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Literatur und Philosophie  
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  Literatur und Philosophie
Literatur ist Welt auf Probe
Autoren an der Universi tät
Literatur ist Welt auf Probe – sie bildet einen Möglichkeitsraum und weist damit immer über sich selbst
hinaus. Lesungen aktueller Autorinnen und Autoren, die zu Gast an der Universität Kassel sind, bieten
allen Interessierten die Gelegenheit, diese Möglichkeiten zu erkunden
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. So waren Nobelpreisträger Gün-
ter Grass oder Eugen Ruge, Träger des Deutschen Buchpreises 2011, Gäste des Instituts für Germanistik;
der bekannte englische Schriftsteller Michael Frayn folgte der Einladung des Instituts für Anglistik/
Amerikanistik zu einem Kooperationsprojekt mit dem Staatstheater Kassel.
Setzt Zeichen
die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur
Zum 100. Geburtstag von Franz Rosenzweig fand 1986 ein internationaler Kongress statt, in dessen An-
schluss die Universität Kassel die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur ins Leben rief. Der jüdische Theologe
und Religionsphilosoph (* 1886. Kassel, † 1929, Frankfurt a. M.) setzte sich in seinem wissenschaftlichen
Werk vor allem für eine neue, zeitgemäße Deutung der jüdischen Tradition und für die Vermittlung
zwischen Christentum und Judentum ein.
Diese Gastprofessur ist in der deutschen Universitätslandschaft einmalig. Sie soll an die große Be-
deutung all jener Wissenschaftler erinnern, die von den Nationalsozialisten verfolgt, ins Exil getrieben
oder ermordet wurden. Insbesondere wurde die Gastprofessur unter dem Eindruck geschaffen, dass die
deutschen Universitäten eine Wiedereinsetzung ihrer zwangsweise entlassenen und ausgebürgerten
Kolleginnen und Kollegen jüdischer Herkunft nicht als ihre Pflicht begriffen haben.
Die Professur wird jeweils zum Sommersemester vergeben und bietet in der Regel zwei Seminare an.
Zunächst und zum einen soll sie die Auseinandersetzung mit Werk und Vermächtnis Franz Rosenzweigs
ermöglichen. Zum anderen, und in den letzten Jahren immer stärker, dient sie der Vergegenwärtigung
der durch den Nationalsozialismus zerstörten Kultur des europäischen Judentums und der Auseinander-
setzung mit der jüdischen Gegenwart.
Zahlreiche namhafte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Israel, Europa und Nordamerika,
vor allem Philosophen, Geschichts-, Literatur- und Religionswissenschaftler, haben die Professur bis-
lang innegehabt. 2012 besetzt die deutsch-amerikanische Wissenschaftlerin Prof. Dr. Liliane Weissberg
die Professur, zuvor waren unter anderen Carl S. Ehrlich, Leonard H. Ehrlich, Jacob Goldberg, Eveline
Goodman-Thau, William W. Hallo, Jakob Hessing, Rivka Horwitz, Joachim Israel, Hans Keilson, Michael
Löwy, Benyamin Maoz, Harry Redner, Zvi H. Rosen, Rafael N. Rosenzweig und Karol Sauerland Inhaber
der Franz-Rosenzweig-Gastprofessur.
Platon trifft Kant
das Philosophische Café
Mit einer sehr ungewöhnlichen Veranstaltungsreihe wartet das das Fachgebiet Praktische Philosophie
auf: Im Philosophischen Café treffen sich die großen Philosophen, um über Themen wie Gerechtigkeit
und Liebe, Wahrheit und Willensfreiheit, Tod und Toleranz kontrovers zu diskutieren. Das ganz Spezielle
dabei: Die gerufenen Philosophen sind vorwiegend längst tot, werden aber von äußerst lebendigen
Philosophinnen und Professoren von heute vertreten. Unmögliches wird so möglich: Platon trifft auf
Kant und Wittgenstein, Hegel disputiert mit Feuerbach und Heidegger.
Den Akteuren und Akteurinnen gelingt dabei das Kunststück, sich mit der Gedankenwelt der großen
Geister zu identifizieren und zugleich deren manchmal sperrige Systeme in eine für alle verständliche
und zugleich unterhaltende Sprache zu formen. Am Ende wird das Publikum in den Disput einbezogen,
um an der ebenso vergnüglichen wie anstrengenden Arbeit an den Begriffen, die unsere Gedankenwelt
im Innersten zusammenhält, teilzunehmen.
www.uni-kassel.de/
kultur
Lebendige Wissenschaftler
schlüpfen in die Rollen zumeist
toter Philosophen.
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Text von Nikola Roßbach