Enes Kaya

Diese Studie handelt von dem Phänomen ‚Ausnahmezustand‘ und verfolgt einen interdisziplinären Ansatz aus den Bereichen des Rechts und der Politikwissenschaften. Der Ausnahmezustand ist eine Form der Intervention, welche in Krisenzuständen Anwendung findet. Das Interesse an diesem Phänomen resultiert aus der Frage, weshalb kapitalistische Staaten diese Form des Regimes für nötig erachten. Mit dieser Fragestellung ergibt sich die Möglichkeit, diese Art des Regimes am Beispiel der Türkei zu analysieren. Aus diesem Grund richtet sich die Forschungsfrage danach, weshalb moderne kapitalistische Staaten von einem Ausnahmezustand gebrauch machen und wie diese Befugnisse während des Ausnahmezustandes sich auf die Entwicklung der Türkei auswirken. Die Hypothese auf die Fragestellung dieser Arbeitet lautet, dass mit dem Aufkommen des Neoliberalismus seit den 1970er Jahren die zunehmend ökonomischen Interventionen des modernen Staates in verschiedene Bereiche politische Krisen innerhalb des Machtblocks geschaffen und infolgedessen hegemoniale Krisen hervorgebracht haben. Zur Überwindung der hegemonialen Krisen werden deshalb von den Befugnissen der Notstandsgesetze gebraucht gemacht. Jedoch sind diese Befugnisse deshalb keine Ausnahme-Befugnisse, da sie bereits im modernen Recht enthalten sind. Die Hypothese über den Fall der Türkei ist jedoch, dass das Exekutivapparat diese Beschränkungen überschreitet, während es diese Befugnisse nutzt, und auf diese Weise ein Ausnahmezustandsregime institutionalisiert. Die Analyse dieser Entwicklungen kann in vielen verschiedenen Disziplinen durchgeführt werden. Diese Studie analysiert die Rechtstexte, die diese Institutionalisierung für das staatliche System kodieren. Eine Diskursanalyse wird über Gesetzesdekrete und andere Hilfsgesetze entwickelt und Hegemonie-Projekte, die durch sie umgesetzt werden, werden sichtbar gemacht. Um eine solche Analyse durchzuführen, sind sowohl eine theoretische Diskussion als auch eine empirische Forschung notwendig. Aus diesem Grund soll die Studie in erster Linie einen Beitrag zur marxistischen Staatstheorie liefern, indem sie eine theoretische Diskussion über den Ausnahmezustand führt; dieses, sowie die empirische Forschung am Beispiel der Türkei soll die Natur des Regimes illustrieren.

Die Frage, warum der kapitalistische Staat, der die erste der Forschungsfragen ist, dieses Regime braucht, wird durch Ausnutzung der von uns vorgestellten Theorie beantwortet werden, um die Mittel der Intervention des kapitalistischen Staates in Krisenzeiten aufzudecken. Nachdem mit dem Konzept des Ausnahmezustands der theoretische Rahmen für die Untersuchung der staatlichen Interventionen gesetzt wurde; werde ich eine Untersuchung - beginnend ab der globalen Krise 2008, die sich 2011 zuspitzte und mit dem Putschversuch 2016 ihren Höhepunkt erreichte – durchführen. Diese Studie verfolgt die zweite Frage, welche Rolle das Ausnahmezustandsregime beim Übergang der Türkei in die Diktatur spielte. Obwohl sozioökonomischer Wandel in der Türkei der Gegenstand zahlreicher Studien ist, bleibt der ‘jurido-politische‘ Zusammenhang in der Gesamtentwicklung unterbelichtet. Die zweite Sache ist die, dass der Ausnahmezustand in der Türkei als Phänomen in einem größeren Kontext zu betrachten ist – gerade dann wenn es darum geht, frühzeitig auf Entwicklungen in anderen Ländern zu reagieren.

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