02.12.2022 | Porträts und Geschichten

Wie können wir die Folgen des Produzierens zum Produzenten bringen?

Prof. Jens Hesselbach beantwortet in dem Format „Kassel fragt, Kassel forscht“ eine Frage von Kasseler Bürger:innen, die im Projekt ZUKUNFTSDIALOGE gesammelt wurde.

Mein Name ist Jens Hesselbach und wir arbeiten seit 20 Jahren hier an der Universität Kassel im Bereich Nachhaltigkeit, Klimaschutz und erneuerbare Energien. Und wir konzentrieren uns dabei auf produzierende Unternehmen, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen. Also wir haben keine Aktivitäten im Bereich Privathaushalt.

Eine wichtige Frage unserer derzeitigen Forschungsarbeit besteht darin: Wie können wir Unternehmen dazu bringen, nachhaltig zu produzieren? Dabei stellt sich zunächst einmal die Frage: Was ist überhaupt nachhaltig? Es ist ein sehr weit gefasster Begriff. Hier hat die EU durch eine Gesetzgebung, der EU-Taxonomie, sechs Kriterien festgelegt, an derer Nachhaltigkeit definiert werden soll. Das ist unter anderem Klimaschutz, Anpassung zum Klimawandel. Es ist aber auch Gewässerschutz. Es dreht sich um das ganze Thema Müll, inklusive Recycling und Biodiversität. Hierzu sollen Kennwerte definiert werden, anhand derer man quantitativ feststellen kann: Ist ein Produkt nachhaltig oder nicht?

Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, die Unternehmen dabei zu unterstützen, wie man dieses messbar machen kann. Nehmen wir beispielsweise das Elektroauto. Wenn wir es mit "grünem" Strom betanken, leisten wir einen Beitrag zum Klimaschutz. Aber um dieses Auto fahren zu können, benötigen wir eine Batterie. In dieser Batterie steckt jede Menge Lithium. Dieses Lithium muss gewonnen werden, und hierzu benötigen wir jede Menge Wasser. Die Frage, die sich also aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten stellt: Ist es akzeptabel, diese Menge Wasser für die Herstellung der Batterie aufzuwenden, um hier beim Nutzen des Autos Klimaschutz zu betreiben?

Ein zweites Beispiel stammt aus unserem häuslichen Bereich. Hier haben wir ein Stück Bauschutt, einen alten Ziegelstein. Bauschutt ist das größte Müllaufkommen, das wir in Deutschland haben. Eine wichtige Frage in Richtung Nachhaltigkeit ist natürlich: Wie kann ich aus diesem Bauschutt wieder schöne Produkte, wie zum Beispiel diese Fliese, herstellen? Um dies zu erreichen, muss ich den Bauschutt zunächst fein zermahlen und im Anschluss geschieht die Farbgebung durch die Nutzung von Altglas. Also alles recycelte Produkte. Damit ist der Prozess aber nicht zu Ende. Ich muss diese Fliesen brennen. Dazu dient der Ofen hinter mir. Hierzu benötigen wir 1200 Grad. Die wird durch diesen elektrischen Heizer erzeugt. Das Produkt kann aber nur nachhaltig erzeugt werden, wenn der Strom für die Beheizung aus erneuerbaren Energiequellen stammt.

Das sind genau die Aufgabenstellungen, die wir gemeinsam mit den Unternehmen, die wir betreuen, lösen. Und um diese Anforderungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Produkten rückzuspiegeln, zu den Produzenten. Dazu benötigen wir engagierte junge Menschen, die sich mit diesen Themen auskennen. Und deshalb unterstützen wir an diesem Fachgebiet Ausgründungen und Lehre in diesen Bereichen.

 

In dem Format „Kassel fragt, Kassel forscht“ beantworten Wissenschaftler:innen der Universität Kassel Fragen von Kasseler Bürger:innen, die im Projekt ZUKUNFTSDIALOGE gesammelt wurden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von UniKasselTransfer, dem Staatstheater Kassel und den Scientists for Future Kassel wird im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2022 - Nachgefragt! vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. In unterschiedlichen Formaten wird der Dialog zwischen Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft eröffnet, um sich gemeinsam auf die Suche nach alternativen Wegen zu einer nachhaltigeren Gesellschaft zu begeben.
Mehr Infos: www.uni-kassel.de/go/zukunftsdialoge