02.12.2022 | Porträts und Geschichten

Welchen Einfluss sollten wir als Menschen auf unseren Planeten haben?

Prof. Miriam Athmann und Franziska Wolpert beantworten in dem Format „Kassel fragt, Kassel forscht“ eine Frage von Kasseler Bürger:innen, die im Projekt ZUKUNFTSDIALOGE gesammelt wurde.

Prof. Miriam Athmann:

Ich bin Miriam Athmann. Ich leite das Fachgebiet ökologischer Landbau und Pflanzenbau in Witzenhausen und hier befinden wir uns auf der hessischen Staatsdomäne Frankenhausen, unserem Zentrum für Lehre, Forschung und Transfer.

Franziska Wolpert:

Ich bin Franziska Wolpert, Mitgründerin der Baumschule Wurzelwerk, die spezialisiert ist auf essbare Nutzgehölze und forsche an der Uni Kassel zu Agroforstsystemen.

Prof. Miriam Athmann:

Die Frage, welchen Einfluss wir als Menschen auf unseren Planeten haben sollten, beschäftigt uns stark im ökologischen Landbau und war auch ein Gründungsimpuls. Das äußert sich darin, dass wir Landwirtschaft multifunktional betrachten. Ganz oben steht natürlich auch bei uns die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel, aber wir erwirtschaften Erträge durch Intensivierung ökologischer Prozesse und schaffen damit Landschaften, Landnutzungssysteme, die biodivers sind, die Pflanzen und Tieren, Insekten, Vögeln, kleinen Säugern auch einen Lebensraum bieten und auch klimaresilient sind.

Hier auf der Domäne Frankenhausen äußert sich das zum Beispiel darin, dass mit Übernahme des Betriebs Naturschutz direkt in die Erzeugung integriert wurde, zum Beispiel durch Schaffung von Dauergrünland, durch Anschaffung einer Milchviehherde, Weidehaltung der Tiere, was wiederum auch dem Tierwohl dient und auch der Pflanzung von Hecken und Gehölzen wie zum Beispiel Streuobstwiesen.

Ja, aktuell forschen wir an Agroforstsystemen. Das sind Landnutzungssysteme, die Bäume und Aquakulturen oder Grünland mit Tierhaltung auf derselben Fläche kombinieren. Wir stehen hier auf einer Streuobstwiese. Das ist eigentlich schon ein Agroforstsystem, ein traditionelles, was heute so unter unseren Bedingungen ökonomisch nicht mehr rentabel ist und darum ja hier auch allein aus Gründen des Naturschutzes angelegt wurde. Wir wollen jetzt Systeme anlegen, bei denen die Bäume in geraden Reihen auf dem Acker stehen und somit auch eine mechanisierte Bewirtschaftung der Aquakulturen nach wie vor erlauben. Und wir erhoffen uns, wie eben geschildert, eben eine Intensivierung ökologischer Prozesse, Synergien zwischen den einzelnen Kulturen, die letztlich dann auch in Ertragssteigerungen auf der Gesamtfläche resultieren, und wir aber mit diesen Systemen stressadaptiertere Systeme haben, als wenn wir weiterhin nur auf Ackerkulturen setzen würden.

 

Welches sind die Top zehn der zukunftsfähigen essbaren Nutzgehölze, die wir in Kassel pflanzen können?

Franziska Wolpert:

Die Top zehn der zukunftsfähigen Gehölze müssen auf jeden Fall klimatolerant sein und müssen den Menschen satt machen können. In Zeiten des Klimawandels und sich global ausbreitenden Krankheiten ist es wichtig, Diversität zu pflanzen. Trotzdem meine Favoriten:

Die Feige: Bei den Feigen wissen die meisten Menschen nicht, dass es frostharte Sorten gibt, die man auch in Deutschland pflanzen kann und die leckere Früchte hervorbringen.

Dann die Maulbeere: Ein sehr trockentoleranter Baum, der auch leckere Früchte hervorbringt und sehr proteinreiche Blätter, die man auch als Mensch und als Tier sehr gut essen kann.

Dann Walnuss und Haselnuss: Beides sehr trockentolerant und die Früchte sind sehr proteinreich und sehr fettreich. Beides auch sehr gut als Grundnahrungsmittel geeignet.

Mein Favorit ist die Esskastanie, die ich auch mitgebracht habe. Die Esskastanie ist nicht zu verwechseln mit der Rosskastanie. Die Rosskastanie ist die, mit der man als Kind gespielt hat und Esskastanien sind die, die man auf dem Weihnachtsmarkt geröstet isst. Man kann Esskastanien auch als Mehl verarbeiten, man kann sie als Nudeln essen, man kann Brot daraus backen, Pesto, Bier, Schokolade oder auch Honig daraus herstellen. Die Esskastanie ist sehr trockentolerant, ein Baum mit vielfachem Nutzen für Biodiversität und Mensch und allgemein ist es ein wichtiger Baustein für die Ernährung der Zukunft.

In dem Format „Kassel fragt, Kassel forscht“ beantworten Wissenschaftler:innen der Universität Kassel Fragen von Kasseler Bürger:innen, die im Projekt ZUKUNFTSDIALOGE gesammelt wurden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von UniKasselTransfer, dem Staatstheater Kassel und den Scientists for Future Kassel wird im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2022 - Nachgefragt! vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. In unterschiedlichen Formaten wird der Dialog zwischen Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft eröffnet, um sich gemeinsam auf die Suche nach alternativen Wegen zu einer nachhaltigeren Gesellschaft zu begeben.
Mehr Infos: www.uni-kassel.de/go/zukunftsdialoge