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Optische Interferometrie als Messwerkzeug in der Nanotechnologie

Die Messtechnikgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Lehmann, der seit 2017 am CINSaT tätig ist, gehört zur Fakultät für Elektrotechnik und Informatik. Die Forschungsarbeiten konzentrieren sich daher auf den Einsatz elektronischer oder optoelektronischer Komponenten und die Entwicklung geeigneter Methoden, hauptsächlich interferometrischer Verfahren, zur Messung von 3D-Oberflächenstrukturen und Abstandsänderungen. Die optische Interferometrie ist eines der faszinierendsten Messprinzipien, da sie problemlos eine Auflösung von unter einem Nanometer in axialer Richtung erreicht und daher ein breites Anwendungsspektrum in Industrie und Forschung aufweist.

Die laterale Auflösung und die dreidimensionalen Messmöglichkeiten von optischen Interferenzmikroskopen leiden jedoch unter der Beugungsgrenze. Daher ist es eine große Herausforderung, die begrenzenden Phänomene im Detail zu verstehen und nach Möglichkeiten zu suchen, die Instrumente hinsichtlich ihres lateralen Auflösungsvermögens zu verbessern. In diesem Zusammenhang konnte die Gruppe Messtechnik in den letzten Jahren einige Fortschritte erzielen.

Mit einem selbstgebauten hochauflösenden Linnik-Interferenzmikroskop konnte ein starker Zusammenhang zwischen der Wellenlänge, die zur Bestimmung der Phase eines Interferenzsignals verwendet wird, und der lateralen Auflösungsgrenze hergestellt werden. Der sogenannte NA-Effekt liefert Wellenlängenbeiträge zu einem Interferenzsignal, die weit oberhalb der maximalen Wellenlänge des Wellenlängenspektrums der Lichtquelle liegen. Die Phasenanalyse bei diesen Wellenlängen verbessert die laterale Auflösung eines Interferenzmikroskops erheblich, wie es in Abb. 1 am Beispiel einer Blu-ray Disc Struktur dargestellt ist.

Abbildung 1: Ergebnisse einer Blu-ray Disc Messung mit einem 100x Linnik Interferometer (NA = 0,9), blauer LED Beleuchtung und Phasenanalyse bei 570 nm (a) und 900 nm (b) Wellenlänge, (c) und (d) AFM Ergebnisse zum Vergleich, Lehmann et al. (2018).

Das gleiche Instrument ermöglichte die Entwicklung einer neuartigen Messstrategie, die für eine schnelle Untersuchung von Mikro- und Nanopartikeln nützlich sein könnte: Das Einsetzen eines Masterpartikels als Referenzobjekt anstelle eines Planspiegels in den Referenzarm des Interferometers ermöglicht einen direkten optischen Vergleich zwischen dem zu untersuchenden Partikel und dem Masterpartikel. Aufgrund ähnlicher optischer und geometrischer Eigenschaften von Mess- und Referenzobjekt (ähnliche Neigungswinkel, Form, Größe und Reflexionskoeffizient) konnten verbesserte Messmöglichkeiten (z.B. maximal messbarer Neigungswinkel) erreicht werden. Dies wurde in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Gruppe Technische Elektronik (Prof. H. Hillmer) verifiziert. Messergebnisse für ein mittels Nanoimprint-Lithographie hergestelltes Mikropartikel sind in Abb. 2 dargestellt.

Interferometrische Topographiesensoren sind bekanntlich sehr empfindlich gegenüber Vibrationen, da für eine 3D-Oberflächenrekonstruktion mehrere Kamerabilder aufgenommen werden müssen, was manchmal den Anforderungen praktischer Anwendungen widerspricht. Ein neuer Ansatz zur Überwindung dieser Probleme verwendet ein Interferometer mit einer RGB-Kamera und einem oszillierenden Referenzspiegel. Die Oberflächenstruktur wird aus zwei aufeinanderfolgenden RGB-Bildern mit Hilfe eines Quadratur-basierten Phasenabruf-Algorithmus rekonstruiert, wie es von Schake et al. (2019) demonstriert wird. Zusätzlich ebnet dieser Ansatz den Weg zu dynamischen Messungen.

Abbildung 2: Ergebnisse einer Mikropartikelmessung, a) mit einem ebenen Referenzspiegel, b) mit einem Masterpartikel als Referenz, c) REM-Ergebnis zum Vergleich, Allendorf et al. (2019).

Weiterhin stellen fasergekoppelte mikrooptische Interferometer sehr interessante Geräte dar, da sie schnell und genau sind. Daher können sie in bestimmten Anwendungen taktile Stiftsensoren ersetzen (Hagemeier et al. (2019)). Aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber einzelnen Atomlagen und ihrer hohen Datenrate ermöglichen sie dynamische Messungen von Abstandsänderungen, z. B. zur Überwachung von Verdampfungsprozessen, wie in Abb. 3 dargestellt. Sensoren für verschiedene Anwendungen, die dem Arbeitsprinzip der sinusförmigen Phasenmodulation folgen, wurden in den letzten Jahren erfolgreich getestet.

Figure 3: a) Principle of interferometric thickness sensor, b) practical realization, c) measured layer thickness change resulting from an acetone evaporation process.

Referenzen

Lehmann et al. (2018)   P. Lehmann, W. Xie, B. Allendorf, S. Tereschenko, Opt. Exp. 26,  7376-7389, (2018)

Allendorf et al. (2019)   B. Allendorf, E. Käkel, Uh-Myong Ha, S. Hagemeier, H. Hillmer, P. Lehmann,
                                         Opt. Lett. 44, 3550-3553 (2019)

Schake et al. (2019)       M. Schake, P. Lehmann, Opt. Exp. 27, 16343-16358 (2019)

Hagemeier et al. (2019) S. Hagemeier, S. Tereschenko, P. Lehmann, Technisches Messen 86, 164-174 (2019)


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