16.04.2020

„Dies ist eine völlig veränderte Situation“

@Corona-Virus

Erziehungswissenschaftlerin Dr. Carolin Mantel-Görner steckt mitten in der Vorbereitung des diesjährigen Sommersemesters. Warum ihr die Bibliothek fehlt und welche Hilfsmittel sie für ihre Lehre nutzt, darüber spricht sie im Interview.

Bild: Carolin Mantel-Görner.
Dr. Carolin Mantel-Görner.

Frau Dr. Mantel-Görner, das Sommersemester soll zum 20. April starten, zunächst in digitaler Form. Wie bereiten Sie dafür Ihre Lehre vor?

Mein Schwerpunkt in der Lehre liegt auf dem Format „Seminar“. Aktuell recherchiere ich Literatur über das Katalogportal KARLA (Anm. Kasseler Recherche-, Literatur- und Auskunftsportal), das als Online-Ressource den Studierenden jederzeit zum jeweiligen Seminarthema zur Verfügung steht oder im Netz als open access-Materialien verfügbar sind.

Was ist bei der Vorbereitung dieses Mal anders als sonst?

Da nicht jeder Titel, den ich für meine Veranstaltungen nutze, als Volltext online zugänglich ist, recherchiere ich vergleichbare Materialien. In diesem Sommersemester ist der Plan, eine Literaturliste ausschließlich mit solchen Titeln zu erstellen, die auch Studierende im Homeoffice nutzen können und die keine zusätzlichen Kosten verursachen. Dies ist eine völlig veränderte Situation für meine Seminarkonzepte, da beispielsweise die Bibliothek als Lernort in meinen Lehrveranstaltungen eine große Rolle spielt, wie beispielsweise für Semesterapparate zum Vertiefen der Seminarthemen oder Arbeitsaufträgen zur Literaturrecherche.

Welche Programme, Tools und Hilfsmittel nutzen Sie zur Vorbereitung von Lehrveranstaltungen?

Mein zentrales Thema ist „Filmbildung“. Dafür plane ich mit der Plattform moodle einen „virtuellen Seminarraum“, also digitale Lernangebote einzurichten, mit allen notwendigen Informationen, welche die Studierenden benötigen. Das Servicecenter Lehre bietet dazu Unterstützung an. Denkbar ist hier, Fragen oder Aufgaben zu stellen, einen direkten Austausch mit den Studierenden zu initiieren, zu individuellen oder Gruppenarbeiten zu aktivieren oder weitere Impulse wie Videos, Verweise auf andere Datenbanken etc., bereitzustellen. Auch die Seite kinofenster.de oder die Bundeszentrale für politische Bildung bieten einen Pool an möglichen Zugängen und Materialien zum Thema „Film“ an, die ich nutzen werde.

Wie bewerten Sie diese Möglichkeiten für Ihre Lehre?

Insgesamt herausfordernd, wenn ich bedenke, dass gerade die ersten Sitzungen meines Seminarkonzepts lernorientiert auf Austausch, Diskussion und fundierten Einführungen ins Thema beruhen, bevor den Studierenden individuelle Transfermöglichkeiten gegeben werden.

Halten Sie Kontakt zu den Studierenden, beispielsweise im Fall der Betreuung einer Abschlussarbeit? Auf welche Weise kommunizieren Sie?

Es ist sehr wichtig, dass Beratung und Betreuung auch und gerade in dieser Ausnahmesituation kontinuierlich fortgesetzt werden. Als Betreuerin von Abschlussarbeiten biete ich flexible Sprechzeiten via E-Mail an, um mit den Studierenden Fragen zu klären und mögliche Unsicherheiten zu besprechen. Das Angebot gilt auch für Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer aus dem letzten Semester, für die sich Fragen bezüglich ihrer Seminararbeit ergeben haben und Beratung erforderlich ist. Das funktioniert ganz gut.

Worauf müssen Sie derzeit verzichten?

Auf die Nutzung der Bibliothek: Sie ist eine inspirierende Alternative zu meinem Büro, und ich arbeite sehr gern dort.

Gibt es aus der jetzigen Situation für Sie persönlich etwas Lehrreiches, das Sie für die Zukunft mitnehmen?

Grundsätzlich sind für das Homeoffice Improvisation und Flexibilität gefragt, vor allem mit zwei schulpflichtigen Kindern. Eine Lösung für ein Problem gibt es immer, auch wenn sich die Umstände manchmal etwas schwierig gestalten. Für mich persönlich bedeutet die jetzige Situation, dass man sich wieder auf das Wesentliche konzentriert und Prioritäten neu setzt.

 

Dr. Carolin Mantel-Görner lehrt am Fachgebiet Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Schul- und Unterrichtsentwicklung an der Universität Kassel.

Interview: Kristina Weissbecker und Christine Graß