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10.11.2022 | ITeG

Auftakt der ITeG-Ringvorlesung am 16.11.2022 mit der Vorstellung eines Konzeptes zur "digitalen Selbstbestimmung"

Die ITeG-Ringvorlesung „Digitale Gesellschaft – eine Gestaltungsaufgabe“ wird jedes Wintersemester veranstaltet in Kooperation mit der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI). Der inhaltliche Schwerpunkt liegt in diesem Wintersemester auf dem Thema der digitalen Selbstbestimmung. Hier wollen wir u.a. Facetten beleuchten wie Was bedeutet digitale Selbstbestimmung überhaupt? Wo liegen die Grenzen der Selbstbestimmung im digitalen Raum? Wie können wir bei der Gestaltung technischer Systeme (digitale) Selbstbestimmung mitbedenken und Benachteiligung vermeiden?

Den Auftakt macht am kommenden Mittwoch Dr. Marcel Mertz vom Institut für Ethik, Geschichte und Philosophie der Medizin an der MHH. Dr. Mertz hatte am Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health (ceres) an der Universität zu Köln an einer von der Deutschen Telekom AG geförderten Studie zum Thema "Digitale Selbstbestimmung" mitgewirkt.

Via Zoom (see our website:www.uni-kassel.de/go/iteg-lectures )

Zum Vortrag:

Digitale Systeme ermöglichen heutzutage Freiheiten, die früher kaum möglich gewesen wären. Wir können heute bequem vom Sofa zu jeder Tageszeit Waren bestellen, Zeitung lesen, rasch etwas in Wikipedia nachschlagen, uns in mannigfacher Weise unterhalten lassen und unser Leben in den sozialen Medien mit Tausenden von Menschen teilen. Wir können miteinander über WhatsApp, Telegram und Co. kommunizieren, jeden Schritt den wir tun verfolgen oder unsere Körperfunktionen rund um die Uhr messen lassen - wenn wir denn wollen.

Doch ist es in der Tat so einfach? Inwieweit kann man sich diesen "Freiheiten" noch entziehen - sei es, weil man mehr und mehr von solchen Systemen und Diensten abhängig wird, sei es, weil nun etwas möglich und wünschenswert geworden ist, was früher gar nicht erst denkbar gewesen wäre (wie z.B. sich ständig selbst zu vermessen, um gesünder zu leben)? Da zudem die konkrete Gestaltung dieser "Freiheiten" selten von einem selber (mit-)bestimmt wird, drängt sich die Frage auf, was Selbstbestimmung in diesem Kontext bedeuten könnte. Im Vortrag wird daher ein Konzept "digitaler Selbstbestimmung" vorgeschlagen, welches an allgemeine philosophische Erwägungen von Selbstbestimmung zurückgebunden ist und sieben Komponenten digitaler Selbstbestimmung identifiziert (Kompetenz, Informiertheit, Werte, Wahlmöglichkeit, Freiwilligkeit, Willensbildung und Handlung). Neben den Grenzen des Konzeptes werden auch beispielhaft Möglichkeiten der empirischen Operationalisierung thematisiert.

Zur Person:
Marcel Mertz hat Philosophie und Soziologie an der Universität Basel studiert und 2015 an der Universität Mannheim in Philosophie promoviert. Neben seiner seit 2011 bestehenden Tätigkeit an der MHH war er am (damaligen) Fachbereich Medizin- und Gesundheitsethik des Universitätsspitals Basel, am Philosophischen Seminar der Universität Mannheim und an der Forschungsstelle Ethik der Uniklinik Köln bzw. am Cologne Center for Ethics, Rights, Economics and Social Sciences of Health (ceres) der Universität zu Köln tätig.

Sein zentrales Forschungsinteresse ist die Methodologie und die Inter-/Transdisziplinarität der Medizin- und Forschungsethik, insbesondere empirische und „evidenz-basierte“ Ethik, systematische Übersichtsarbeiten normativer Literatur und ethische Bewertungsmethoden im Health Technology Assessment (HTA). Inhaltlich hat er in der Klinischen Ethik geforscht, u.a. zu Verfahren klinischer Ethikkonsultation und zur Entwicklung von klinisch-ethischen Leitlinien. Zudem hat er sich mit ethischen Herausforderungen von Demenzerkrankungen beschäftigt, sich aber auch mit technikethischen Themen wie Digitale Selbstbestimmung und Roboterethik auseinandergesetzt. Neben Lehrtätigkeiten im Bereich der Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin (GTE) und der Forschungsethik hat er auch grundständige Lehre in praktischer und theoretischer Philosophie geleistet.
Mertz koordiniert gegenwärtig die Arbeitsgruppe „Ethik und Empirie“ der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. (AEM) und ist einer der Sprecher von CELLS MHH.