Die Cigarrenfabriken in Helsa

 

Quelle

Helmut Jordan :Industrialisierung in Helsa

Geschichtsverein Helsa

 

Im Jahr 1898 wurde in Helsa eine Zweigstelle der Wolffschen Cigarrenfabrik aus Fürstenhagen eingerichtet. Die Leitung des Betriebes übernahm der Werkmeister Zahnwetzer. Dieser Betrieb schloss leider schon im Jahr 1905 wieder. Doch aus Mitteilungen, welche uns der dem Beobachter an der Losse vermittelt, ist zu ersehen, dass es in den Jahren des Bestehens ein lebhafter Betrieb gewesen sein muß.

 

Helsa, den 3. Oktober.

Die humoristische Abendunterhaltung des Fabrikvereins der L. Wolffschen Cigarrenfabrik hierselbst am Sonntagabend bot durch die ausgezeichnete Durchführung des abwechselungsreichen Programms den Besuchern einen schönen Genuß. Allen, die zum guten Gelingen des kleinen Festes beigetragen, gebührt herzlicher Dank, besonders ist der Werkmeister der Fabrik, Herr Zahnwetzer, bemüht gewesen, seinen Arbeitern eine angenehme Abwechselung im eintönigen arbeitsreichen Leben bieten zu helfen. Die Stimmung war darum auch allgemein die beste. Manch fröhlicher Scherz würzte die Unterhaltung, während der allgemeinen Kaffeepause, die für kurze Zeit den Tanz unterbrach Erst in später Stunde trennte man sich und fand sich am nächsten Tage nochmals zu einem gemütlichem Dämmerschoppen zusammen. Wer glaubte am vorherigen Abend zu wenig im Dienste Terpsichorenes geleistet zu haben, nahm hier nochmals Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen.

( Terpsichore = griechisch die Tanzfrohe )

 

Am 3. Januar 1901 war in selbiger Zeitung zu lesen:

Die Anghörigen der L. Wolffschen Cigarrenfabrik veranstalteten am Christsonnabend eine schöne Weihnachtsfeier. Herr Zahnwetzer leitete dieselbe mit einer kernigen Ansprache ein, in welcher er zu festem Zusammenhalt und treuer Pflichterfüllung ermahnte. Unter denjenigen Arbeitern und Arbeiterinnen der Fabrik, welche vier und mehr Jahre bei der Firma beschäftigt sind,fand später noch eine Verlosung von Beträgen von fünf bis fünfzig Mark statt.

 

Helsa, den 6. Februar 1901.

Wie gut Herr Zahnwetzer, der Leiter der hiesigen Wolff'schen Cigarrenfabrik, versteht, ein gutes Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herzustellen, geht daraus hervor, dass er seinen Arbeitern, wie schon öfter, so auch jetzt wieder ein Fest eigener Art zu veranstalten wusste. Herr Zahnwetzer arrangierte in seiner Privatwohnung eine sogenannte Spinnstube, wozu die in der Fabrik Beschäftigten, auf verschiedene Abende verteilt, eingeladen und mit einigen Glas Wein und einer guten Tasse Mocca bewirtet wurden Zur Unterhaltung der Gäste war ein Phonograph aufgestellt, welcher seine schönen Weisen ertönen ließ. Zwischendurch wurden die in den Spinnstuben üblichen Volkslieder gesungen. Die Feier wird den Teilnehmern eine bleibende angenehme Erinnerung sein. Es sei bemerkt, dass in der hiesigen Cigarrenfabrik ca 70 Leute Beschäftigung finden und trägt das Unternehmen wesentlich zur Hebung unseres Ortes bei. Von zuverlässiger Seite verlautet, dass der jetzige Leiter der Wolff schen Cigarrenfabrik von hier versetzt werden soll. Wir wollen nicht hoffen, dass sich dieses Gerücht bewahrheitet, umso mehr, als Herr Zahnwetzer sich nicht nur im Kreise seiner Arbeiter einer großen Beliebtheit erfreut, sondern auch in Freundeskreisen sehr geschätzt wird.

 

Fünf Jahre später wird in der gleichen Zeitung am 24. Februar 1906 folgendes mitgeteilt. Mit dem heutigen Tage hat die hiesige Filiale der L. Wolffschen Cigarrenfabrik aufgehört zu bestehen. Im Interesse des Ortes und der erwerbenden Bevölkerung ist dieses nur zu bedauern, denn mancher Familie wird dadurch ein leichter lohnender Nebenverdienst entzogen. Anmerkung: Vermutlich wurde viel Arbeit an Heimarbeiter vergeben, auf welche sich diese Äußerung bezieht. Der allgemein sehr beliebte Werkmeister Zahnwetzer verließ Helsa, um sich in Arnstadt Thüringen selbständig zu machen.

 

Im Jahr 1907 sollte Helsa jedoch wieder eine Cigarrenfabrik bekommen, aber nicht mehr in der Volmarschen Fabrik, sondern eine neue Fabrik wurde im AltenWeg gebaut.

 

Der Beobachter an der Losse ( Allgemeiner Anzeiger für den Amtsgerichtsbezirk Oberkaufungen) teilt am 5. April 1907 mit:

" Am gestrigen Abend hatte die Firma Glockenberg & Otte, die in Helsa eine Cigarrenfabrik gegründet haben, anlässlich der Fertigstellung des neuen Fabriksgebäude eine Feier veranstaltet", zu der viele Einladungen ergangen waren. Die Herren erwiesen sich als liebenswürdige Gastgeber und hatten alles aufgeboten, ihren Gästen einige angenehme Stunden zu bereiten, was ihnen auch vollständig gelungen ist. In verschiedenen Ansprachen wurde dem jungen Unternehmen eine gute Zukunft gewünscht und dem Wunsche Ausdruck gegeben, dass sich die Arbeiterzahl immer noch vergrößern möge, wie denn ja auch in den schön eingerichteten Räumen gut arbeiten ist. Den Schluß der Feier bildete ein flottes Tänzchen. Jedem Teilnehmer wird diese Feier noch lange in Erinnerung bleiben.

 

In selbiger Zeitung steht am 3. Juni 1912:

In der Nacht vom Freitag auf Sonnabend wurde in der hiesigen Zigarrenfabrik ein Einbruch verübt. Die Diebe entwendeten ca 2 Mille der ; besten Zigarrensorten. Der entstandene Schaden beziffert sich auf 400 Mark. Ein Polizeihund verfolgte die Spur bis zum Bahnhof Vermutlich sind die Diebe mit dem ersten Zug in der Frühe weggefahren.

 

Wie lange die Firma in Helsa hat Zigarren herstellen ließ, ist nicht bekannt. Der letzte Hinweis auf die Firma Glockenberg & Otte zeigt an, dass das Fabriksgebäude 1924 an den Kriegsblinden Friedrich Dorsch verkauft worden ist.

 

Dieses Haus wurde später von der Familie Huppach gemietet, im Krieg 1943 von der Familie Menne bezogen und ist heute Eigentum der Familie Hesse.

 

Eine weitere Zigarrenfabrik sollte sich in Helsa niederlassen. Im Sommer 1949 eröffnete die Firma Engelhardt aus Witzenhausen eine Filiale. Die Firma Leopold Engelhardt & Comp. mieteten den alten Saal der Gastwirtschaft König von Preußen an. Etwa 40 bis 50 junge , Brasil hell und dunkel gewickelt. Eine Zigarrenwicklerin musste am Tag ungefähr 2000 bis 3000 Wickel machen.

 

Für 1000 Stück bekam sie 7 DM. Bei dem Erreichen der Stückzahl 3000 mußte manche Wicklerin oft noch ihre Mitagszeit opfern. Die Arbeitszeit war von morgens 8 Uhr bis abends 18 Uhr, bei einer Stunde Mittagszeit. Der größte Teil der Arbeiterinnen kam aus Helsa, aber auch Auswärtige zählten zum Personal.

 

Im Jahr 1954 stellte die Firma ihren Betrieb in Helsa ein, um in Wanfried eine neue Produktionstätte zu eröffnen. Für diese neue Filiale gab es einen Bundeszuschuß ,.Zonenrandförderung", was somit der Firma Glockenburg & Otte größere Vorteile brachte.