15.02.2023 | Campus-Meldung

Kommission: Beschäftigung im Ruhestand erleichtern

Die Expertenkommission Forschung und Innovation hat heute ihr neues Jahresgutachten an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben. Darin mahnt sie: Angesichts des drohenden Fachkräftemangels muss Deutschland die Innovationspotenziale Älterer künftig besser nutzen. Zudem fordert die sechsköpfige Expertenkommission die Stärkung der Digitalkompetenzen älterer Menschen, um deren Teilhabe in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft zu sichern. Mitglied der Kommission ist auch Prof. Dr. Guido Bünstorf, Leiter des Fachgebiets Wirtschaftspolitik, Innovation und Entrepreneurship an der Universität Kassel und Vorstandsmitglied im INCHER.

Die Übergabe.Bild: David Ausserhofer.
Die Kommission (mit Prof. Guido Bünstorf, ganz links) übergibt das Gutachten.

In ihrem Gutachten verdeutlicht die Expertenkommission den Beitrag, den ältere Menschen schon heute zum Innovationsgeschehen in Deutschland leisten. Ältere Beschäftigte sind fast so häufig mit Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionsarbeiten betraut wie jüngere. Auch zum Patentaufkommen tragen sie in erheblichem Umfang bei. „Selbst wenn Beschäftigte das Ruhestandsalter schon erreicht haben, sind viele von ihnen noch bereit, die Entstehung von Innovationen durch ihr Wissen und ihre Erfahrung zu unterstützen“, sagt der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Dr. Uwe Cantner von der Universität Jena. „Dafür müssen wir ihnen möglichst attraktive Bedingungen bieten.“

Potenzial sieht die Expertenkommission in der projektbezogenen Weiterbeschäftigung von Ruheständlerinnen und Ruheständlern als Senior Experts. Damit nicht nur Großunternehmen dieses Potenzial nutzen können, regt die Expertenkommission an, eine Unterstützung unternehmensübergreifender Vermittlungsplattformen für Senior Experts in Betracht zu ziehen. Zugleich sollten arbeitsrechtliche Hemmnisse abgebaut werden. Konkret fordert die Expertenkommission, die sachgrundlose Befristung von Ruheständlerinnen und Ruheständlern zu erleichtern.

Wichtige Innovationsbeiträge leisten Ältere auch als Gründerinnen und Gründer neuer Unternehmen. Gegenüber Jüngeren sind ihre Unternehmensgründungen häufiger technologiebasiert, sie bringen überdurchschnittlich häufig Marktneuheiten hervor und haben auch höhere Überlebenschancen am Markt. Zwar sinkt die Gründungsneigung mit steigendem Alter. Jedoch deuten die von der Expertenkommission ausgewerteten Daten nicht darauf hin, dass ältere Gründungsinteressierte besonderen Unterstützungsbedarf haben. „Ältere sollten daher systematisch in die bestehende Gründungsförderung integriert werden“, so Uwe Cantner.

Weiteren Handlungsbedarf erkennt die Expertenkommission bei der Förderung der Digitalkompetenzen. Diese werden auch für ältere Menschen immer mehr zur Grundvoraussetzung dafür, am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. „Die Digitalkompetenzen Älterer zu stärken, wirkt aber nicht nur der Ausgrenzung entgegen“, sagt Guido Bünstorf, Professor an der Universität Kassel und Mitglied der Expertenkommission. „Wer digitale Technologien beherrscht, kann auch länger eigenständig im gewohnten Umfeld leben bleiben.” Einen Ansatzpunkt für die Vermittlung solcher Kompetenzen sieht die Expertenkommission in der aus ihrer Sicht überfälligen Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Sie fordert, die Einführung digitaler Dienste systematisch mit Unterstützungsangeboten für Ältere zu verbinden. Dabei soll der Erwerb von Digitalkompetenzen im Vordergrund stehen. Der DigitalPakt Alter kann nur der Ausgangspunkt für breiter angelegte Initiativen sein.

Das deutsche Gesundheits- und Pflegesystem ist durch die Alterung der Gesellschaft und den Mangel an Pflegepersonal gleich doppelt herausgefordert. „Digitale Innovationen sind von zentraler Bedeutung für den Umgang mit diesen Herausforderungen”, so Guido Bünstorf. Voraussetzung für die Einführung von digitalen Innovationen sind wiederum Digitalkompetenzen – bei denen, die Gesundheits- und Pflegeleistungen nutzen, aber auch bei denen, die sie erbringen. „Daher müssen medizinisch-technologische Entwicklungen systematisch in die Lehrpläne der Pflegeausbildung integriert werden“, mahnt Uwe Cantner.