Geschichte


Vitrine 1

Einführung

Die hier ausgestellten Werke eröffnen Perspektiven auf Kulturen außerhalb Europas. Sie zeugen vom großen Interesse, das Menschen in Europa vermeintlich „fremden“ Gesellschaften entgegenbrachten, indem sie ihre Kunst, Kultur und Geschichte dokumentieren ließen oder bedeutende Kulturschätze für ihre Sammlungen erwarben. Gleichzeitig spiegeln sie aber auch den kolonialen Blick Europas auf die Welt wider.

Der ‚Codex Mendoza‘ [01] dokumentiert die aztekische Kultur und Gesellschaft vor der spanischen Eroberung und verweist zugleich auf die Umwälzungen, die die Kolonisation mit sich brachte. Hier wird die Gründung der Hauptstadt des Aztekenreiches (Tenochtitlan), die später von den Spaniern zerstört und überbaut wurde, zum Zeugnis einer untergegangenen Lebensweise. Der ‚Codex Borgia‘ [03] verschafft einen Eindruck von der religiösen und astrologischen Weltsicht der Azteken, die durch die Ankunft der Europäer fundamental herausgefordert wurde.

Das ‚Buch der Könige‘ (Shahnama) [02] prägte die kulturelle Identität Persiens nachhaltig und überliefert die Geschichte und Sagenwelt der vorislamischen Zeit. Das Manuskript gelangte Anfang des 20. Jahrhunderts nach Europa, wurde später zerschlagen und ist heute weltweit auf verschiedene Sammlung verteilt.

Objekte

Vitrine 1, Objekt 01

[01] Codex Mendoza

um 1541
Mexiko
Gründung von Tenochitlan(≈ Mexiko Stadt):  fol. 2r (rechte Seite)

Original: Oxford, Bodleian Library, MS. Arch. Selden. A. 1
– Faksimile: wbg, Darmstadt 2021

Digitalisat der Bodleian Library


Vitrine 1, Objekt 02

[02] Buch der Könige (Shahnama von Shah Tahmasp)  

um 1520 – 1535
Tabris

Kampf von Rustam und Kamus – fol. 271r (linke Seite)
Kampf von Rustam und Chungish – fol. 272v (rechte Seite)

Original: Das ursprüngliche Manuskript mit 258 Miniaturen wurde in den 1970er Jahren aufgelöst und befindet sich heute in öffentlichen und privaten Sammlungen weltweit, u.a. im New York, Metropolitan Museum of Arts und im Tehran Museum of Contemporary Art
–  Faksimile: Yale University Press, New Haven 2011

– Digitalisat der Sammlung des Metropolitan Museum of Arts

Digitalisierte Einzelseiten auf Wikimedia Commons


Vitrine 1, Objekt 03

[03] Codex Borgia (auch: Codex Yohualli Ehecatl)  

16. Jahrhundert
Süd-Mexiko

Aztekischer Kalender– fol. P. 53-56 (von rechts nach links)

Original: Rom, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Borg. Mess.
– Faksimile: ADEVA, Graz 1976

– Digitalisat der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek

Vitrine 2

Einführung

Hier stehen politische, spirituelle und künstlerische Aufbrüche im Fokus. Das ‚Stundenbuch des Herzogs von Berry‘ [5] spiegelt die persönliche Frömmigkeit und den Kunstsinn seines Besitzers wider, aber auch ihre Bedeutung für die Herrschaftsrepräsentation. Der Herzog hat dies in einigen Miniaturen prachtvoll in Szene setzen lassen, etwa den Beginn seiner Pilgerreise, die seinen spirituellen Aufbruch symbolisiert.

Das ‚Brüsseler Stundenbuch des Herzogs‘ [6] markiert im Unterschied dazu einen künstlerischen Aufbruch. Durch die Übernahme einer neuen Technik aus der Gemäldekunst (Demi-Grisaille-Technik) konnten Form, Licht und Schatten der Sujets besonders in Szene und neue Standards in der französischen Illuminationskunst gesetzt werden.

Das ‚Evangeliar Heinrich des Löwen‘ [7] stellt ein herausragendes Beispiel der romanischen Buchkunst dar. Die kostbaren Buchmalereien unterstreichen auch den Herrschaftsanspruch des Herzogs. Die Krönungsszene markiert den Herrschaftsbeginn Heinrichs und damit seinen persönlichen Aufbruch und Aufstieg zu einem einflussreichen Akteur im Reich.

Die ‚Goldene Bulle von Kaiser Karl IV. ‘ [4] regelt die Wahl der römisch-deutschen Könige und Kaiser und definierte die mittelalterlichen Machtstrukturen neu. Sie blieb in Teilen bis in die Neuzeit gültig und wurde 2013 in das UNESCO-Register „Memory of the World“ aufgenommen.

Objekte

Vitrine 2, Objekt 04

[04] Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV.

(Prachtexemplar König Wenzels IV. )

nach 1400
Prag

Titelseite der Goldenen Bulle – fol. 1r (rechte Seite)

Original: Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Vindob. 33
– Faksimile: ADEVA, Graz 1977

Digitalisat der Österreichischen Nationalbibliothek


Vitrine 2, Objekt 05

[05] Les Petites Heures des Duc de Berry

1372 – 1390
Paris

Aufbruch des Duc zu einer Pilgerreise – fol. 288v (linke Seite)

Original: Paris, Bibliotheque Nationale, Ms. lat. 18014
–  Faksimile: Faksimile-Verlag, Luzern 1989

Digitalisat der Französischen Nationalbibliothek


Vitrine 2, Objekt 06

[06] Brüsseler Stundenbuch des Duc de Berry

um 1400
Frankreich

Flucht nach Ägypten – fol.  106 (linke Seite)

Original: Brüssel, Bibliotheque Royale, Ms. 11060-61
–  Faksimile: Faksimile-Verlag, Luzern 1996

– Digitalisat der Königlichen Bibliothek Brüssel


Vitrine 2, Objekt 07

[07] Evangeliar Heinrichs des Löwen

(Evangeliarium Heinrici Leonis) 

um 1775 – 1188
Helmarshausen

Krönung Heinrichs des Löwen – fol. 171v (linke Seite)

Original: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 105 Noviss. 2°
–  Faksimile: Insel-Verlag, Frankfurt a. Main 1989

– Digitalisat der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

Vitrine 3

Einführung

Diese Vitrine ist wichtigen gesellschaftlichen, rechtlichen und historischen Aufbrüchen gewidmet. Chroniken und Rechtsbücher spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen wider und setzten neue Impulse. Die Verwendung der deutschen Sprache in diesen Textgattungen war neu und trug zu ihrem Erfolg bei.

Als eines der ältesten kodifizierten Werke mittelalterlichen Rechts hielt der ‚Sachsenspiegel‘ [10] das sächsische Gewohnheitsrecht fest und wurde Vorbild für zahlreiche mittelalterliche Rechtsbücher. Der Codex behandelte das Land- und Lehnrecht und blieb im sächsischen und norddeutschen Raum zum Teil bis in die Neuzeit eine wichtige Rechtsgrundlage.

Die ‚Weltchronik des Rudolf von Ems‘ [09] ist als Auftragswerk des staufischen Königs Konrad IV. der biblischen Geschichte der Welt gewidmet. Als erste in deutscher Sprache verfasste Weltchronik prägte sie die folgende spätmittelalterliche Weltchronistik nachhaltig.

Dagegen entstand die ‚Chronik des Konzils zu Konstanz‘ [08] in einer Zeit religiöser Umbrüche und Neuorientierung. Der Einigung der Kirche durch die Beendigung des Abendländischen Schismas standen neue reformatorische Bestrebungen gegenüber, deren Bekämpfung nicht dauerhaft gelang.
Mit seiner ‚Grossen Burgunderchronik‘ [11] hat der Berner Chronist Diebold Schilling die Ereignisse und den Kriegsalltag der Burgunderkriege festgehalten. Schilling war selbst Teilnehmer des blutigen Konflikts zwischen dem Herzogtum Burgund und der schweizerischen Eidgenossenschaft mit ihren Verbündeten. Der Konflikt läutete den Untergang Burgunds ein, während die Eidgenossenschaft ihre Unabhängigkeit langfristig behauptete.

Objekte

Vitrine 3, Objekt 08

[08] Ulrich von Richental: Das Konzil zu Konstanz

um 1465
Konstanz

Verbrennung d. Magisters Johann Hus – fol. 58 r (rechte Seite)

Original: Konstanz, Rosgartenmuseum, Hs. 1
– Faksimile: Otto Keller-Verlag, Starnberg 1964

–  Digitalisate einzelner Blätter auf Wikimedia Commons

– Podcastfolge zum Konzil von Konstanz beim Deutschlandfunk


Vitrine 3, Objekt 09

[09] Rudolf von Ems: Weltchronik

Ende des 13. Jahrhunderts
Konstanz

Jakob zieht nach Ägypten – I fol. 39r (rechte Seite)
Josef empfängt seinen Vater – I fol. 39r (linke Seite)

Original: Kantonsbibliothek, Vadiana (Sankt Gallen), Ms 302 Vad.
– Faksimile: Faksimile-Verlag, Luzern 1982

– Digitalisat der Kantonsbibliothek St. Gallen


Vitrine 3, Objekt 10

[10] Sachsenspiegel (Heidelberger Bilderhandschrift)

Anfang des 14. Jahrhunderts
Ostmitteldeutschland

Szenen aus dem Landrecht – fol. 8v- 9r (Doppelseite)

Original: Universitätsbibliothek Heidelberg
– Faksimile: Inselverlag Frankfurt a. M. 1970

– Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg


Vitrine 3, Objekt 11

[11] Diebold Schilling d. Ä.: Große Burgunder Chronik

1456 – 1484 (?)
Bern

Belagerung von Grandson – fol. 519r (rechte Seite)

Original: Zürich, Zentralbibliothek, Ms A 5
– Faksimile: Faksimile-Verlag, Luzern 1993

– Digitalisat der Zentralbibliothek Zürich