Bad Ems, Hess. Badehaus

Bad Ems, Hess. Badehaus

Das Bad in Ems mit den Thermalquellen, die zu Trink- und Badekuren genutzt wurden, gehört zu den ältesten Heilbädern nördlich der Alpen. Um 1320 erstmals erwähnt, herrschte  hier bald ein reger Badebetrieb mit zahlreichen Gästen, weltlichen wie geistigen Herren.[409]

Seit 1479 gehörte die Vogtei Ems gemeinschaftlich den Landgrafen von Hessen (infolge des Katzenelnbogischen  Erbes)  und den Grafen von Nassau. Dies führte immer wieder zu Streitigkeiten,  vor allem in Bezug auf notwendige Baumaßnahmen.[410] Neben dem seit dem Ende des 14. Jahrhunderts vorhandenen nassauischen „Oberbad“  lag das katzenelnbogische „Unterbad“, dazu kamen weitere Badehäuser, die alle aber Mitte des 16. Jahrhunderts erneuerungsbedürftig waren.

Am 5. Juni 1581 schlossen die beiden Brüder Wilhelm IV. und Philipp von Hessen einen Vergleich mit dem Grafen von Nassau, wonach Hessen „wegen des mehrfach verspürten Raummangels im Bade Ems an dem Thurm daselbst einen neuen stattlichen Bau von circa 100 Schuh errichten darf“[411]. Schon vorher war allerdings mit den Bauarbeiten am neuen Badehaus direkt an der Lahn in unmittelbarer Nähe der Thermalquellen begonnen worden, das zwei Jahre später vollendet war. [412] „Hat in anno 1583 der fürneme Fürst Landgraff Wilhelm zu hessen / hochlöblicher gedechtnus / ein fürstlichen baw mit uberaus vielen bequemlichen gemachen dem bahdenden zu underhalt und herberg zurichten unnd setzen lassen“ schreibt Dilich in der Hessischen Chronica.[413] Ein Einrichtungsinventar von 1583 bestätigt den Abschluß der Arbeiten.[414] Erst 1913 wurde dieser Bau endgültig abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.

Die bisher nicht bekannten Zeichnungen und Schriftstücke stammen aus der Planungsphase des Gebäudes, die nach Ausweis der Akten[415] bereits 1577 mit grundsätzlichen Überlegungen einsetzte. Der große Aufriss stammt von Hans Müller, dem  Sohn des Kasseler Hofschreiners und Baumeisters Christof Müller, der 1580 von Landgraf Wilhelm IV. nach Ems beordert wurde, „Welchermaßen wir vorhabens seindt einen baw zu Embs zuvergroßerung des badts, auch vonn deßwegen das wir sambt den unsern wenn wir das badt prauchen desto beßer underkommen konnen, vorzunehmen“[416]. Die von ihm signierte und auf 1580 datierte  Zeichnung dürfte in diesem Zusammenhang entstanden sein.

 

2° Ms. Hass. 107 [96]

Hans Müller,Aufriss, kombiniert mit Schnitt und Grundriss, 1580

Die "Abreißung des Baues / zu Embs" (rückseitiger Titel), im Zwerchgiebel signiert: "HANS MULLER / 1580",  kombiniert untereinander auf einem großformatigen Blatt einen Aufriss in schwarzer Feder, in den in roter Feder ein Längsschnitt integriert ist, mit einem Grundriss des Kellers, in den in gleicher Weise mit roter Tinte ein Erdgeschoßgrundriss eingezeichnet ist. Deutlich wird, wie sich der Baumeister die Verbindung der alten und neuen Bauteile vorstellt. Die Geschoßgliederung des Neubaus orientiert sich am alten Bestand, wobei im hohen Erdgeschoß  ein zusätzliches Zwischengeschoß eingezogen ist. Die Einzeichnung von Öfen in diversen Räumen sowie der prächtige Kamin im großen Saal verdeutlichen, dass hier ein besonderer Komfort angestrebt war, da das Bad ja ausschließlich für die fürstliche Hofgesellschaft vorgesehen war. Bereits im August 1579 hatte Landgraf Wilhelm IV. , der mehrfach zu Kuraufenthalten in Ems weilte, in einem Brief an den Grafen von Nassau festgelegt, dass in dem neuen Bad: „zween bade katen, einen vor die hern, / den andern vor das Frawenzimmer, sambt zweien Außziehe stub,, / lein, so hartt an den baden stehen sollen, zupringen,  und darzu / die zwo Adern, so in der Lahn stehen, zugebrauchen, damit wir / oder ander hern daselbsten unsern handel allein hetten, undt andern / gute leuthe in den andern baden, nicht verhindert oder betrengt / würden“[417]. Im Erdgeschoß ist demgemäß im alten Bau ein mittig unterteilter Raum mit Badebecken eingezeichnet, der von zwei beheizbaren Vorräumen begleitet wird. Zwei Wendeltreppen erschließen die verschiedenen Geschosse, wobei allerdings die der Stirnseite vorgesetzte Treppe offensichtlich nicht mehr genutzt werden sollte, wie die schwarzen Schraffuren in den Türöffnungen andeuten. Die in das Gebäude integrierte Wendeltreppe zwischen altem und neuem Bau ist in diesem Fall so eingesetzt, dass sie horizontale und vertikale Verbindungswege eröffnet.

Hans Müller, „unseres bawmeijsters Sohn“, war im April 1580 zusammen mit Hans Wetzel zur Planung des Bades nach Ems  geschickt worden. Am 23.8.1580 bestätigt Landgraf Wilhelm IV. in einem Brief an Hans Müller den Erhalt von „zweijen Abreijßungen“, wobei er vermerkt, dass ihm der von einem Mainzer Baumeister verfertigte Entwurf (über den nichts weiter bekannt ist) nicht gefalle und deshalb nicht zur Ausführung kommen solle. [418] Somit kann man davon ausgehen, dass der Entwurf des Kasseler Baumeisters umgesetzt wurde. Die Ansicht von Merian 1655,[419] die auch Daniel Horsts Beschreibung des Bades von 1676 zugrunde liegt, zeigt dementsprechend das neue Gebäude von der Lahnseite in sehr ähnlicher Gestaltung.

 

2° Ms. Hass. 107 [97]

Unbekannter Zeichner, Wasserleitung

Die extrem langgestreckte Zeichnung, die auf zwei zusammengeklebten Blättern angelegt wurde,  beschreibt den Verlauf der Röhren von der Quelle bis an das hessische Badehaus, erläutert links: "Von disser quellen an ist zwej hundert und sex und dreissig schue biß an daß / Hesse Hauß." Die Bemühungen um die Fassung der „Adern“, der Quellen, die die Badebecken speisen sollten, werden in der Korrespondenz mehrfach erwähnt. “Die hessischen Absichten gingen vor allem dahin, zwei innerhalb des Lahnbettes festgestellte Quellen zu fassen und in den neu zu errichtenden Bau zu leiten“[420].

 

2° Ms. Hass. 107 [99]

Bericht über das Bauvorhaben eines hessischen Badehauses

Der ausführliche "Bericht des Embser / Baws", der offensichtlich aus der bereits 1577 einsetzenden Planungsphase für das neue hessische Badehaus stammt, schlägt vor „das die Behaussung uber dem verfalle,, / nen Baede, Landgravisch pliebe, so konthe / man allerhand gutte / gelegenheijt, mitt / Keller, Kuchen, und anderen Gemachen vor / die vom adell zuerichten“. Desweiteren heißt es, es sei nötig, „das Inn der theilung außtrucklich / gesezt und versehen wurde, Das Hessen / die warme undt kalte Adern, so izo unten / beij der Pfortten in der Löne gefast werden, / uber das Nassauisch theil, In das Fursten Badt zufuhren  macht haben sollte“.

In der Folge wird festgehalten: „Wan man mitt vorhabendem Baw, uff hessischem / grundt und Bodden pleiben will, so khan der,, / selbige Baw nicht großer werden, als 40. Schue / lang und 33 Schuech breidt, […] Ist aber zu verhoiffen, / Es werde das Neue Fursten Baedt, krefftig / werden, als der andern keins, dieweill die / eine ader zuviel warm, das man das warm / waßer mitt der kalten Adern wirdet abkulen / mußen, wan man will“. Der Text schließt mit Vorschlägen wie und wo man „Werkmeister undt Arbeits Leuthe“  bekommen sowie „Holz und Steine die Löne herauff“ schaffen könne.

Es handelt sich vermutlich um den Bericht eines Baumeisters - in Frage kommen vor allem Christoph Müller oder Hans Wetzel - der 1579/80 mit den konkreten Vorbereitungen des neuen Emser Badehausbaues beschäftigt war.

 

2° Ms. Hass. 107 [98]

Kostenvoranschlag für den Bau des hessischen Badehauses, 1581

Der "Anschlagk des Bawes zu Embs / Actum Cassel am 7. Januarij Anno 1581", enthält eine  Auflistung der benötigten Posten beginnend mit "Bauschreiber" (34 Wochen) und „Baumeister“ (16 Wochen), die beide interessanterweise den gleichen Wochenlohn („2 fl. 10 alb.“) erhalten, d.h. im Baubetrieb als gleichrangig angesehen wurden.

 

2° Ms. Hass. 107 [100]

Baurechnung für das hessische Badehaus, 1581

Im "Extract / Der Embser Baurechnunge de Anno Domini / 1581" werden entsprechend dem Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [98]detailliert die kompletten Baukosten für die Wochen 13 (März) bis 53 (Dezember) dieses Jahres aufgelistet, beginnend mit dem Baumeister, der 27 Wochen tätig war, während der Bauschreiber während der gesamten Zeit im Lohn stand. Enthalten sind auch die Kosten für diverse Baumaterialien. Am Schluß (fol. 5 verso) sind noch Kosten angeführt, die am alten Gebäude anfielen: "Nachvolgende Posten seint im Anschlage / des neüen Bawes nit angeschlagen, sondern / auff dem altten Bau gangen“.

 


[409] vgl. Sarholz 1994 + 2004

[410] vgl. Kloft 1963/64

[411] zitiert nach Stemmler 1925, S. 118

[412] vgl. Henche 1926, S.103-111

[413] Dilich 1605, S. 49

[414] HStAM  Best. 40e Nr. 745

[415] HStAW Abt. 171 Nr. E 549, HStAM Best. 4a 25/28

[416] Anordnung vom 26. April 1580, in: HStAM Best. 4a 25/28

[417] Brief vom 20.08.1579, in: HStAW Abt. 171 Nr. E 214

[418] HStAM Best. 4a 25 Nr. 28

[419] Sarholz 1994, Abb. 18

[420] Kloft 1963/64, S. 45