Abschiedsvorlesung Dieter Gawora: "Brasilien. Land der Zukunft oder der Vergangenheit"

Im Jahr 1941 schrieb der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig im brasilianischen Exil das Buch „Brasilien. Ein Land der Zukunft“. Den Buchtitel empfanden die Menschen in Brasilien für Jahrzehnte als passenden Beinamen ihres Landes. Rechtfertigung erfuhr dies, da trotz massiver Probleme die Bevölkerung auch auf ausländische Besucher stets Hoffnung - also Zukunft - ausstrahlte. Oft wurde der melancholisch-ironischen Zusatz angefügt … eine Zukunft, die wir nie erreichen werden.

Doch 2003 schienen die Menschen Brasiliens und die sozialen Bewegungen mit dem Regierungsantritt von Lula die Zukunft erreicht zu haben.

Knapp 20 später muss die nachdenkliche Frage gestellt werden, ob Brasilien noch das Land der Zukunft oder inzwischen eines der Vergangenheit ist. Das Land ist heute so gespalten, wie noch nie in seiner Geschichte. Die jahrzehntelange scheinbar unerschütterliche Hoffnung, die das Land solange die Zukunft erträumen ließ, ist kaum mehr spürbar. Die großen klassischen (Klassen-)Bewegungen der Gewerkschaften und der Landlosen suchen nach Strategien. Der Katholische Kirche, die so viele junge Menschen für die soziale Gerechtigkeit sozialisierte, verliert an Einfluss. Gleichzeitig sind neue Bewegungen der Schwarzen, der Frauen, der Indigenen, von LGBT und auch der traditionellen Gemeinschaften entstanden, die sich weniger über die Klassenfrage, sondern über Fragen von Race, Gender, Ethnizität, Traditionalität oder sexueller Orientierung definieren. Können diese heterogenen Bewegungen und die Menschen in Brasilien die vielfältigen sozialen Spaltungen überwinden und neue übergreifende Zukunftsvisionen für das Land entwerfen? Sicher ist nur, eine Fortsetzung der aktuellen Politik würde Brasilien unweigerlich in eine düstere Vergangenheit katapultieren.

Mit diesen Fragen wird sich Dieter Gawora auseinandersetzen. Er hat an der Universität Kassel fast 40 Jahre zu und in Brasilien geforscht. Die Zusammenarbeit mit traditionellen Völkern und Gemeinschafen, sozialen Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen und Kolleginnen und Kollegen an den Universitäten insbesondere im Cerrado und in Amazonien prägten sein wissenschaftliches Leben.

In seiner Abschiedsvorlesung an der Universität Kassel wird er diese Forscherjahre und mögliche Zukunftsvision reflektieren. Die Veranstaltung gleichzeitig der Abschluss der öffentlichen Vorlesungsreihe "Brasilien. Land der Zukunft oder der Vergangenheit".

 

Die Teilnahme ist für maximal 100 Personen in Präsenz möglich.

Teilnahme per Zoom:
An der Abschiedsvorlesung kann auch online via Zoom teilgenommen werde. Sollten Sie Interesse an einer Zoom-Teilnahme haben, schicken sie eine entsprechende Nachricht an p.klein[at]uni-kassel[dot]de

 

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