11.04.2022 | Pressemitteilung

So haben Bioenergiedörfer Erfolg: Leitfaden online

Ein Verbundprojekt der Universität Kassel und der Georg-August-Universität Göttingen hat nach dreijähriger Zusammenarbeit mit Bioenergiedörfern und einem Expertenbeirat einen Leitfaden mit Handlungsempfehlungen für Bioenergiedörfer erstellt. Dieser wird an alle Bioenergiedörfer versandt und kann auch über die Transferplattform www.energiewendedörfer.de aufgerufen werden.

Bild: Marianne Karpenstein-Machan.
Eine Biogasanlage im Dorf Alheim.

Der Fokus des Forschungsprojektes „Innovative Konzepte und Geschäftsmodelle für zukunftsfähige Bioenergiedörfer - klimafreundlich, demokratisch, bürgernah“ liegt auf zukunftsfähigen Geschäftsfeldern und dem langfristigen wirtschaftlichen Betrieb von Bioenergiedörfern. Beteiligt sind die Universität Kassel mit den Fachgebieten Mikroökonomik und empirische Energieökonomik und Solar- und Anlagentechnik sowie die Universität Göttingen mit der Abteilung Kartographie, GIS und Fernerkundung des Geographischen Instituts. Für viele Bioenergiedörfer läuft die EEG-Vergütung in den Jahren 2025 bis 2030 aus und der Aufbau neuer Geschäftsfelder ist notwendig, um die Wirtschaftlichkeit der Dorfprojekte und Versorgung der Wärmekunden nicht zu gefährden. Die Nahwärmenetze in den Bioenergiedörfern versorgen zurzeit etwa 25.000 Haushalte mit Heizungswärme und warmen Brauchwasser.

Wie können Bioenergiedörfer erfolgreich weiterarbeiten?

Sieben Themenblöcke -  Zukünftige Stromvermarktung, Nahwärmenetze fit machen, Reststoffe nutzen, Alternative Energiepflanzen, Wertstoffe in Kreisläufen optimieren, Weitere erneuerbare Energien integrieren – geben den Bioenergiedörfern Orientierung und Zukunftsperspektiven.

Die Kernpunkte des Leitfadens sind:

  • Vor dem Hintergrund der Klima-, Umwelt- und Gaskrise besteht politischer und gesellschaftlicher Handlungsdruck, eine nachhaltige, „enkeltaugliche“ Energieversorgung weitgehend aus heimischen Ressourcen zu forcieren;
  • Der Ausbau der Wärmenetze und deren Optimierung (Wärmeverluste minimieren) schafft Versorgungssicherheit mit bezahlbarer Wärme und beschleunigt eine nachhaltige Wärmewende auf dem Lande;
  • Neue Geschäftsfelder wie Vermarktung vom Strom über eine eigene Stromleitungen, Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz oder Produktion von Kraftstoff und Vermarktung in eigener Hoftankstelle müssen in Einklang mit der Nahwärmeversorgung in Bioenergiedörfern stehen. Alternativen zur Wärmequelle Blockheizkraftwerk wie z.B. Solarthermie, Windkraft zur Wärmeerzeugung (Power to Heat) oder Pyrolysegas eröffnen den Bioenergiedörfern Spielräume (Überschuss an Biogas), um neben der Nahwärmeversorgung der Wärmekunden diese Geschäftsfelder umzusetzen;
  • Die neue Technologie „Pyrolyse“ wird in naher Zukunft eine wichtige Rolle bei der langfristigen Speicherung von CO2 in Form von Pflanzenkohle spielen. Der Ausbau dieser Technologie ist aufgrund damit verbundenen Möglichkeiten der Rest- und Abfallstoffnutzung, der auskoppelbaren Wärmenutzung sowie der CO2-Sequestrierung besonders vorteilhaft;
  • Biogene Rest- und Abfallstoffe sowie Wirtschaftsdünger (Stallmist, Gülle) werden zunehmend Energiepflanzen vom Acker ersetzen und als Inputstoffe in Biogasanlagen eingesetzt werden. Diese Einsatzstoffe verfügen über ein hohes Treibhausminderungspotenzial und können im Geschäftsfeld „Fortschrittliche Kraftstoffe“ durch den CO2-Quotenhandel ihre Wirtschaftlichkeit erlangen;
  • Alternative Energiepflanzen als Dauerkulturen wie z.B. Durchwachsene Silphie oder mehrjährige Wildpflanzenblühmischungen erhöhen die Biodiversität, tragen zum Boden-und Gewässerschutz bei und ernähren Bienen in blüharmen Spätsommer und Herbst. Schutz und Nutzung sind hier kein Widerspruch.

Das Fazit für die Bioenergiedörfer:

Einen Königsweg für alle Bioenergiedörfer wird es wohl nicht geben. Aus dem Strauß der möglichen Geschäftsfelder können die Bioenergiedörfer die für sie passenden wählen. Alle bearbeiteten Handlungsempfehlungen haben Vor- und Nachteile und bergen gewisse unternehmerische Risiken, die von den Dörfern genau abgewogen werden müssen.

Das Fazit an die Politik:

Anpassungen an neue Substrate und Technologien benötigen Zeit und Finanzmittel. Dazu bedarf es politischer Rahmenbedingungen und Fördermittel, die genossenschaftliche und ehrenamtliche Aktivitäten nicht erschweren, sondern unterstützen. Nur so kann das „Mitmachen“ der Bevölkerung erreicht werden.

Das Projekt wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Weitere Informationen unter www.energiewendedörfer.de und FNR Datenbank Förderkennzeichen 22405217 und 22405218.