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Buchvorstellung Prof. Dr. Philipp Oswalt: Bauen am nationalen Haus. Architektur als Identitätspolitik

Im Rahmen der Ringvorlesung „Identität und Erbe“ des gleichnamigen DFG Graduiertenkolleg

 

Der Wiederaufbau historischer Symbolbauten gilt als Engagement für historisches Bewusstsein, architektonische Schönheit und Reparatur von Stadtraum. Doch die vermeintlich unpolitischen Fassaden zielen auf eine Änderung unseres Geschichts- und Gesellschaftsverständnisses: Populistisch werden Zeiten vor 1918 idealisiert, Brüche negiert, gewachsene Identitäten überschrieben.

Das einführende Kapitel ordnet die Entwicklung von Rekonstruktionsbauten in die geschichtspolitischen Kontexte der letzten Jahrzehnte ein. Umfassende Recherchen zum Berliner Schloss und der Garnisonkirche Potsdam zeigen auf, wie Rechtsradikale an diesen Projekten beteiligt sind und mit ihrem Ideengut bis in die gesellschaftliche Mitte eindringen. Die Neue Altstadt in Frankfurt steht exemplarisch dafür, wie die mit neoliberalen Modernisierungen verknüpften identitätspolitischen Ideologien in die Stadtplanung einsickern. Die Fallbeispiele der Dessauer Meisterhäuser und der Paulskirche Frankfurt hingegen zeigen auf, wie Gebäude ohne verklärende Idealisierungen rekonstruiert werden können.

In seiner pointierten Einleitung zeigt Max Czollek die doppelten Standards in den deutschen Erinnerungskulturen auf und fordert inklusive Identitätsangebote für die plurale Gegenwart.

Philipp Oswalt, geboren 1964, lebt als Architekt und Publizist in Berlin. Er war u. a. Leiter des Projektes »Schrumpfende Städte« der Kulturstiftung des Bundes (2002–2008) und Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau (2009–2014). Seit 2006 lehrt er als Professor für Architekturtheorie und Entwurf an der Uni Kassel. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zurzeitgenössischen Architektur und Stadtentwicklung.

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