Das Werk der Brüder Grimm in der Zeit des Nationalsozialismus
Am 22. Juni 2018 von 10 bis 14 Uhr präsentieren Studentinnen des Instituts für Germanistik der Universität Kassel in der Gedenkstätte Breitenau in einer öffentlichen Veranstaltung die Forschungsergebnisse eines Seminars unter der Leitung von Holger Ehrhardt, in dem es um die Rezeption und Instrumentalisierung des Werks der Brüder Grimm in der Zeit von 1933 bis 1945 geht. Die Studentinnen stellen ihre Ergebnisse in Vorträgen vor, die den drei Themenblöcken Publizistik, Pädagogik und Philologie zugeordnet werden.
Im Themenblock Publizistik wird die Darstellung des Lebens und Werks der beiden Wissenschaftler in Tageszeitungen untersucht. Dazu wurden über 50 Artikel aus Zeitungen des Dritten Reichs ausgewertet. Die publizistische und feuilletonistische Darstellung wird mit Hinblick auf die zunehmende Gleichschaltung im Lauf der zwölf Jahre des Dritten Reichs nachvollzogen. Dabei interessiert insbesondere auch das publizistische Werk des Grimm-Forschers Wilhelm Schoof.
Bei der Untersuchung des Grimm’schen Werks als Gegenstand der nationalsozialistischen Pädagogik wird der Bogen gespannt von 1934, von einer vergleichsweise harmlosen Instrumentalisierung der Kinder- und Hausmärchen durch den Reichsverwalter des Nationalsozialistischen Lehrerbundes, bis 1942 und später, als die Märchen von den NS-Pädagogen immer rücksichtsloser in den Dienst der nationalsozialistischen Ideologie gestellt und schließlich als Rechtfertigung für den Krieg instrumentalisiert wurden.
In der Philologie-Abteilung wird an drei Beispielen dargestellt, wie Wissenschaftler zunehmend in Konflikte gerieten, weil sie ideologisch vereinnahmt wurdne. Einerseits wird die Nähe des Kölner Germanisten Friedrich von der Leyen zu den Nationalsozialisten gezeigt, andererseits wird untersucht, wie Rolle der Frau im Märchen interpretiert wird bzw. wie in einer Wiener Dissertation von 1943 sogenannte „Kulturschichten“ in den KHM untersucht werden.
Geplante Vorträge:
10:00 bis 10:15 Uhr
Holger Ehrhardt:
Einführung Die Brüder Grimm und das Dritte Reich oder: Materielle Grenzen einer Vereinnahmung
10:15 bis 11:15 Uhr
Die Brüder Grimm in der NS-Publizistik. Zwischen Jubiläumsgedenken, Erinnerungskultur und Populärwissenschaft
Jana Marie von Stockhausen:
Grimm-Jubiläumsgedenken im Dritten Reich
Nina Rüddenklau/Corinna Lang:
Die sich verändernde Wahrnehmung der Brüder Grimm in Tageszeitungen und Periodika
Louisa Friedrich:
Wilhelm Schoof zwischen Wissenschaft und nationalsozialistischer Ideologie
11:15 bis 12:15 Uhr
Die nationalsozialistische Instrumentalisierung der »Kinder- und Hausmärchen« in der Pädagogik (Hitler/Schemm, Prestel)
Fabienne Oertel:
Die nationalsozialistische Umsetzung der Erziehungsprogrammatik Hitlers durch den Vorsitzenden des Nationalsozialistische Lehrerbundes Hans Schemm
Sabrina Kuhaupt:
Die didaktische Umsetzung der nationalsozialistischen Erziehungsprogrammatik am Beispiel ausgewählter KHM
Fabienne Huy:
Der didaktische Paradigmenwechsel in der Endphase des Dritten Reichs am Beispiel der KHM
12:15 bis 13:15 Uhr
Die Grimm-Philologie unter dem Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie
Rosalie van Boxtel und Floor van Beekveld:
Die Nähe der Germanistik zur nationalsozialistischen Ideologie am Beispiel des Kölner Germanisten Friedrich von der Leyen
Anna-Katharina Schmuck:
Die nationalsozialistische Interpretation von „Kulturschichten“ in den KHM der Brüder Grimm am Beispiel einer Wiener Dissertation von 1943
Lisa Scherf:
Die nationalsozialistische Sicht auf die Frau im Märchen
Ort: Gedenkstätte Breitenau, Brückenstraße 12, 34302 Guxhagen