Mohn gibt’s bald auch in Dunkellila

Rosa und magentafarbene Blüten, soweit das Auge reicht – so sieht es aus, wenn auf den Feldern der Region im Juni der Mohn blüht. Doch so farbenfroh die Blüte, so eingeschränkt ist der Anbau. In Deutschland darf Mohn nur unter gewissen Auflagen angebaut werden. Der Grund dafür: Die Mohnpflanze (Papaver somniferum), auch als Schlafmohn bezeichnet, fällt wegen ihres hohen Morphingehalts unter das Betäubungsmittelgesetz. Denn aus dem Milchsaft der Mohnkapsel kann das Betäubungs-, bzw. Schmerzmittel Opium hergestellt werden. Für den Anbau in Deutschland sind nur drei streng kontrollierte, morphinarme Sorten zugelassen (nicht zu verwechseln mit dem wilden roten Klatschmohn am Feldrain), sie werden ausschließlich als Lebensmittel genutzt. Wer Mohn anbauen oder züchten möchte, benötigt eine Anbaugenehmigung der Bundesopiumstelle. Deshalb ist der Mohnanbau mit ca. 1.000 Hektar in Deutschland noch wenig verbreitet. Dabei ist Nachfrage durchaus vorhanden, denn Mohn ist reich an wertvollen Ölen und Proteinen und seine Samen sind eine beliebte Zutat für Backwaren. Doch in den Regalen der deutschen Supermärkte findet man hauptsächlich importierten Mohn aus zum Beispiel Australien. Eine Erweiterung des heimischen Anbaus hätte somit ökologische und ökonomische Vorteile, denn er verringert die Importabhängigkeit und verbessert durch kurze Transportwege die CO2-Bilanz. Außerdem ist Mohn als Blühpflanze attraktiv für Insekten und trägt zur Artenvielfalt auf dem Acker bei.
Das Forschungsprojekt „Mohnopoly“ soll für mehr Mohn aus Deutschland sorgen – auf mehreren Wegen. Ein interdisziplinäres Team unter der Leitung von Prof. Dr. Miriam Athmann vom Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau der Universität Kassel untersucht, wie sich der Anbau zugelassener Sorten steigern lässt. Und zugleich, welche neuen morphinarmen Mohnsorten sich für einen regionalen und standortangepassten Anbau in Hessen und Thüringen eignen.

Projektmitarbeiterin Hanna Blum ist für die praktischen Versuche verantwortlich und untersucht die Standortbedingungen verschiedener Partner-Betriebe in Hessen und Thüringen: „Unser Ziel ist es, Sorten zu identifizieren, die leistungsstark sind, also hohe Erträge liefern, konkurrenzstark sind und gleichzeitig gut mit den spezifischen Bedingungen zurechtkommen.“ Um eine zertifizierte Saatgutversorgung aus ökologischem Anbau zu sichern, arbeitet das Team eng mit dem Betrieb Marold aus Thüringen zusammen; er übernimmt die Saatgutvermehrung für die Experimente.
Für landwirtschaftliche Betriebe muss es sich lohnen, Mohn anzubauen. Um Ertrags- und damit Liefersicherheit zu gewährleisten, benötigen sie nicht nur leistungsstarke, standortangepasste Sorten, sondern auch wichtige Kennzahlen, also Informationen zu verschiedenen agronomischen Merkmalen wie dem Ertrag der Samen, der Pflanzenhöhe sowie Blüh- und Reifezeitpunkt. Diese Daten fehlen derzeit. Um genau diese Faktoren wissenschaftlich zu erfassen, betreibt das Team sogenannte Exaktversuche auf den Feldern der fünf beteiligten Projektbetriebe, so zum Beispiel auf dem Meißnerhof in Germerode, auf dem Hardthof in Naumburg oder auf dem Hof Jung in Pohlheim. Anfang April wurden die drei zugelassenen Sorten in schmalen Streifen mit je drei Wiederholungen ausgesät und regelmäßig beobachtet. Bis zur Ernte im Hochsommer wird untersucht, wann die jeweiligen Sorten blühen, wie viele Kapseln sie bilden und wie groß diese sind. Später werden im Labor in Witzenhausen Öl- und Proteingehalt der Samen bestimmt.

„Mohnopoly“ bleibt aber nicht bei der Stärkung bisheriger Sorten stehen. Zwei neue, leistungsstarke Mohnsorten werden derzeit auf den Versuchsflächen der Domäne Frankenhausen getestet. Die Universität verfügt dafür über eine wissenschaftliche Anbaugenehmigung der Bundesopiumstelle. Die beiden Sorten stammen von einem österreichischen Züchter und zeigen im Vergleich zu den derzeit zugelassenen Sorten ein verbessertes Wurzelsystem. Dadurch entwickeln sich vollere Mohnkapseln, die Erträge wachsen. Auch optisch unterscheiden sich die neuen von den alten Sorten: Statt in Rosa und Magenta blühen sie in kräftigem Dunkelrot und Violett. Blum zeigt sich zuversichtlich, was die neuen Sorten angeht: „Die vorläufigen Versuchsergebnisse versprechen viel. Wenn alles nach Plan läuft, könnte Saatgut für die neuen Sorten im Herbst 2026 auf dem Markt erhältlich sein.“ Dann könnte Deutschland mittelfristig seine Marktanteile steigern und sich als Anbieter von hochwertigem, nachhaltigem Mohn in Europa etablieren. Und viele Felder könnten im Juni noch farbenfroher leuchten.
Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2025/2. Text: Hannah Eichenberg
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