02.07.2020 | Porträts und Geschichten

„Wir müssen uns auch um die Bilder des Hasses kümmern.“

Portrait: Prof. Dr. Daniel Hornuff

Bild: Andreas Fischer

„Fragen der Gestaltung beschäftigten mich zunächst während meines Studiums der Theaterwissenschaften und Germanistik in Leipzig. Danach wechselte ich nach Karlsruhe, um Kunstwissenschaften und Philosophie zu studieren. Später promovierte und habilitierte ich mich dort. Nach einer Assistenz, mehreren Lehraufträgen und zwei Vertretungsprofessuren bin ich seit einem Jahr in Kassel, und in dieser Zeit habe ich gemerkt: Es gibt einiges zu tun – sowohl inhaltlich als auch strukturell.

Die Kunsthochschule verfügt über ausgeprägte Praxisbereiche höchster Qualität. Es wäre daher wichtig, die Theorie noch enger mit der Praxis zu verzahnen. Ich sehe das als Herausforderung, denn so eine Aufgabe bringt neue Orientierungen. Eine der Fragen ist etwa: Wie kann Theorie für die Arbeit der Praxisstudierenden aussehen? Zu diesem Zweck möchte mit anderen Fachbereichen Kooperationen aufbauen und gemeinsam Projekte durchführen.

Konkret wurde dieser Ansatz erstmals, als wir 2019 mit Studierenden die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung ausgerichtet haben. Inhaltlich war die Veranstaltung mit einem meiner Forschungsprojekte verbunden, dem Design der Neuen Rechten. Mich interessiert, welche Gestaltungsmittel die Neue Rechte einsetzt, um politisch zu reüssieren. Von der Kleidung über grafische Lösungen bis hin zu Auftritten in sozialen Medien, alles beinhaltet ästhetische Entscheidungen – ein Thema, das bedrückend tief mit Kassel verbunden ist: Das Triumphgebrüll der Rechtsextremen und das beredte Schweigen neurechter Parteien in Reaktion auf den NSU-Mord in Kassel sowie den Anschlag auf Regierungspräsident Walter Lübcke offenbarten, wie eng die Verbindungen liegen.  

Deutlich wurde aber auch, dass der Hass, wie er derzeit im Netz artikuliert wird, nicht mehr nur in Texten erscheint. Viele denken bei Hatespeech nur an sprachliche Äußerungen. Es sind aber vor allem Bilder, die den Hass anheizen, die ihm Form und Gestalt verleihen. Aktuell erforsche ich daher solche Hassbilder. Es gilt zu zeigen, wie Hass ästhetisiert wird, um Menschen zu entehren, abzuwerten, zu diskriminieren – und welche Möglichkeiten der Erwiderung und Zurückweisung es gibt.

Unter Design verstehe ich somit nicht nur das Entwerfen eines Stuhls oder eines Kleidungsstücks. Ich fasse den Begriff breiter und beziehe soziale, kulturelle und politische Aspekte mit ein. Gesellschaft und Gestaltung sind untrennbar miteinander verbunden. Diese Beziehungen sollte bewusst gemacht, eingeordnet und interpretiert werden. Als Wissenschaftler sehe ich als meine Aufgabe, mich in gesellschaftliche Debatten einzubringen und meine Forschungen engagiert der Öffentlichkeit darzulegen.“