Holzwerke Helsa

 

Quelle

Helmut Jordan :Industrialisierung in Helsa

Geschichtsverein Helsa

Seite 9 – 22

 

Elektrischer Stromanschluß für Helsa

 

Herculeswerke, Corsettfedernfabrik Heisa, den 25. Juni 1903

 

Mit fünfzig Mitarbeitern- und Mitarbeiterinnen wurde im Sommer 1903 die Produktion in Helsa aufgenommen. Die Leitung des Werkes übernahm Karl .Lahn, welcher als Werkmeister vorn Werk in Oberkaufungers nach Helsa versetzt worden war. Mit der Inbetriebnahme des Werkes, konnte auch die Gemeinde Helsa ihr Elektrizitätswerk, weiches sich schon seit Monaten im Bau befand fertig stellen und am 20. Oktober stand folgende Mitteilung im Losseboten von Oberkaufungers zu lesen. Helsa, den 20. Oktober 1903 „ Einem schon lange empfundene Uebel ist endlich abgeholfen worden. Seit einigen Tagen erstrahlt die. Gemeinde Helsa im elektrischen Lichterglanz ". Die Beleuchtungsanlage ist von der Firma Hercules - Werke zu Oberkaufungers, welche hier ihre Filiale hat, ins Werk gesetzt worden und funktioniert ausgezeichnet. Die Installation besorgte die Firma Landwehr & Schulz Cassel. Jedenfalls bedeutet die Anlage einen gewaltigen Fortschritt für Helsa.

 

Vom März 1903 bis zu ihrem Konkursverfahren am 28. Juli 1926 produzierten die Hercules Werke in Helsa. Die Produktion muß viele Jahre gut funktioniert haben , denn nicht nur in Europa , sondern auch in Amerika konnte für dieses Produkt ein Mark erobert werden. Leider sollte sich mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges hier vieles ändern, denn ab jetzt wurden andere Produkte gebraucht. Was nun in den Kriegsjahren von den Hercules Werken hergestellt worden ist, konnte leider nicht ermittelt werden.

 

Bei der Versteigerung der Hercules - Werke hat auch die Gemeinde Helsa mitgeboten, doch den Zuschlag bekam die Creditbank in Cassel für 60 000 Mark. Die Creditbank verkaufte am 30. Mai 1927 das Werk an die Gemeinde HELSA für ebenfalls 60 000 Mark. Weitere 20 000 Mark sollten für besondere Reparaturen noch investiert werden. Am 17. Juni 1927 entschied sich die Gemeinde Helsa zur Verpachtung des Werkes. Das Elektizitätswerk wurde in Regie der Gemeinde Helsa fortgeführt. Der bisherige Maschinist Georg Mohr aus Helsa wurde von der Gemeinde übernommen. Außerdem stellt die Gemeinde Helsa den Elektromeister Heinrich Rinke ein.

 

Am 1. November 1927 wird das Sägewerk, wie es jetzt heißt, an Herrn Roske ( einem Schwager von Herrn Wilhelm Scheck ) dem ehemaligen Besitzer der Hercules - Werke für einen Zeitraum von 6 Jahren verpachtet. Die Firma nannte sich nun: Holzwerke Helsa, Georg Roske jr. Säge- und Holzwerk, Holzbearbeitung, Parkettfabrikation. Der spätere Bürgermeister Kunz wird Buchhalter.

 

Zur Überraschung der Gemeinde gab Herr Roske am 1. Juni 1930 das Werk auf und verlässt Helsa in Richtung Gera. Bürgermeister Dippel nimmt für die Gemeinde das Sägewerk in Obhut und führt auf Kosten der Gemeinde den Betrieb mit Lohnschnitt weiter.

 

Da jedoch die Gemeinde Helsa mit der Fortführung Schwierigkeiten bekam, war ihr sehr daran gelegen wieder einen Pächter für das Sägewerk zu finden. Vier Jahre später konnte durch die Vermittlung von dem Holzkaufmann Josef Weitzel aus Kassel ein neuer Pächter gefunden werden. Die Firma Emil Seifert u. Söhne aus Marienberg im Erzgebirge war an der Belieferung von Buchenholz sehr interessiert, da sie ein Sägewerk und eine Fabrik für die Herstellung von Kofferbügeln besaß. Zur Herstellung der Kofferbügel benötigte sie Buchenholz, das es in den Wäldern um Helsa herum ausreichend gab. Somit wurde zwischen der Gemeinde Helsa und der Firma Emil Seifert u. Söhne am 16. November 1934 ein Pachtvertrag abgeschlossen. Bedingung war, dass das Elektrizitätswerk in der Regie der Gemeinde Helsa verblieb. Mit der Führung des Betriebes wurden zwei Söhne von Herrn Emil Seifert betraut. Herr Karl Seifert, der das Sägewerk mit Holz versorgte und sein Bruder Georg , der zuständig für die Arbeit am Gatter war, wo aus den Baumstämmen, die sein Bruder Karl auf einem Spezial LKW aus den Wäldern herbei holte,Bohlen und Bretter geschnitten wurden. Außerdem darf die Ehefrau von Karl nicht vergessen werden, denn sie war für die Arbeit im Büro zuständig. Beide Söhne waren mit ihren Familien nach Helsa gekommen und gehörten ganz schnell zur Dorfgemeinschaft, wenn auch ihr sächsischer Dialekt stets aufzeigte, wo ihre Wiege gestanden hatte.

 

Emil Seifert und Söhne übernimmt Sägewerk

 

Ab Januar 1934 war das Sägewerk wieder verpachtet worden an die Firma Emil Seifert, Söhne Kofferbügelfabrik, Marienberg / Sachsen. Im Auftrag des Herrn Reg. Präsidenten (Gemeindeprüfungsamt) in Kassel vom 11. Januar 1935 prüfte der Wirtschaftsprüfer Fritz Matheus, Hanau, die Jahresrechnung und die Wirtschaft des Elektrizitäts- und Sägewerks der Gemeinde Helsa für den Zeitraum vom 1.4.1933 bis zum 31.3.1934.

 

Bilanzen lagen damals noch nicht vor, sie wurden für den Prüfungszeitraum von dem Wirtschaftsprüfer selbst ausgearbeitet.

 

Diese aufgestellte Bilanz für das Rechnungsjahr 1933 bildete die Grundlage für die in den folgenden Jahren vom Gemeindeprüfungsamt des Landkreises Kassel aufgestellte Berechnung.

 

Mit dem Ausbruch des Krieges im September 1939 trat auch bei der Firma Emil Seifert & Söhne eine Veränderung ein. Zum bisherigen Aufarbeiten von Stammholz kam nun noch die Herstellung von Munitionskisten, welche die deutsche Wehrmacht zum Transport von Granaten benötigte. Auch im Bezug auf das Personal traten Veränderungen ein. Die jüngeren Mitarbeiter wurden zum Militärdienst einberufen, so dass man an ehemalige Mitarbeiter, welche schon Rente bekamen herantrat und ihnen eine Weiterbeschäftigung anbot. Im Jahr 1942 wurden der Firma Seifert russische Fremdarbeiter zugewiesen. Für Unterkunft und Verpflegung musste die Firma selbst sorgen. Eine kleine Baracke wurde auf dem Werksgelände errichtet, worin diese Arbeitskräfte untergebracht werden konnten. Mein Großvater Adolf Jordan, als einer der ehemaligen Mitarbeiter übernahm die Betreuung. Da Frau Seifert immer sehr bemüht war die Arbeiter im Bezug auf Essen und Kleidung gut zu versorgen, waren diese Leute auch fleißig und es gab nie ein Problem, wie der Großvater oft sprach.

 

Stromverbrauch steigt

 

Da der Strombedarf in Helsa immer größer wurde, reichte die Leistung der vorhandenen Turbine nicht mehr aus, dem Sägewerk weiterhin die volle Stromproduktion zu überlassen. Es wurde zwischen der Firma Seifert und der Gemeinde Helsa beschlossen, dass die Firma Seifert eine Lokomobile anschafft, womit durch eine Verbrennung von Abfallholz über eine Dampfmaschine Strom erzeugt werden kann. Zur Bedienung dieser Lokomobile kam ein weiteres Familienmitglied der Familie Seifert nach Helsa. Es war Herr Walter Seifert, ein Enkel des Firmenbesitzers Emil Seifert. Nach einiger Zeit ließ Herr Walter Seifert seine Familie aus Marienberg nach Helsa nachkommen.

 

Am 2. April 1939 verkaufte die Gemeinde Helsa das Sägewerk für 48 000 RM an die Firma Seifert. Die auf dem Grundstück befindliche Elektrizitätsanlage blieb weiter Eigentum der Gemeinde Helsa. Außerdem verpflichtete sich die Firma Seifert, den von ihr erzeugten Strom bei Bedarf gegen Entgeld in das Gemeindenetz mit einzusetzen.

 

Ein großes Problem dagegen kam von einer anderen Seite, wie zu ersehen ist.

 

Mit der Inbetriebnahme des Munitionswerkes in Hirschhagen wurde das Wasser der Losse stark mit Laugen und hohen Säureanteilen belastet. Das Wasser der Losse wurde seit 1900 zum Antrieb der Turbinen in der von Herrn Sellnick gebauten Fabrikanlage benutzt. Wie aus den beigefügten Unterlagen zu ersehen ist, kam nun nach zirka 40 Jahren das Aus. Sämtliche Turbinen im Lossetal zwischen Helsa und Kassel mussten ihren Betrieb einstellen. Das verunreinigte Wasser zerfraß nicht nur die Metallteile der Turbinen, sondern zerstörte das gesamte Leben im Fluß und vergiftete die Wiesen der Bauern, welche nicht mehr bewässern werden durften. Die Farbe des Wassers war oft rot wie Blut und sehr viele Fische schwammen tot flussabwärts. Oft standen wir Kinder auf den Lossebrücken und sahen diesem traurigen Schauspiel zu, ja wir hatten es nie für möglich gehalten, dass es in der Losse so viel Fische geben würde. Mein anderer Großvater Wilhelm Träbing benutzte das Wasser zum Füllen seines Wetzefasses, denn er war der Meinung,die Sense schneidet das Getreide besser, wenn der Wetzstein in diesem Wasser steht.

 

Gemeinde Helsa stellt eigene Stromversorgung ein

 

Die Gemeinde Helsa musste die eigene Stromerzeugung einstellen und bezog nun ihren Strom von der EAM ( Elektrizitätsgesellschaft Mitteldeutschlands) . An der Straße zum Basaltwerk wurde eine Transformationsstation errichtet, von wo aus die Versorgung ins Ortsnetz eingespeist wurde.

 

Nachdem der unglückliche Krieg 1945 auch Helsa erreicht hatte, kam für das Sägewerk der Familie Seifert am Mittwoch, dem 4. April 1945 das Aus. Von amerikanischen Granaten getroffen, ging es in Flammen auf und brannte völlig nieder. Weit leuchtete der Feuerschein über das Dorf und viele Menschen erkannten, dass dieses erst der Anfang der Zerstörungen von Helsa sein wird. Gleich nach dem Krieg begann der Wiederaufbau, doch sein eigentliches Aussehen mit den zwei kleinen Türmchen hat das Sägewerk nie mehr bekommen. Es wurde nur so viel wieder aufgebaut, dass die Arbeit wieder aufgenommen werden konnte und sonst nichts mehr. Aus dem Stammwerk in Marienberg wurde kurz nach dem Krieg 1946/1947 die Produktion der Kofferbügelherstellung nach Helsa verlagert. Innerhalb des Werkes wurde ein Betrieb eingerichtet für diese neue Aufgabe. Als Leiter dieser Abteilung kam ein weiterer Sohn des Firmenbesitzers Emil Seifert der Herr Fritz Seifert mit Familie.

 

Zwischen der Gemeinde Helsa und der Firma Emil Seifert & Söhne kam es 1946 zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen der weiteren Benutzung des Elektrizitätswerkes auf dem Werksgelände.

 

Durch die großen Zerstörungen im 2. Weltkrieg konnte die Firma Emil Seifert & Söhne sehr viel Bauholz zum Wiederaufbau liefern und hatte somit über viele Jahre hinaus Arbeit für ihre Belegschaft Der Personalbestand erhöhte sich erheblich, denn die Nachfrage nach Bauholz nahm stets zu. Doch leider veränderten sich die Zeiten der Nachfrage und die Firma Seifert versäumte es, sich auf auf andere Produkte umzustellen, so dass sie im harten Kampf mit Konkurrenten nicht mehr bestehen konnte. Die Kofferbügelherstellung kam mit der Produktion von Kunststoffschalenkoffern völlig zum erliegen und auch die Nachfrage nach Bauholz ging so stark zurück, dass 1971 die Firma Emil Seifert & Söhne eine Insolvenz anmelden musste.

 

Nachdem 1972 das Verfahren abgeschlossen wurde, kam nach 37 Jahren das Aus. Der Fuhrunternehmer Heinz Umbach aus Eschenstruth erwarb aus der Konkursmasse das Sägewerk und betrieb es bis 1988. Da über viele Jahre keine Erhaltungsmaßnahmen mehr unternommen wurden, war das ganze Sägewerk in einem sehr schlechten Zustand und die Gewerbeaufsicht verlangte im Bezug auf die Sicherheit der Arbeiter größere Investitionen oder es drohte die Stilllegung.

 

Da es über die gerichtliche Auseinandersetzung der Gemeinde Helsa und der Fa. Emil Seifert Söhne keine Unterlagen gibt, ist anzunehmen, dass ein Vergleich im beiderseitigen Interesse geschlossen wurde.

 

Schneller Abriß, Sägewerk nur noch Schutt und Staub

 

In einer Pressemitteilung vom 5. Mai 1988 heißt es:

 

Fast 100 Jahre gehörte das Sägewerk zum wohlbekannten Erscheinungsbild am Sportplatzweg in Heisa. Keine Woche dauerte es und nur noch Schutt und Asche sind von dem Gebäudekomplex übrig geblieben. Bagger und Bulldozer leisteten in den vergangenen Tagen ganze Arbeit. Eindrucksvoll war vor allem der Abriß des hohen Schornsteines, der unter der Wucht der Baggerschaufel in sich zusammensackte und eine riesige Staubwolke verursachte. Und genauso schnell gestürzt waren die Wände, Giebel und die Fassaden des alten Sägewerkes.

 

Die Gemeinde Helsa hatte das Betriebsgelände von dessen Inhaber Heinz Umbach für rund 120. 000 DM gekauft. Anfang April wechselten die Besitzer. Der Inhaber gab das Gebäude ab, da es für 100:000 DM hätte saniert werden müssen, um die Auflagen des Gewerbeamtes Zu erfüllen. Die Abrissgenehmigung des Gebäudes wurde umgehend von der Gemeinde in die Tat umgesetzt, damit das Grundstück am Sportplatzweg noch rechtzeitig bis zum Lichterfest im September zum neuen Helsaer Festplatz umgestaltet werden kann. Der künftige Ort zum Feiern hat eine großzügige Gesamtfläche von rund 11 000 Quadratmetern, 2000 Quadratmeter im vorderen Teil des Grundstückes wurden von dem Unternehmer an ein Autohaus verkauft.

 

Der Festplatz soll nach den Aufräumungsarbeiten mit einer Schotterschicht versehen, Parkplätze sollen angelegt, und das Gelände begrünt werden, so die Auskunft von Bauamtsleiter Harald Stöber. Der Abbruch des Sägewerkes kostete der Gemeinde 35. 000 DM. Die Gemeinde bietet den Helsaern die abgerissenen Holzbalken, die noch auf dem Gelände des ehemaligen Sägewerkes lagern, als Brennholz für einen geringen Obolus zum Verkauf.