passive Betrachter konzipiert sind, sondern für aktive Nutzer.
Das Anliegen dieses Beitrages ist es, die Aufmerksamkeit -auch für das Fernsehen - auf eine naturgetreue 3D-Option zu lenken. Gerade im Zusammenhang mit einer digitalisierten Übertragung und der computerunterstützten Multimediafunktionen wird eine dreidimensionale betrachteradaptive Darstellung nicht nur für Workkstation-Benutzer, sondern bald auch für TV-Teilnehmer interesssant. Wie eine hierfür erforderliche autostereoskope Darstellung mittels eines Personen-adaptiven Shuttersystem (PAAS) erreicht werden kann, wurde deshalb im zweiten Kapitel relativ ausführlich erläutert. Durch das hier erstmals dargestellte autostereoskope Shutterprinzip wird eine interessante
Wahlmöglichkeit erzielt: zwischen Nutzungsart, die für eine Person adaptiv arbeitet, einer höher aufgelösten zweidimensionalen Darstellung oder einer stereoskopen Betriebsart für eine Gruppe, die eine Shutterbrille erfordert. Daneben bleibt natürlich auch der bisherige einkanalige zweidimensionale Betrieb erhalten. Ist die Voraussetzung eines preisgünstigen PAAS-Monitors erst einmal gegeben, so ist eine stufenweise kompatible Erweiterung für Fernsehsendungen bis hin zu VR-fähigen Empfangsstationen denkbar durch die Einführung einer 3D-Option. Diese kann dann vom Teilnehmer entsprechend seiner Ausstattung bis hin zu 5 Ausbaustufen gewählt werden.
[1] K.Hopf, D.Runde, E.Feddersen: Gesichtspunkte beim Einsatz stereoskopischer Wiedergabetechniken. FKT, Bd. 49, Nr.4/1995.
[2] R. Börner: Autostereoscopic 3-D Imaging by Front and Rear Projection and on Flat Panel Displays. DISPLAYS, Vol. 14, No.1 (1993), pp. 39-46.
[3] Sheat D E, Chamberlin G R, Gentry P, Leggat JS, McCartney DJ: 3-D Imaging Systems for Telecomunications Applications. Proc. SPIE, Vol. 1669, p.186.Electronic Imaging Systems and Applications Meeting, San José (1992)
[4] U. Reimers: Das europäische Systemkonzept für die Übertragung digitalisierter Fernsehsignale per Satellit. FKT-Zeitschrift Bd. 48, Nr.3 (1994).
[5] S.Hentschke, A.Herrfeld, C.Junge, R.Kothe: Personenadaptive stereoskope Bildverarbeitung. CeBIT Exponat und Broschüre (1995).
[6] S. Hentschke: Personenadaptiver autostereoskoper Shutterbildschirm. Patentschrift DE 195 00 315 C1 (1995).
[7] R. Börner: Autostereoskope Rückprojektions- und Flachbildschirme. Fernseh- und Kinotechnik Bd. 48, Nr. 11 (1994). S.594-600.
[8] B. Wendland: Konzepte für ein kompatibles HiFi-Fernsehsystem. NTG-Fachberichte 74 (1980) S. 325-334
[9] R. Börner: Wiedergabeeinrichtung für dreidimensionale Wahrnehmung von Bildern. Autostereoscopic Viewing Device for Creating Three Dimensional Perception of Images. Deutsches Patent Nr. DE 3921061- A1 (Anm. 1989).
[10] Verhulst, A.G.: Display and pick-up device for stereoscopic picture display: European Patent, Nr. 0 332 268 (1988).
[11] U. Reimers: Digitales Fernsehen für Europa - Tin Statusbericht, FKT-Zeitschrift Bd. 48, Nr. 10 (1994).