Erschienen | Buchpublikation zum Städtebau im Nationalsozialismus
Städtebau war ein wesentliches Instrument der NS-Diktatur. Er diente immer der Legitimation der Herrschaft, der Produktion von Zustimmung, der Demonstration von Stärke, Effektivität und Schnelligkeit, er begleitete Aufrüstung und Krieg, er vermittelte das gesellschaftspolitische Programm der Diktatur im Inland wie Ausland, er war ein Medium
der Konkurrenz mit demokratischen Staaten und vor allem mit anderen europäischen Diktaturen, er band alte wie neue Fachleute an die Diktatur und grenzte systematisch Bevölkerungsgruppen aus. Zum nationalsozialistischen Städtebau gibt es seit den 1970er Jahren viele und genaue Teiluntersuchungen, die jedoch den hektischen Wandel des
Städtebaus zwischen 1933 und 1945 nicht immer berücksichtigen. Sie ignorieren zudem in der Regel die internationalen Bezüge. In diesem Buch wird der Städtebau der NS-Herrschaft in seiner außerordentlichen Dynamik und im Kontext anderer europäischer Diktaturen
jener Zeit betrachtet. Denn zwischen 1933 und 1945 wechselten mehrfach die großen Themen des Städtebaus, die wichtigsten Akteure, die betroffenen Städte und die zu entwickelnden Gebiete in diesen Städten, die Programme und Praktiken, die Gewinner und
Verlierer. Folgenreich war die ständige Erweiterung der zu beplanenden Räume durch „Anschlüsse“ und gewaltsame Besetzungen. Unterschiedlichste Institutionen und Fachleute rangen um Zuständigkeit für das wachsende Handlungsfeld. Ausgegrenzte gesellschaftliche
Gruppen erfuhren durch Städtebau zunehmend Entrechtung, Raub, Verdrängung, Verfolgung und Mord. Zugleich verschoben sich Medien und Inhalte der Städtebau-Propaganda, die Produktion der erwünschten Wahrnehmung dessen, was als Städtebau verstanden
werden sollte. Auch die Rezeption des NS-Städtebaus nach 1945 wurde durch die Propaganda der Diktatur beeinflusst.