05.02.2020 | Campus-Meldung

Warum uns die Freiheit im Supermarkt überfordert

Theresa Hartmann gewinnt Science Slam auf der Grünen Woche in Berlin

Bild: GFFA/photohek.de
Theresa Hartmann (li.) bei der Preisübergabe mit Bundes-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner

Viele kennen die Situation: Man steht vor dem Milchregal im Supermarkt und fühlt sich latent überfordert. Konventionelle Milch, Weidemilch, Heumilch, Bioland-, Naturland-, oder Demeter-Milch. Und dann ist da ja auch noch regional, fair oder mit gentechnikfreier Fütterung. „Als Durchschnittsdeutsche muss sich Maria Mustermann nur noch entscheiden. Wie wird sie Mensch, Nutztieren und Umwelt gerecht?“

Das fragt Theresa Hartmann in ihrem Science Slam-Text. Maria Mustermann ist die Protagonistin im Slam-Text von Hartmann. „Maria Mustermann fühlt sich von der schieren Vielfalt der Produktpalette überfordert. Ihr Gehirn wünscht Einfachheit“, sagt Hartmann. 

Maria greift aus Gewohnheit letztlich doch zu der billigen No-Name-Milch. Macht sie sich damit schuldig? Oder anders gefragt: Ist der Verbraucher selbst schuld, dass er Umwelt und Soziales will, aber nicht entsprechend einkauft? Der Beitrag der 25-Jährigen Theresa Hartmann über Marias Freiheit hat die Jury im Rahmen der Grünen Woche in Berlin überzeugt, sie mit dem ersten Preis beim „Think Aloud! – GFFA Science Slam“ des Global Forum for Food and Agriculture e. V. (GFFA) auszuzeichnen. Die Preisverleihung übernahm Bundes-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

„Du entscheidest“ war das diesjährige Motto auf der Grünen Woche des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. „Das Motto hat mich in den Fingern gejuckt“, sagt Hartmann. So wie Maria ginge es vielen Verbrauchern. „Ich habe bei meiner Themenwahl an der Konsumentenpsychologie angesetzt. Studien zeigen, dass unser Gehirn Interesse an Vereinfachung hat. Aber all die Produkte, Siegel und Reize im Supermarkt überlasten es“, erklärt Hartmann. „Und wie soll ich frei entscheiden, wenn nachhaltigere Produkte teurer sind und schwerer zu finden?“

Sie plädiere dafür, dass die Politik dem Verbraucher einen Rahmen geben müsse. In ihrem Slam bezieht sie sich auf eine Studie der UN. „Von 1000 befragten Geschäftsführern sagt die klare Mehrheit, dass freie Märkte für Nachhaltigkeit nicht effektiv sind.“ Ihre Vorstellung für diesen politischen Rahmen ist unkompliziert: „Ich bin für eine einfache Kennzeichnung, die einen Mindeststandard anzeigt. Zum Beispiel ähnlich wie bei den Eiern mit Zahlen.“ Deshalb ist Hartmann mit Maria am Ende in ihrem Text auch nachsichtig: "Liebe Maria, ja, du trägst Verantwortung. Nein, du trägst keine Schuld."

Hartmann, die aus München kommt, hat Ökologische Landwirtschaft am Standort Witzenhausen der Universität Kassel studiert. Sie habe sich ganz bewusst dazu entschieden, nachdem sie beim Freiwilligendienst in Argentinien zum ersten Mal Kühe per Hand melkte. „Danach habe ich erstmal daheim auf Höfen gearbeitet“. Zurzeit arbeitet sie als technisch-landwirtschaftliche Assistentin am Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing der Uni Kassel.

Und was gab es zu gewinnen? „Ruhm, Ehre, den Glaspreis und ein Händeschütteln mit Frau Klöckner“, lacht Hartmann. Aber der Slam habe ihr viel Spaß gemacht. Sie hätte große Lust, ihn auch auf anderen Bühnen vorzutragen. Die Grüne Woche 2020 fand vom 17. Januar bis 26. Januar in Berlin statt.

 

Kontakt:

Theresa Hartmann
Universität Kassel
Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften
Mitarbeiterin am Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing
Tel.: 05542 98 - 1283
E-Mail: hartmann[at]agrar.uni-kassel[dot]de