17.11.2017 | Wissenschaftliche Standpunkte

Kasseler Pflanzenschutz-Wissenschaftlerin warnt vor Risiken von Glyphosat

Prof. Dr. Maria Finckh, Pflanzenschutz-Expertin der Universität Kassel, hat vor Risiken des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat gewarnt. Kurz vor einer neuerlichen Entscheidung der EU über die Zulassung sagte die Agrarwissenschaftlerin: „Es gibt viele offene Fragen, die dringend wissenschaftlich genauer untersucht werden müssen.“ Sie verweist dabei auf eine Auswertung von Studien, die sie gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus China und den USA vorgenommen hat.

Laut Finckh stellten einige der untersuchten Studien Zusammenhänge zwischen chronischem Botulismus bei Tieren und Glyphosat im Futter her. Grund sei, dass bestimmte schädliche, pathogene Mikroorganismen deutlich resistenter gegen Glyphosat seien als viele für Tiere und Pflanzen nützliche Organismen. „Das ist in den Studien alles sehr plausibel dargelegt und muss dringend genauer untersucht werden“, so Finckh. Auch eine Vielzahl von Pflanzenkrankheiten werde mit Glyphosat und seinen Effekten auf die Zusammensetzung der mikrobiellen Umwelt in und um die Wurzel in Zusammenhang gebracht.

Die internationale Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Medizin, Mikrobiologie und Agrarwissenschaft wertete für die Meta-Studie rund 220 wissenschaftliche Untersuchungen aus, die in den letzten Jahren erschienen sind. Die Veröffentlichung fasst also Erkenntnisse über Auswirkungen des Herbizids Glyphosat und seines Abbauproduktes AMPA (aminomethylphosphonic acid) auf die Umwelt und die pflanzliche, tierische und menschliche Gesundheit zusammen. Die Meta-Studie von Finckh und ihren Ko-Autoren wurde vor wenigen Tagen im Fachmagazin Science of the Total Environment online veröffentlicht.

Mit Blick auf die untersuchten Studien forderte Finckh, auch der Zusammenhang zwischen dem Einsatz des Unkrautvernichters und möglichen Kreuzresistenzen bei Mikroorganismen gegen verschiedene Antibiotika-Klassen und Glyphosat  müsse genauer untersucht werden, ebenso die Auswirkungen von Glyphosat und AMPA auf Neurotransmitter. Diese Botenstoffe sind für die Reizübertragung zwischen Nervenzellen zuständig.

„Unsere Meta-Studie zeigt, auf, dass die erlaubten Rückstandswerte überarbeitet werden müssen“, betont Finckh. „Die erlaubten Rückstände berücksichtigen entweder nicht alle Wege, die zur Einwirkung des Pflanzenschutzmittels führen, oder sie beziehen in vielen Fällen die Risiken nicht ausreichend ein.“ Zudem gebe es Studien, die zeigten, dass Ernährung ohne Glyphosat-Rückstände zur Linderung oder gar zum Abklingen von Krankheiten führe, so Finckh.

Prof. Dr. Maria Finckh leitet an der Universität Kassel das Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz. Sie beteiligte sich bereits an mehreren großen deutschen und EU-finanzierten Forschungsprojekten zu Pflanzenschutz und Bodenfruchtbarkeit. An der Metastudie waren neben Finckh Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University of Florida / Center of Disease Control und der Hangzhou Normal University/China beteiligt.  

Die Lizenz für das umstrittene Mittel Glyphosat läuft Mitte Dezember 2017 aus. Vor wenigen Tagen hatte es im zuständigen EU-Gremium wieder keine Mehrheit für eine Verlängerung gegeben. Die EU-Kommission hatte mitgeteilt, dass sie einen Vermittlungsausschuss einberufen will, zur Debatte steht eine Verlängerung um zunächst fünf Jahre. Ein möglicher Sitzungstermin für den Vermittlungsausschuss ist der 22. November.

Link zur Meta-Studie „Environmental and health effects of the herbicide glyphosate: http://authors.elsevier.com/c/1V-jDB8cccp5d
Link zur Videopräsentation der Studie (5 Min.): http://tinyurl.com/yd672vmm

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Auch ein Bild von Prof. Finckh ist über die Pressestelle erhältlich.

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