Die Tagung „Fantastic Climates“ fragt, wie sich die Klimakrise in Literatur, Filmen, Serien oder Spielen niederschlägt
Um die Erde ist es schlimm bestellt, sie heizt sich immer weiter auf. Die Folgen sind verheerend: Zerstörerische Waldbrände, Stürme, Dürren, Krankheiten, Überschwemmungen, abtauende Gletscher und Permafrostböden sind – global gesehen – längst an der Tagesordnung. Keine Frage, die Gegenwart ist finster, die Aussichten sind schlecht, die apokalyptische Zukunft ist eigentlich schon Gegenwart. Auch Melina Heinrichs, Ann-Christine Herbold, Maria Hornisch und Dr. Murat Sezi sind nicht gerade optimistisch, wenn sie an unseren Planeten denken.
Die Vier (Sezi ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter, die anderen sind Lehrbeauftragte am Institut für Anglistik und Amerikanistik) richten die 15. Jahrestagung der Gesellschaft für Fantastikforschung e.V. aus. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Climate Thinking am Fachbereich Geistes- und Kulturwissenschaften ist assoziiert. „In der fiktionalen Literatur ist die Klimakrise längst angekommen,“ erklärt Sezi. Von daher liege das Thema auf der Hand, nicht zuletzt an der Uni Kassel, die sich als Nachhaltigkeitsuniversität verstehe. „Fantastic Climates“ heißt die öffentliche Tagung, die vom 5. bis 7. September stattfindet und zu der etwa 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt anreisen werden, um danach zu fragen, wie sich der Klimawandel, die drohende Apokalypse, aber auch positive Utopien in Erzählliteratur und anderen Medien niederschlagen. Welche Formen und Ausprägungen gibt es? Welche Erzählstrategien werden verfolgt? Welche Genres spielen eine Rolle? Die Bandbreite ist groß. Egal ob Horror, Science Fiction, Fantasy oder Comic, alles kann einer Betrachtung unterzogen werden: von Werken, die sich in der utopisch-dystopischen Tradition verorten, bis hin zu Texten mit sozialistischem oder kommunistischem Einschlag, in denen es um politische Veränderungen geht.
Wer sind die Leserinnen und Leser dieser Bücher? Das komme ganz darauf an, sagt Ann-Christine Herbold: „Es gibt klassische Werke, die Umweltzerstörung lediglich am Rande thematisieren, wie etwa in Andrzej Sapkowskis „Hexer“-Saga. In weiteren spielen Klimawandel und Umweltzerstörung eine unmittelbare Rolle, etwa in Romanen Margaret Atwoods, Paolo Bacigalupis oder Frank Schätzings. Je nach Interessenlage oder Vorlieben wird man zu diesen oder jenen greifen.“
Und die Wirkung? Ist es vorstellbar, dass die Lektüre von Klimaromanen Verhaltensweisen beeinflusst? Murat Sezi: „Daran habe ich erhebliche Zweifel. Ein großes Problem ist leider die menschliche Fähigkeit zu verdrängen.“ Gleichwohl kann Literatur warnende Beispiele geben, Perspektiven aufzeigen und Wirkungen ermöglichen. Zeit also für wissenschaftliche Bestandsaufnahme und Analyse.
Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2024/2. Text: Andreas Gebhardt