2. Historische Industriestandorte in Kaufungen

 

 

2.1. Historische Kulturlandschaft, Industriekultur

 

In den Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und  Naturerbes der Welt (UNESCO „Operational Guidelines“) werden Kulturlandschaften als  gemeinsame Werke von Natur und Mensch bezeichnet. „Sie illustrieren die Evolution der  menschlichen Gesellschaft und Besiedlung in der Zeit, unter dem Einfluss physischer Beeinträchtigungen und/oder Möglichkeiten der natürlichen Umgebung sowie unter dem Einfluss aufeinander folgender und sowohl von außen  wie von innen wirkender sozialer, wirtschaftlicher  und kultureller Kräfte.“ Da diese kulturellen Einflüsse sich zeitlich und inhaltlich unterscheiden, ist auch die Kulturlandschaft einem stetem Wandel unterworfen.

 

In Kulturlandschaftinventaren werden landschaftliche Strukturen und Einzelelemente in ihren räumlichen und zeitlichen Ausprägungen erfasst. Kulturlandschaftsinventare sind Grundlagen um den im § 2 Bundesnaturschutzgesetz definierten Schutz  von historischen Kulturlandschaften und -landschaftsteilen sicher zu stellen. Aus solchen Inventaren werden Maßnahmen zur Kulturlandschaftspflege  und Raumplanung abgeleitet. Eine integrative Kulturlandschaftspflege entspricht den Vorgaben des § 2 Abs. 2 Nr. 13 des Raumordnungsgesetzes: „Die geschichtlichen  und kulturellen Zusammenhänge sowie die regionale Zusammengehörigkeit sind zu wahren. Die gewachsenen Kulturlandschaften sind in ihren  prägenden Merkmalen sowie mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten“.

 

Der Begriff der historischen Kulturlandschaft ist eng verknüpft mit dem des „kulturellen Erbes“ und im weitesten Sinne auch mit „Heimat“, ist doch das Interesse der Bewohner einer bestimmten Region an ihrem kulturellen Erbe eine wesentliche Voraussetzung für die Identifizierung mit der Region als ihrer Heimat.

 

Die Elemente der historischen Kulturlandschaft sind vielfältig. Beschränkt man sich auf die Historie der Gewerbe-/und Industriestandorte (Mühlen, Sägewerke, Ziegeleien, Steinbrüche, Braunkohleabbau, etc) einschließlich der relevanten Infrastruktur (Gewässer, Verkehrsnetze), so wird hierfür der Begriff „Industriekultur“ genutzt.

 

 

2.2. Studentisches Projekt „Genese der Industriekultur im Lossetal“

 

Die Industriekultur Nordhessens hat einen ihrer Ursprünge im Lossetal. Von der kleinen Ölmühle über das örtliche Sägewerk bis hin zum Bergwerksbetrieb mit Tagebaugebieten und Materialseilbahn existierten über die Jahrhunderte verschiedenste Nutzungen entlang der Losse, die teilweise bis heute Bestand haben.

 

Um diese Entwicklung zu dokumentieren, wurde an der Universität Kassel das 2-semestrige Projekt „Lossetal - Genese einer Industriekultur“ initiiert. Ziel war es, Elemente der Industriekultur im Bereich des Lossetals zu erkunden und ihre Besonderheiten erlebbar zu machen. Das Projekt stand in enger Vernetzung und Kooperation mit regionalen und örtlichen Interessensgruppen (insbesondere den lokalen Geschichtsvereinen; in Kaufungen vertreten durch Winfried Wroz).

 

Das Projekt wurde im Fachbereich 06 (Architektur, Stadt-, Landschaftsplanung) im Rahmen der Studiengänge Stadtplanung und Landschaftsplanung durchgeführt. Es wurde von Diedrich Bruns, Sandra Bödding und Klaus Horn geleitet. An dem Projekt nahmen die Studierenden Stefanie Beyer, Eckhard Kuhnert, Ying Lian, Nicole Neubauer, Falk Nuschke, Heiko Schätzle, Oliver Thaßler, Maren Witte, Yunbo Yang teil.

 

Mit diesem Projekt wurde die Reihe der Projekte zur Thematik „Historische Kulturlandschaften in Nordhessen“ mit dem besonderen Schwerpunkt „Industriekultur“ fortgesetzt. Zuvor hatten Studenten die Relikte des Carlskanals und der Carlsbahn zwischen Hümme und Karlshafen sowie historische Industriestandorte in der Nordstadt von Kassel erkundet. Diese Projekte werden mit dem „Netzwerk Industriekultur Nordhessen – NINO“ abgestimmt.

 

Im Wintersemester 2007/2008 wurden in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Kooperationspartnern die historischen Gewerbe- und Industrie-Standorte im Einzelnen durch die Erfassung der Betriebs-Chroniken und den Aufbau von Bildergalerien (historische Abbildungen; Fotos des aktuellen Zustandes) dokumentiert. Auf diese Weise entstand ein Inventar der Elemente der Industriekultur (Kulturlandschaftskatasters). Nach dem Aufbau dieses Kulturlandschaftskatasters konnten sich Bewertungen und weitere Analysen und Untersuchungen anschließen.

 

Im folgenden Sommersemester 2008 beschäftigte sich eine Projektgruppe mit einer möglichst realistischen 3D-Visualisierung von Objekten und Szenarien, während sich eine zweite Projektgruppe den Themen „Wandel der Kulturlandschaft“ und „touristische Verwertung“ zuwandte.

 

Aus den umfangreichen Ergebnissen des studentischen Projektes sollen für diese Veröffentlichung für den Bereich der Gemeinde Kaufungen die Teilaspekte „Elemente des inventarisierten Kulturlandschaftskatasters“ (in Kapitel 2) und „Wandel der Kulturlandschaft“ (in Kapitel 4) einer außeruniversitären Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

 

Der Untersuchungsraum

 

Für das studentische Projekt wurde das gesamte Lossetal als Untersuchungsraum betrachtet.

(Karte 1). Für die Bereiche Stadtteil Kassel-Bettenhausen, Gemeinde Kaufungen, Gemeinde Helsa, Stadt Hessisch Lichtenau wurden die Objekte in einem Kulturlandschaftskataster erfasst, dokumentiert, bewertet und die Sachverhalte in thematischen Karten visualisiert.

 

Für die hier vorgelegte Veröffentlichung erfolgte eine Beschränkung auf den Bereich der Gemeinde Kaufungen. In Karte 2 wird analog zur Darstellung in Karte 1 das zugehörige Landschaftsrelief dargestellt. Der Gegensatz zwischen den Höhenzügen des Kaufunger Waldes mit dem engen Losse-Tal östlich von Oberkaufungen und den sanften Hügeln des Kasseler Beckens mit dem weiten Losse-Tal westlich von Oberkaufungen wird besonders deutlich

 

 

2.3. Historische Industriestandorte in Kaufungen

 

In dem studentischen Projekt wurden die zu bearbeitenden Gewerbe-/Industriestandorte als Elemente des aufzubauenden Kulturlandschaftskatasters in Kooperation mit den lokalen Projektpartnern ausgewählt. Die Aufgabe der Studierenden beschränkte sich darauf, nur diese Objekte zu inventarisieren (Erfassung der Betriebs-Chronik, Aufbau einer Bildergalerie mit historischen und aktuellen Fotos) und sie zu bewerten. Zusätzliche Objekte mussten nicht erkundet werden.

 

Für den Bereich der Gemeinde Kaufungen wurden den Studierenden 21 Objekte genannt, die in der nachfolgenden Tabelle aufgezählt werden. Zur Identifizierung innerhalb des Katasters erhielten die Objekte eindeutige Nummern von 2001 bis 2022 (die Nummer 2006 ist nicht besetzt).

 

Bei den Elementen 2008 Spielwarenfabrik (Puppelei) und 2021 Lohmühle handelt sich nicht um unterschiedliche Gebäudekomplexe, sondern um eine Folgenutzung : zuerst 2021, dann 2008.

 

Tabelle 1

Historische Industriestandorte in der Gemeinde Kaufungen

 

Nr

Objekt

OT

prägende Nutzung

aktuelle Nutzung

historische
Gebäude vorhanden ?

2001

Papierfabrik

PF

Papierherstellung

Logistik

Nein

2002

Zündholzfabrik

PF

Zündholzproduktion

andere

Nein

2003

Ziegelei

NK

Ziegelei

Wohnen

Nein

2004

Schlag-/Ölmühle

NK

Mühle

Wohnen

Ja

2005

Kördelsche Mühle

NK

Mühle

Wohnen

Ja

2007

Braunkohle

OK

Braunkohleförderung

(Museum)

(ja)

2008

Spielwarenfabrik

OK

Spielwaren

Wohnen

Ja

2009

Korsettfedern

OK

Korsettwaren

Gewerbe

Ja

2010

Papierverarbeitung

OK

Tütenproduktion

Gewerbe

Ja

2011

Ziegelei

OK

Ziegelei

(Museum)

Ja

2012

Kunstmühle

OK

Mühle

Landwaren

Ja

2013

Obermühle

OK

Mühle

Wohnen

Ja

2014

Mittelmühle

OK

Mühle

Wohnen

Ja

2015

Schlag- / Ölmühle

OK

Mühle

Wohnen

Ja

2016

Sägewerk Riffer

OK

Mühle / Sägewerk

ungenutzt

Ja

2017

Ziegelhütte

OK

Ziegelei

Wohnen

(ja)

2018

Bahnhof PF

PF

Bahnhof

RegioTram

Nein

2019

Bahnhof NK

NK

Bahnhof

RegioTram

Nein

2020

Bahnhof OK

OK

Bahnhof

RegioTram

Ja

2021

Lohmühle

OK

Mühle

Wohnen

Ja

2022

Ziegelei Landefeld

OK

Ziegelei

Gewerbe

Ja

 

Die Lage der Objekte ist in Karte 3 (für Niederkaufungen) und Karte 4 (für Oberkaufungen) dargestellt. In Karte 5 ist die Kartenlegende für die beiden Karten beschrieben.

 

In den Karte 3 und 4 werden die Objekte als Punkte dargestellt. Dies bedeutet teilweise eine sehr starke räumliche Vereinfachung. So wird zum Objekt 2007 Braunkohleabbau in Oberkaufungen der Ort des Museums Rossgangs zur räumlichen Präsentation des Objektes genutzt. Damit wird in keiner Weise den vielfältigen Elementen des Braunkohleabbaus in Oberkaufungen, die sich über weite Bereiche der Flur erstreckten, entsprochen.

 

 

Liste der Industriekultur-Standorte in Kaufungen

 

Die nachfolgende Aufstellung soll zusammen mit den Karten einen Überblick über die vielfältigen Industriekultur-Standorte in Kaufungen vermitteln. Die Texte sind dem von den Studenten vorgelegten Projekt-Reader entnommen. Bei den Betriebs-Chroniken handelt es sich jeweils um eine Kurzfassung; nur die wesentlichsten Ereignisse werden genannt. Die Langfassung einschließlich umfangreicher Bildergalerien (historisch und zeitgenössisch) ist verfügbar.

 

 

[2001] Papierfabrik

 

Standort: Leipziger Straße 61, OT Papierfabrik.

 

1839 gründete Wilhelm Pfeiffer die „Papierfabrik Niederkaufungen“ zur Herstellung von diversen Papieren. In den Folgejahren kam es zu mehrmaligen Inhaber- und Namenswechseln („Vereinigte Hessische Papierfabriken“, „Winter’sche Papierfabriken AG“). 1842 hatte die Fabrik 60 Mitarbeiter. Zuerst wurde die Antriebskraft allein aus der Losse gespeist, später wurde sie durch Dampfmaschinen verstärkt. Im Jahr 1934 wurde die Fabrik nach einem schweren Brand stillgelegt. Seit 2000 befindet sich auf dem ehemaligen Grundstück der Papierfabrik die „Busse Logistik“, ein Unternehmen für internationale logistische Dienstleistungen. Ursprüngliche Gebäude der Papierfabrik sind keine mehr vorhanden.

 

[2002] Zündholzfabrik

 

Standort: Leipziger Straße ca. 42-48, OT Papierfabrik.

 

Von 1906-1927 befand sich hier die „Niederhessische Zündwarenfabrik Albrand & Haltnorth“.

Die Fabrik diente zur Herstellung von Zündholzwaren. Heute befinden sich auf dem ehemaligen Grundstück der Zündholzfabrik unterschiedliche Unternehmen: „Szeltner & Szeltner GmbH“, ein Kundendienst für alle Fahrzeugtypen, „GOLEC Nutzfahrzeuge GmbH“, „Kapler GmbH & Co. Sandstrahlbetriebe KG“, Schnellimbiss „Snack- Point“. Die ursprünglichen Gebäude der Zündholzfabrik sind heute nicht mehr vorhanden.

 

[2003] Ziegelei Niederkaufungen

 

Standort: Ziegeleiweg, OT Niederkaufungen.

 

Die Ziegelei wurde um 1875 von Wilhelm Endlich gegründet. Sie ging dann über in die Familie Barkhausen, anschließend an Berthold Meier und letztlich bis heute in den Besitz der Familie Fasshold. Der Ziegeleibetrieb wurde 1974 eingestellt. Es ist nur noch ein ursprüngliches Gebäude der Ziegelei vorhanden, welches heute zum Betriebsgelände der „Fa. Fasshold Dieter Baggerbetrieb Sandgrube, Lohfelden“ gehört. Ein großer Teil des Ziegeleigeländes ist heute Wohngebiet.

 

[2004] Schlag- oder Ölmühle

 

Standort: Windhäuser Straße 6, OT Niederkaufungen.

 

In dieser Mühle konnten sowohl Dorfbewohner als auch auswärtige Kunden aus ihrer Ölgesäme wie Lein oder Bucheckern Öl gewinnen lassen. Im 18. Jahrhundert gehörte die Mühle Familie Kersten. Das heute ausschließlich zu Wohnzwecken genutzte Haus ist seit 1975 im Besitz von Familie Lohof.

 

[2005] Kördelsche Mühle

 

Standort: Mühlenstraße 10, OT Niederkaufungen.

 

Die Mahlmühle wurde um 1500 gebaut und hatte damals das alleinige Mahlrecht in Niederkaufungen. 1784 baute der Müller Kördel die Mühle von einer unter- in eine oberschlägige um. 1958 wurde der Mahlbetrieb eingestellt; heute wird die Mühle als Wohnhaus genutzt.

 

[2007] Bergbau Kaufungen

 

An verschiedenen Standorten wurden zu unterschiedlichen Zeiten Alaun und Braunkohle abgebaut. Rossgang Pferdegöpel 1823-1883. Der Rossgang ist als einziges Relikt aus der Zeit des Bergbaus erhalten geblieben, hier befindet sich heute ein Bergwerksmuseum (Freudental Straße in Oberkaufungen). Die ehemalige Grube „Steinert“ wurde in einen großen See mit Freizeitanlage umgewandelt.

 

Röhler, Willy (2007): Beitrag zur Geschichte über die Entwicklung des Braunkohlenbergbaues um Oberkaufungen. Die Zeche Freudental. Hg. Jürgen Röhler, Köln und Johannes Schwidurski, Kaufungen

 

[2008] Spielwarenfabrik (Puppelei)

 

Standort: Leipziger Straße 430, OT Oberkaufungen.

 

August Wittich kaufte 1878 die Holzschneidemühle/ ehemalige Lohmühle (Element 2021) und richtete in ihr eine Spielwarenfabrik ein, die im Volksmund „Puppelei“ genannt wurde. 1889 wurde der Betrieb an die Gesellschafter- Fabrikanten Guido Bathol und Jean Grebe verkauft. Im Jahr 1894 wurde der Betrieb eingestellt. Heutige Nutzungen sind Wohnen sowie im Erdgeschoss das Geschäft „Musikschule + Musikhandel Rosmanith- Köhler“ und der „Frisörsalon Saalfeld“.

 

Siehe auch die detaillierte Dokumentation in Kapitel 3.1

 

[2009] Korsettfederfabrik

 

Standort: Struthweg 7-9, OT Oberkaufungen.

 

Nach erfolgreichen Anfangsjahren einer Draht- und Stahlwarenfabrik in Kassel, in der sie ein Verfahren zur Herstellung von Drahtflachfedern für Korsetts der Frauen entwickelt hatten, verlegten die Inhaber der Herkules-Werke, Wagener und Schilling ihren Standort 1895 in die Leipziger Straße 430 in Oberkaufungen. Im Jahr 1895 hatte der Betrieb 45 Beschäftigte, etwas später sogar 80. Nach vier erfolgreichen Jahren verlegten sie ihren Standort erneut, allerdings innerhalb von Kaufungen nach Auf der Struth. Nun arbeiteten hier bereits 100 Beschäftigte. In den Jahren der Wirtschaftskrise (um 1926) ging es mit dem Betrieb stetig bergab, bis er schließlich 1936 eingestellt wurde. Seit den 1940er Jahren ist das Grundstück im Besitz von „SiKA, Dr. Siebert und Kühn GmbH & Co KG“, einer Firma zur Herstellung von Mess- und Überwachungsgeräten weltweit.

 

Siehe auch die detaillierte Dokumentation in Kapitel 3.3

 

 [2010] Papierverarbeitungsbetrieb

 

Standort: Dorfgemeinde 199, OT Oberkaufungen.

 

Um 1895 gründete die Papierwarenfabrik Grünbaum, Kassel eine Tütenkleberei, in der vor allem Tüten, Beutel und Kartons hergestellt wurden. Im Jahr 1949 gründete die „Graphia Hans Gundlach GMBH“ Bielefeld, Werk für Offset-, Buchund Tiefdruck eine Nebenstelle in Oberkaufungen. Zunächst waren sie in der Windhäuser Straße, seit 1950 auf dem Grundstück der „Fa. Dr. Siebert und Kühn“ und ab 1955 in der Werkstatt der Schreinerei Karl-Barchfeld, Leipziger Straße, vorzufinden. 1970 wurde der Betrieb eingestellt. Heute betreibt Jochen Barchfeld an diesem Standort eine Schreinerei mit Bestattungsunternehmen.

 

Siehe auch die detaillierte Dokumentation in Kapitel 3.2

 

[2011] Ziegelei Oberkaufungen

 

Standort: Niester Straße 24, OT Oberkaufungen.

 

1870 gründete Ludwig Fischer das Ziegelwerk zur Herstellung von Ziegelsteinen und Dachziegeln. 1880 wurde ein Ringhofen in Betrieb genommen, 1895 kam eine Dampfmaschine zum Einsatz und Pressen zum Formen von Dachfalzziegeln. 1898 wurde das Werk in die „Falzziegelwerke Oberkaufungen G.m.b.H.“ umgewandelt. 1906/07 wurde der Ringofen durch einen Zickzachofen ersetzt. 1924 musste das Werk aufgrund wirtschaftlicher Depression und Inflation eingestellt werden. 1928 wurde das dritte Obergeschoss bei einem Brand zerstört. Im gleichen Jahr erfolgte eine Wiederaufbau (ohne drittes Obergeschoss) des Betriebs durch die „Hermann Lohöfer K.G.“ 1985 wurde der Betrieb aufgrund der Rezession in der Bauwirtschaft stillgelegt. 1994 wurde das 17.300 qm große Ziegeleigelände an die Firma „Talis Baustoffhandel und Denkmalpflege G.m.b.H.“, Inhaber Tamara Leszner und Ingolf Stein, verkauft. Heute sind hier neben einigen Dienstleistungsunternehmen Wohnungen und das „Hessische Ziegeleimuseum“ untergebracht.

 

[2012] Kunstmühle

 

Standort: süd-östlich, außerhalb des Ortskerns von Oberkaufungen.

 

Von 1572-1840 diente diese Mühle zur Papierherstellung. Die Wasserspeisung erfolgte über einen künstlich angelegten Mühlgraben, der von der Losse abging. 1840 wurde die Papiermühle zu einer Mahlmühle umgewandelt. Ab dem Jahr 1900 lieferte sie zusätzlich Strom für die Lungenheilanstalt (heute DRK). Im Jahr 1911 änderte sich der Name der Mühle/des Standortes in Kunstmühle. Seit 1928 ist die Kunstmühle im Besitz der Familie Brübach. Die Mühle wurde zum Mahlen von Getreide genutzt. Der Betrieb kam während des Zweiten Weltkrieges zum Erliegen, wurde aber in den 1950er Jahren wieder aufgenommen. Heute betreibt der Besitzer Karl Brübach hier einen Landwarenhandel für Futtermittel. Der Mahlbetrieb ist noch möglich.

 

[2013] Obermühle

 

Standort: Dautenbachstraße 1, OT Oberkaufungen.

 

Die Mahlmühle wurde vor 1582 gebaut. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel gehörte sie 1850 Carl Rode, der sie zu einem Sägewerk umbaute. 1890 stellte er einen neuen Dampfkessel auf, in 1902 übernimmt er die Lieferung des elektrischen Stromes für die neue Lichtanlage der Gemeinde. 1921 übernahm die Gemeinde das bis dahin private Elektrizitätswerk. 1959 wurde das Grundstück von der Firma „Reinhard Schröder u. Sohn“, Mühlen- und Maschinenbau und Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstatt erworben. Heute wird die Mühle nur noch als Wohnhaus mit 3-4 Wohneinheiten genutzt, die Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstatt ist geschlossen.

 

[2014] Mittelmühle

 

Standort: Am Mühlenplatz 5, OT Oberkaufungen.

 

Die vor 1582 erbaute Mühle hatte das alleinige Recht des Schrotens von Malz für die beiden Brauereien im Dorf und auf der Freiheit. In den Jahren von 1928-1953 war die Mühle auch Stromlieferant. Um 1960 stellte die Mühle ihren Mahlbetrieb ein und wird seitdem nur noch zu Wohnzwecken genutzt.

 

[2015] Schlag- und Ölmühle

 

Standort: Mühlenweg 6, OT Oberkaufungen.

 

Die 1574  genannte Lohmühle wurde zu einer Öl- und Schlagmühle umgebaut, in der die Einwohner im Herbst ihr Ölgesäme, aus Bucheckern, Leinsamen u.a. schlagen lassen konnten. Da der Umsatz jedoch zu Wünschen übrig ließ, erweiterte der Müller sein Angebot um das Schälen von Gerste und Hirse. Von 1580-1586 stand die Mühle leer. 1604 kam es zu einem Inhaberwechsel an Curt Hoffmeister. Im Jahr 1680 wird Hans Georg Barchfeld als Eigentümer erwähnt. Es folgten weitere Inhaberwechsel. Um 1890 ließ der derzeitige Eigentümer Ludwig Friedrich Eggert in eine Mahlmühle umbauen. Seit 1910 gehört die Mühle Familie Waurich. Sie wurde bis Mitte der 1980er Jahre genutzt, bis sie in ein Wohnhaus umgebaut wurde. In einem Anbau befindet sich eine Wäscherei und Chemische Reinigung „Waurich Heinrich Mühle Wäscherei“.

 

[2016] Sägewerk Riffer

 

Standort: Sandweg 31, OT Oberkaufungen.

 

An diesem Standort wurde lange vor 1545 eine Schneidemühle gebaut. 1545 wurde sie an Hans Diegel verkauft, der einen Kupferhammer errichten ließ, in dem Kupfer geschmolzen und Messing geschmiedet wurden. 1694 gehörte die „Bunte Mühle“ dem Grafen von Kunowitz. 1819 gehörte die Mühle Martin Leitheuser. Es folgten weitere Besitzerwechsel. 1890 wurde die Mahlmühle in eine Schneidemühle umgewandelt. 1936 ging die Mühle in den Besitz von Heinrich Riffer aus Kassel über, der dort nach etlichen Änderungen ein Sägewerk einrichtete. Der Betrieb wurde 2002 stillgelegt, das Grundstück 2007 an die Gemeinde verkauft. Momentan befinden sich dort neben den ungenutzten Werksgebäuden zwei Wohnhäuser mit ca. 3-4 Mietwohnungen.

 

[2017] Ziegelhütte Oberkaufungen

 

Standort: Südlich in Oberkaufungen am Stiftswald gelegen.

 

Ca. von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an gab es hier ein Wohnhaus mit Stallung und Brennofen für Ziegel. Von ca. 1879-1890 gehörte die Ziegelhütte Jacob Baumann, danach Konrad Landefeld. 1901 ist die Ziegelhütte niedergebrannt und stillgelegt worden, nur das Wohnhaus konnte gerettet werden. Im umliegenden Gebiet der ehemaligen Ziegelhütte befinden sich heute zwei Wohngebäude, landwirtschaftliche Betriebe und eine Alpakazucht.

 

[2018,2019,2020] Bahnhof Papierfabrik, Nieder-und Oberkaufungen

 

Im Jahr 1874 wurde eine Eisenbahnstrecke für Güter- und Personenverkehr beschlossen. Die Strecke der Cassel-Waldkappeler-Eisenbahn (CWE) verlief von Kassel über Kaufungen, Helsa, Hessisch Lichtenau und Walburg bis nach Waldkappel. Der Streckenabschnitt von Kassel- Bettenhausen bis Waldkappel wurde am 1. Dezember 1879 eröffnet. In Kaufungen gab es drei Haltepunkte: Papierfabrik, Bahnhof Niederkaufungen und Bahnhof Oberkaufungen. Am 31. Mai 1985 wurde die Strecke für Personenzüge von der Deutschen Bahn stillgelegt. 1996 wurden die Staatsbahngleise vom Bahnhof Kaufungen-Papierfabrik bis Hessisch-Lichtenau durch die „Regionalbahn Kassel GmbH“ (RBK) übernommen. Neben weiteren Haltepunkten in Kaufungen bestehen auch jeweils Haltestellen in der Nähe der ehemaligen Bahnhofsgebäude. Von den Bahnhofsgebäuden ist heute nur noch das in Oberkaufungen erhalten - hier wurde 2006 eine Gaststätte eröffnet.

 

[2021] Lohmühle Oberkaufungen

 

Standort: Leipziger Straße 430, OT Oberkaufungen.

 

Die Mühle wurde 1572 genannt und als Lohmühle genutzt. Nach mehrmaligem Wechsel des Besitzers wurde sie 1869 vom Zimmermeister Peter Riemann und Schreinermeister Justus Rüppel übernommen. Sie nutzten sie allerdings nicht mehr als Lohmühle, sondern zur Holzverarbeitung bis 1877. Im August 1878 kaufte August Wittich die ehemalige Lohmühle und richtete eine Spielwarenfabrik ein, deren Betrieb 1894 wieder eingestellt wurde. Seit 1904 ist das Gebäude der ehemaligen Lohmühle im Besitz der Familie Barchfeld Heutige Nutzungen sind Wohnen sowie im Erdgeschoss das Geschäft „Musikschule + Musikhandel Rosmanith- Köhler“ und der „Frisörsalon Saalfeld“.

 

[2022] Ziegelei Landefeld

 

Standort: Leipziger Straße 481, OT Oberkaufungen.

 

Vermutlich gab es den Betrieb zur Herstellung von Ziegeln und irdenen Gefäßen hier schon vor 1760. Um 1800 ging die Ziegelei in den Besitz der Familie Landefeld über, die sie bis ins 20. Jahrhundert hinein zur Ziegelbrennerei und Töpferwarenherstellung nutzte. 1960 ging das Grundstück in den Besitz von Alfred Kiphenn über, der hier heute eine Schreinerei betreibt. Der ursprüngliche Brennofen der Ziegelei ist noch vorhanden.

 


Karten

Karte 1 pdf 844 KB Überblick über den Untersuchungsraum
Karte 2 pdf 295 KB Bereich Kaufungen
Karte 3 pdf 271 KB Lage der Objekte in Niederkaufungen
Karte 4 pdf 344 KB Lage der Objekte in Oberkaufungen
Karte 5 pdf 186 KB Legende zu den Karten 3 + 4


zuletzt bearbeitet am 18.07.2009 von Klaus Horn
E-Mail : horn.gis AT uni-kassel.de