18.03.2022 | Pressemitteilung

Bangalore: Tiefere Brunnen sorgen nicht immer für mehr Wasser

Eine deutsch-indische Forschungskooperation hat die Grundwassergewinnung aus Brunnen der Metropole Bangalore untersucht und festgestellt: In den letzten vierzig Jahren änderten sich trotz tieferer Brunnen die Wassererträge kaum. Ein nachhaltiges Grundwassermanagement scheint möglich, wurde aber in den letzten Jahrzehnten nicht umgesetzt.

Grundwasserentnahme nördlich von Bangalore, Indien.Bild: Matthias Gaßmann.
Grundwasserentnahme nördlich von Bangalore, Indien.

„Unsere Daten bestätigen, dass hier mehr Grundwasser entnommen wird, als sich langfristig regenerieren kann“, resümiert Prof. Dr. Matthias Gaßmann, Leiter des Fachgebiets Hydrologie und Stoffhaushalt an der Universität Kassel. Die tieferen Bohrungen für Brunnen vergrößern demnach nur das Bohrlochvolumen und erschließen keine neuen Wasserquellen. „Für eine nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung wäre eine bessere Überwachung des Grundwasserspiegels sowie der Nutzung des Wassers nötig. Unsere Fallstudie könnte eine Grundlage sein, um in Zukunft nachhaltiger mit der Ressource Grundwasser in Bangalore umzugehen und die Versorgung zu gewährleisten“, so Gaßmann.

Bangalore liegt auf dem südindischen Dekkan-Plateau. Brunnen von bis zu 430 m Tiefe reichen in die Grundwasser führenden Gesteinsschichten (Aquifere) unter der Stadt. Die Forschenden konnten die Entwicklung des Grundwasserspiegels über mehrere Jahrzehnte hinweg anhand verschiedener Untersuchungsmethoden rekonstruieren und die Entwicklung der Bohrlochtiefe in drei Phasen unterteilen: Vor dem Jahr 2000 waren die Bohrlöcher der Brunnen in peri-urbanen Regionen, also in ländlich-städtischen Übergangsgebieten, durchschnittlich 120m tief. Im folgenden Jahrzehnt (2000-2010), nahmen Tiefenbohrungen massiv zu, sodass die durchschnittliche Tiefe am Ende des Jahrzehnts ca. 250m betrug. 2010 bis 2020 nahm die Tiefe weniger stark zu, wobei in den südlichen und städtischen Gebieten aufgrund der verbesserten Infrastruktur keine Zunahme mehr erkennbar war.

Um die Prozesse der Regeneration des Grundwassers genauer zu untersuchen, werteten die Forschenden Videoaufnahmen aus 54 Brunnenschächten im Gebiet Electronic City aus, in einem industriellen, stadtnahen Landnutzungscluster der Stadt. Sie konnten so bestätigen, dass der Wasserstand in den meisten Brunnen ausschließlich durch die Klüfte im umliegenden Gestein und nicht durch die Brunnentiefe selbst bestimmt wird. Um die Wege des Grundwassers nachzuvollziehen, untersuchten die Forschenden zusätzlich Alter und Herkunft des Wassers in den Brunnen und im Einzugsgebiet mithilfe der sogenannten Isotopensignaturen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich das aktuell geförderte Grundwasser in der Region Bangalore durch den Niederschlag teilweise wieder regeneriert. „Das ist ein gutes Zeichen, da dadurch ein nachhaltiges Grundwassermanagement möglich ist, auch wenn dies in den letzten Jahrzehnten nicht umgesetzt wurde.“, ergänzt Prof. Gaßmann.

Die Fallstudie wurde durchgeführt im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe „Sozial-Ökologische Systeme im Spannungsfeld indischer Stadt-Land-Gradienten: Funktionen, Skalen und Übergangsdynamiken“. Der deutsch-indische Forschungsverbund untersucht rural-urbane Transformationen exemplarisch am Beispiel Bangalore und analysiert die Veränderung der agrarwirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Systeme. Auf deutscher Seite wird der 2016 gestartete Verbund von den Universitäten Göttingen und Kassel getragen.

Veröffentlichung:  https://doi.org/10.3390/su132112149

Kontakt:

Prof. Dr. Matthias Gaßmann
Fachgebietsleitung Hydrologie und Stoffhaushalt
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E-Mail: gassmann[at]uni-kassel[dot]de

Pressekontakt:
Sebastian Mense
Universität Kassel
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