Basaltwerk Helsa

 

Quelle

Helmut Jordan :Industrialisierung in Helsa

Geschichtsverein Helsa

 

Am 3. Januar 1899 schlossen die Steinbruchsbesitzer Georg Reuhs aus Harmuthsachen und Georg Berneburg zu Linden bei Hannover einen Pachtvertrag mit dem Ritterschaftlichem Stift in Oberkaufungen , um im Stiftswald Basaltgestein abzubauen.Die Leitung der Firma Reuhs & Berneburg übernahm der Schwiegersohn von Herr Berneburg Herr Johannes Becker mit Wohnsitz in Harmuthsachen.

Um das gebrochene Basaltgestein vom Michelskopf, wie dieser Steinbruch genannt wurde nach Helsa zur Bahnverladung zu transportieren, wird am 23. Mai 1899 mit dem Bau einer 2 km langen Bahnanlage begonnen. Im weiten Bogen sollte eine Feldbahn um den Berg herum geführt werden, auf der die Loren auf Gleisen ins Tal gelassen werden sollten. Durch, die so breit ist, dass zwei große Holzforen gleichzeitig fahren können. Über eine Drahtseiltrommel soll das Ganze gesteuert werden, denn die zu Tal fahrende beladene Lor, soll im Gegenzug die leere Lore wieder zur Bergstation bringen.

Viele Jahre ist auf diese Art das Gestein nach Helsa transportiert worden, damit es dort weiter verarbeitet und zum Transport an den Bahnhof gebracht werden konnte.. Die einst gehauene Schneise für die Feldbahngleise ist noch heute nach zirka einhundert Jahren im Stiftswald zu erkennen.

Neben dem Bau der Bremsbahn wurde am Rande des Waldes ein gewaltiges Bauwerk errichtet, in dem das Basaltgestein zerkleinert werden sollte. Dieses Bauwerk wurde in Helsa später nur der „Brecher"genannt. Mit riesiger Kraft wurde von diesem Brecher das Gestein in gewünschte Größen zerkleinert. Da das Brechen des Gesteins viel Kraft erforderte, hörte man weit über das Werksgelände das Dröhnen der schweren Maschinen. Außerdem gab es viel Staub und der angrenzende Wald färbte sich basaltgrau. Viel Ärger gab es mit den Gartenbesitzern in der angrenzenden Aue, da der Basaltstaub sich auf alle Pflanzen und Beerensträucher ablagerte, was dazu führte, dass nur nach mehrmaligen Waschen Obst, Gemüse und Salat verzehrt werden konnten.

 

Da um die Jahrhundertwende in Deutschland das Zeitalter der Eisenbahn angebrochen war, bestand eine große Nachfrage nach Basaltsteinen, die zum Bau von Eisenbahnstrecken benötigt wurden. Von diesem Füllmaterial wurden täglich 6 bis 10 Waggons in Helsa beladen um in ganz Deutschland Absatz zu finden.

Neben dem Bau der Brecheranlage entstanden auch eine Werkstätte, inderdie Handwerker der Firma alle anfallenden Reparaturen selbst durchführen konnten. Zu den 100 Steinbruchsarbeitern und 33 Steinrichtern kamen noch Schlosser, Schmiede und Stellmacher hinzu. Die Belegschaft muß somit 1904 zirka 150 Mitarbeiter betragen haben.

Die Steinrichter haben aus dem Säulenbasalt Pflasterstein geschlagen, die zur damaligen Zeit auch sehr begehrt waren. Mitten auf einem Haufen Gestein saßen sie auf kleinen Hockern und schlugen mit einer Art Fäustel die Steine in die gewünschte Größe.

Aus dem Jahr. 1907 gibt uns der Beobachter an der Losse einige Hinweise über den Steinbruch Michelskopf Im Bruch war ein festes Backsteinhaus errichtet worden, denn zur Belegschaft zählten auch italienische Arbeiter, welche untergebracht werden mussten. Zur damaligen Zeit waren die Italiener gesuchte Brucharbeiter. Außerdem ist unter dem 1. Februar 1907 zu lesen, dass die Basaltwerke Nesselbühl ( so nannten die Besitzer nun ihren Betrieb ) demnächst neben dem in hiesiger Gemarkung vorhandenen noch einen neuen Steinbruch anlegen wollten. Mit der Gleislegung für eine elektrische Bahn soll in den nächsten Tagen begonnen werden

 

Am 28. Juni 1920 brachte Herr Berneburg seine Anteile in die CBI ein. Fortan hieß die Firma: „Casseler - Basalt - Industrie". Fünf Jahre später schloßt die CBI einen eigenen Pachtvertrag mit dem Ritterschaftlichen Stift in Kaufungen ab. Vorausgegangen war schon ein Vertragsabschluß zwischen der CBI und der Deutschen Reichsbahn über einen eigenen Gleisanschluß im Bahngelände Helsa. Dieser wurde nötig, da mit der Übernahme des Steinbruchs Helsa durch die CBI die Fördermengen erheblich gesteigert werden sollten. Es ist leider nicht bekannt, wie groß die Fördermenge war, doch verließen nun täglich viele Waggons beladen mit Basaltgestein den Bahnhof Helsa. Eine große Verladerampe war erstellt worden, welche viele Jahre zum Ortsbild Helsas zählte. An der Vorderfront dieser Anlage stand ganz groß:" CBI Werk Helsa". Auch in der Betriebsleitung gab es eine Veränderung, denn Herr Johannes Becker verließ die Firma und ein neuer Betriebsleiter namens Eggemann übernahm die Leitung.

 

Über die nächsten Jahre gibt es nicht viel zu berichten Die Unfälle welche passierten waren immer noch erheblich, was auch kein Wunder war, denn in den Arbeitsgängen hatte sich nicht allzu viel verändert. Die Betriebsleitung der CBI baute am Ortsausgang nach Wickenrode ein Wohnhaus für ihre Mitarbeiter. Da das Haus in einem besondern Stil errichtet war, nannte man es in Helsa nur den „Möbelwagen". Ein weiteres Gebäude ließ die CBI in der Aue von Helsa bauen für ihren Betriebsleiter. Da der bisherige Betriebsleiter Eggemann 1926 aus der Firma ausschied, kann man davon ausgehen, dass der Nachfolger, Herr Josef Rebstein, als erster in das neue Haus einzog.

Eine große Veränderung für das Werk in Helsa kam mit der Inbetriebnahme einer Seilbahn. Von 1928 bis 1930 wurde eine Seilbahn von Helsa zum Bruch Michelskopf gebaut. Damit konnte man jetzt auf schnellem und ungefährlichem Weg das Gestein zu Tale bringen. Hoch über dem Mariengrund sah man jetzt dieLoren der Seilbahn schweben. Leider durfte diese Anlage nicht zum Transport von Menschen eingesetzt werden und somit mussten die Arbeiter, welche im Steinbruch gearbeitet haben, wie schon ihre Väter, den täglichen Weg zu Fuß gehen. und somit mussten die Arbeiter, welche im Steinbruch gearbeitet haben, wie schon ihre Väter den täglichen Weg zu Fuß gehen. Doch es muß sich nicht herum gesprochen haben, dass nur Material und keine Personen befördert werden durften. Ein paar Freunde kamen jedoch auf die Idee, für eine kurze Zeit die Seilbahn für den Personenverkehr einmal auszuprobieren. Jeden Freitag wurden die Lohngelder für die Arbeiter im Bruch mit der Seilbahn nach oben geschickt. Diese Bahn war dem Bruchmeister bekannt, der für die Auszahlung verantwortlich gewesen ist. Eines Freitags, die Lore kam vom Transport nach Helsa zurück, aber ohne den Geldsack. Also wurde die nächste Lore abgewartet und zwischendurch ein bißchen auf die Penner im Lohnbüro geschimpft. Doch auch die nächste Lore kam ohne das Geld, was den Bruchmeister veranlasste per Telephon nachzufragen, warum das Geld nicht kommt. Nun war das Erstaunen im Lohnbüro groß, denn die Gelder seien wie immer pünktlich abgegangen und man gab dem Bruchmeister den Rat, für Witze sich einen anderen auszusuchen. Jetzt wurde es kritisch, unten abgeschickt und oben nicht angekommen, wo war der Sack mit dem Geld geblieben?

 

Nachdem noch einmal alles überprüft worden war, kam man zur Überzeugung, das Geld wurde geraubt, aber von wem? Nun dieses sollte man einige Monate später erfahren. Denn vor dem Amtsgericht hatten sich fünf Männer einzufinden, die des Raubes beschuldigt wurden.

 

Aus der Kasseler Post ( Tageszeitung für Kassel und Umgebung ) hieß es, Gauner stahlen Lohngelder der CBI aus einer Lore der Seilbahn in Helsa. Fünf Männer hatten sich zusammen gefunden, wovon einer wusste, dass die CBI jeden Freitag zu einer bestimmten Zeit ihre Lohngelder für die Arbeiter im Steinbruch mit der Seilbahn von Helsa in den Bruch schickt. Also wurde beschlossen, das Geld holen wir uns. Man heckte wie die Zeitung erfuhr einen halsbrecherischen Plan aus. Nach mehreren unternommenen Probeaktionen schritt man zur Tat. Ernst H. sprang ., mit einem kühnen Satz „ von einem Masten in die gekennzeichnete Lore, ergriff den Leinensack mit dem Geld und warf ihn dem untenstehenden Wilhelm M. zu und kletterte am nächsten Mast aus der Lore heraus, ohne Schaden genommen zu haben.

 

Wie es heißt, 1.300-Mark Beute sprangen bei dem akrobatischen Unternehmen heraus.

Wie das oft bei Dieben ist: ..Man gönnt dem Anderen nicht seinen Anteil". Bald jagten sie sich die Beute gegenseitig ab. Versoffen das Geld teilweise und nach einigem Hin und Her mit Umwegen über Witzenhausen und Kassel landeten die fünf Gauner vor Gericht. Während das Verfahren gegen einen der betrogenen Betrüger eingestellt wurde, weil bei ihm ganz offensichtlich wirtschaftliche Not die treibende Kraft zu der zähen Verfolgung des Planes gewesen war, wurden zwei Beteiligte zu je fünf und zwei zu je vier Monaten Gefängnis verurteilt.

 

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde bei den Arbeiten im Bruch moderne Technik eingesetzt, was die Fördermengen von Gestein gewaltig vermehrte. Da nach dem Krieg eine sehr große Nachfrage nach Basaltstein einsetzte, wurde sogar ein ehemaliger, eigentlich schon ausgebeuteter Steinbruch wieder erschlossen. Bei diesem ehemaligen, handelte es sich um den Bruch Bilsteinkirche, wo nach dem damaligen Abbau ein großer See entstanden war, der den Helsaern und auch der Bevölkerung der umliegenden Orte als Badesee diente. Sonntags zogen ganze Familien in den Stiftswald Richtung Bilsteinsee, um ein Badevergnügen zu genießen. Wir Jungen der Altersklasse von 14 Jahren aufwärts, haben, wenn wir allein waren uns noch als Fischer betätigt, in dem wir mit Wasser und Karbit gefüllte Flaschen in den See warfen, um Fische zu fangen.

Auch wurde in den späteren Nachkriegsjahren ein Kleinbus zum Transport der Arbeiter in den Steinbruch eingesetzt. Aber noch einmal zurück zum Jahr 1934, als die CBI ihren Arbeitern den Stundenlohn von 42 Pfennigen auf 38 kürzen wollte. Mein Vater Walter Jordan arbeitete zu dieser Zeit im Steinbruch am Michelskopf Die Arbeiter waren über diese Maßnahme sehr empört und erklärten der Betriebsleitung, dass sie diese Lohnkürzung aus wirtschaftlichen Gründen nicht akzeptieren könnten. Die Betriebsleitung der CBI hatte dafür kein Verständnis und nahm die Kürzung nicht zurück. Darauf bildeten die Mitarbeiter eine Streikleitung, da sie erkannt hatten, dass nur mit einem Streik für sie die Möglichkeit bestand, die Lohnkürzung abzuwehren. Walter Jordan wurde zum Streikführer gewählt und begab sich zu den zwei anderen CBI Betrieben und zwar nach Eiterhagen und nach Kassel zum Steinbruch Druseltal , wo er auch diese Arbeiter zum Streik aufforderte, denn auch deren Löhne sollten gekürzt werden. Nachdem alle drei Betriebe der CBI eine Woche gestreikt hatten, wurde die Lohnkürzung zurück genommen und Walter Jordan entlassen.

Diesen Geschehnis von 1934 sollte auch ich noch selbst näher kennen lernen, denn als 1949 die Arbeitslosigkeit in Helsa sehr groß war, bemühten sich viele um eine Beschäftigung am Basaltwerk, so auch ich. Durch meinen Onkel Willi Schmidt der nach 1945 verpflichtet wurde am Basaltwerk zu arbeiten, ließ ich bei Herrn Rebstein auch nach einer Anstellung nachfragen. Die Antwort von Herrn Rebstein soll gewesen sein :"Ein Jordan kommt mir nicht mehr an den Grusberg".

Im Jahr 1960 wurde Herr Rebstein pensioniert und der neue Betriebsleiter wurde ein Herr Damm. Da die Steinbrüche im Abbaugebiet Stiftswald ausgebeutet waren, kam am 31.Dezember 1973 das Ende für das Basaltwerk Helsa.

 

Die Verladeanlagen im Bahnhofsgelände wurden abgebaut und auch der Brecher wurde so weit es möglich war zerstört. Doch da er ein gewaltiger Betonklotz war, hat man auf einen weiteren Abbau verzichtet. Angeblich wollten Belgische Pioniere, die in Nordhessen stationiert gewesen sind den Betonklotz sprengen, doch es hat nie eine Sprengung stattgefunden, so dass diese Reste des Basaltwerkes für die Ewigkeit am Rande des Stiftswaldes stehen werden.

 

In den ehemaligen Werkstätten hatte Herr Umbach aus Eschenstruth mehrere Jahre ein Sägegatter in Betrieb, wo er große Baumstämme zu Brettern und Balken verarbeitete. Warum er diesen Betrieb eines Tages einstelltet ist mir nicht bekannt, es kann möglich sein, dass der Transport des Holzes mit schweren LKWs zur Bearbeitungsstätte so hoch auf den Berg zu schwierig war.

 

Sein Nachfolger, Herr Klaus Blumenstein, der in Eschenstruth eine Leistenfabrik besitzt, übernahm kurze Zeit später den Betrieb, um dort auf einem ganz modernen Gatter Baumstämme zu Brettern zu verarbeiten.

 

 

Dieses ist der betriebliche Werdegang der „Rutsche" in Helsa, wie sie allgemein von den Bürgern genannt wurde.