Uni Kassel

Universität Gesamthochschule Kassel

Pressemitteilung 105/97
21. Oktober 1997
Universität Gesamthochschule Kassel trauert um Dr. Karl Branner

Ein Freund und unermüdlicher Förderer der GhK

Kassel. Die Universität Gesamthochschule Kassel (GhK) reagiert mit Trauer auf den Tod von Dr. Karl Branner, dem ehemaligen Oberbürgermeister Kassels und Ehrensenator der GhK. "Dr. Branner war der größte Kämpfer für die Errichtung einer Universität in Kassel - und er war ein treuer Freund und Unterstützer der Gesamthochschule seit der Gründung bis heute", so Universitätspräsident Prof. Dr. Hans Brinckmann. Die nordhessische Uni hatte Branner 1984 zu ihrem ersten Ehrensenator ernannt, eine Ehre, die bislang nur fünf Personen, darunter Prof. Dr. Ludwig von Friedeburg und Ludwig Georg Braun, zuteil wurde. Brinckmann weiter: "Seine weitblickende Leistung und Zähigkeit, in Kassel eine Universität zu errichten, wird im 25-Jahr-Buch "Profilbildung" spannend und anschaulich beschrieben. Die folgenden Zitate daraus mögen seine Anstrengungen verdeutlichen. Der Kasseler Historiker Dr. Jürgen Nautz schreibt dort:
Zitatanfang: "Wenn man sich die Entwicklung der bundesdeutschen Bildungsdebatten inhaltlich wie zeitlich vor Augen hält, so kann man sagen, daß der Sozialdemokrat Karl Branner durchaus die Zeichen der Zeit erkannt hatte, als er 1958 - zu dieser Zeit noch Kasseler Wirtschaftsdezernent und Bürgermeister - erstmals Kassel als Universitätsstandort in die öffentliche Diskussion brachte." (aus: Profilbildung. Texte zu 25 Jahren Universität Gesamthochschule Kassel, vdf Verlag, Zürich, 1996; hier: Dr. Jürgen Nautz. Die historische Chance - Zur Entstehungsgeschichte der Gesamthochschule in Kassel, S. 41).
In den frühen 60iger Jahren galt das öffentliche Interesse in Kassel noch der Errichtung einer Medizinischen Akademie, aus der heraus man dann eine Universität entwickeln wollte. Diese Hoffnung zerschlug sich und mündete letztlich in der Ausbildung eines Akademischen Lehrkrankenhauses (Stadtkrankenhaus) der Marburger Universität. Trotz aller Rückschläge verlor die Spitze der Stadt Kassel ihr Interesse an einer Universitätsgründung nicht aus den Augen. Nautz weiter:"1964 gab es in Kassel auf Initiative Branners die erste Kasseler Universitätswoche (...). Branner erwähnte die Möglichkeit einer Medizinischen Akademie, aber auch einer Technischen Hochschule für Kassel,". Und weiter: "1966 nahm Kassel einen erneuten Anlauf (....) .... Aufgrund der deutlich ablehnenden Haltung Wiesbadens bemühte sich Branner, mittlerweile Oberbürgermeister Kassels, das Land zumindest auf die Position festzulegen, daß Kassel im Falle der Neugründung einer Hochschule als Standort vorgeschlagen wird." (Nautz, S. 42, 43).
Oberbürgermeister Branner blieb trotz aller - auch parteiinterner Hindernissen - weiterhin bei seinem Anliegen und gründete einen Beraterkreis mit führenden Vertretern Nordhessens. Er fand weitere Unterstützung durch einen Bürgerverein "Arbeitskreis Universität Kassel", aus dem heraus der Kasseler Hochschulbund, die Freundesvereinigung der GhK entstand und der er bis zu seinem Tod angehörte. "Branner sah durchaus die Möglichkeit, Kassel als Modellfall zu entwickeln. Er dachte dabei ein wenig an das Modell einer Stiftungsuniversität (...), aber auch an Mischformen. Auch in anderer Hinsicht, meinte er, könne die Kasseler Hochschule Modell werden "nämlich in der Integration unseres Stadtkrankenhauses, der Hochschule für bildende Künste, vielleicht auch der Fachhochschulen und der Bibliotheken, die wissenschaftlichen Rang besitzen. ... eine Neugründung wird nicht im klassischen Sinne erfolgen können. Wir werden zunächst in starkem Umfang Teiluniversitäten brauchen und bekommen. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern die Auffassung vieler Wissenschaftler und Kulturpolitiker. Und ein weiteres: Die Gesamthochschule gilt als Modell der Zukunft; und für eine solche Einrichtung bietet sich Kassel regelrecht an, und zwar gerade wegen der eben schon genannten Einrichtungen, die Kristallisationspunkte darstellen und Integration wie Durchlässigkeit möglich machen." (Nautz, S.41)
Branner verwies auf die Notwendigkeit, Studienplätze für die zu erwartende Zahl Studierwilliger aus dem Einzugsbereich Kassels zu schaffen. Weiter betonte er den technisch-naturwissenschaftlichen Charakter, den die Hochschulgründung in Kassel haben sollte. Branner damals: "Unsere Stadt hat in ihrer langen Geschichte ein glückliches Verhältnis zur technischen Entwicklung gezeigt. Kassel als Platz einer Technischen Universität war schon immer mein Ziel, das ich seit 1958 der Öffentlichkeit nicht verschwiegen habe. Das bedeutet eine Universität mit naturwissenschaftlichen und technischen Fachbereichen. Selbstverständlich sollten geisteswissenschaftliche Fächer hinzukommen." (Nautz, S.41)

Die äußerst spannende Gründungsgeschichte mündete im Februar 1970 in einen Kabinettsbeschluß. "Nun hat er (K. Branner) sieben Jahre gebohrt und gebohrt und es endlich geschafft", sagte damals Ministerpräsident Oswald, so ein weiterer Auszug aus dem Text von Nautz (S. 60)

Daß bereits im Wintersemester 1971/72 das AVZ in Oberzwehren errichtet und die ersten GhK-Studenten beginnen konnten, war auch auf das anhaltende Engagement Branners zurückzuführen. "Der Tod von Karl Branner ist für die Stadt Kassel, und ganz besonders für die GhK, ein großer Verlust. Wir haben in ihm zeitlebens einen so einhelligen und begeisterten Förderer gehabt, wie ihn sich eine junge Universität nur wünschen kann. Und er war ein anregender und liebenswürdiger Gesprächspartner, der seine Ideen engagiert entwickeln und damit überzeugen konnte. Die Hochschule wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren", unterstreicht Hochschulpräsident Brinckmann.

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(letzte Änderung am22.10.97)