Fachbereich6
Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung
AG KommLab
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Planning for Real
Die Methode Planning for Real wurde Mitte der 70er Jahre in England entwickelt und findet auch in Deutschland zunehmend Verbreitung. Planning for Real ist eine aktivierende Beteiligungsmethode mit der schnell und direkt Informationen zur aktuellen Situation in einem Stadtteil/einem Quartier gewonnen werden können. Durch die Anwendung der gemeinwesenorientierten Planungsmethode soll zudem die Kommunikation unter BewohnerInnen verbessert werden. Gemeinsam mit PlanungsexpertInnen und anderen Interessengruppen wird spielerisch die Aktivierung des Selbsthilfepotentials vor Ort ermöglicht und unterstützt.

Anwendung
Modellbau
Aufwand
Zielgruppe
Ergebnis/Wirkung
Zu beachten
Anwendungsbeispiele
Links und Downloads
Literatur


Anwendung
Grundlegendes Prinzip der Methode ist, dass die Auseinandersetzung mit dem eigenen Stadtteil an einem dreidimensionalen (Papp)Modell geschieht. In Gesprächen am Modell mit BürgerInnen und Gruppen, die an verschiedenen Orten und im Rahmen einer Abschlussveranstaltung stattfinden, werden bestehende Mängel und Verbesserungsideen sowie die eigenen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten angesprochen. Der hohe Einsatz an nonverbalen Mitteln ermöglicht fast allen BewohnerInnengruppen, sich am Prozess zu beteiligen. Die Methode lässt sich in die drei folgenden Phasen unterteilen:

Modellbau
Phase 1:
In der ersten Phase bauen BewohnerInnen des betreffenden Ortes/Gemeinwesens ein großes, einfaches und noch transportables Modell ihres Wohnumfeldes/ihres Quartiers. Durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit sollten möglichst viele Bewohnergruppen angeregt werden, bereits in dieser Phase an dem Projekt mitzuwirken. Die Projektdurchführenden können z.B. bestehende Gruppen im Quartier bei ihren Treffen aufsuchen und dort mit ihnen Teile des Modells erstellen. Die Modellbauphase dauert in der Regel mehrere Wochen und findet zu verschiedenen Tageszeiten statt.

Phase 2: Gespräche und Aktionen am Modell
Das Modell wird in der zweiten Phase über einen längeren Zeitraum hinweg (etwa drei Wochen) im Stadtteil an verschiedenen Orten (Plätze, Kneipen, Treffpunkte, Haltestellen etc.) aufgestellt. Dabei kommen die BürgerInnen miteinander ins Gespräch und tauschen sich über Mängel und Veränderungswünsche bezüglich ihres Stadtteils aus. Darüber hinaus werden die BürgerInnen auf die Abschlussveranstaltung aufmerksam gemacht.
Parallel zu den Gesprächen am Modell werden sogenannte Nachbarschaftshilfe-Bögen zum freiwilligen Ausfüllen verteilt. Die bildlich und schriftlich dargestellten Fähigkeiten und Interessen (Gartenarbeit, Musik, soziale Dienste etc.) können von interessierten BürgerInnen als gewünschte Nachfrage oder als eigenes Angebot angekreuzt werden.

Phase 3: Abschlussveranstaltung
Unmittelbar nach Phase 2 findet die für alle offene Abschlussveranstaltung der Planning for Real-Phase statt. Hierbei steht das Modell noch einmal im Zentrum der Aufmerksamkeit. Im ersten Schritt können die TeilnehmerInnen auf bunten Vorschlagskärtchen ihre Veränderungswünsche markieren. Im Anschluß werden die Vorschläge gemeinsam nach der Dringlichkeit und zeitlicher Möglichkeit gewichtet. In einem Aktionsplan werden Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten sichtbar gemacht. Ziel ist, dass Arbeitsgruppen entstehen, die sich weiter treffen und um die Umsetzung kümmern. Insofern ist die Abschlussveranstaltung auch gleichzeitig eine Startveranstaltung für die Ideenkonkretisierung und Umsetzung.
Zur Unterstützung der BürgerInnen sollten auch ExpertInnen und lokale AkteurInnen auf der Veranstaltung anwesend sein. Die Umsetzung erfolgt nach dem Prinzip "small and soon".

Aufwand
Die Methode lässt sich nur mit einer entsprechenden personellen Ausstattung durchführen. Material- und Veranstaltungskosten sind eher gering.
Den größten zeitlichen und personellen Aufwand bedarf es in den ersten beiden Phasen. Um vielen BürgerInnen die Gelegenheit zum Modellbau zu ermöglichen, braucht es eine breite Öffentlichkeitsarbeit und eine gute Vorbereitung unterschiedlicher Modellbautermine. Für die Abschlussveranstaltung gibt es außer den Vorschlagkärtchen und der Zeitplanung keine klaren Vorgaben bezüglich des Arbeitsprozesses.

Zielgruppe
Alle BewohnerInnen eines Quartiers oder Plangebietes. Mit dieser aufsuchenden und alltagsnahen Beteiligungsmethode können Personengruppen an Planungsvorhaben beteiligt werden, die sich sonst weniger an Planungs- und Entscheidungsprozessen beteiligen.
Mit der Methode Planning for Real können auch Kinder und Jugendliche an Planungsprozesse beteiligt werden.

Ergebnis/Wirkung
Die Methode setzt auf die praktische Zusammenarbeit (Modellbau) und alltagsnahe Kommunikation (Gespräche am Modell) mit verschiedenen Gruppen auf unterschiedlichen Ebenen. Planning for Real kann als guter Einstieg in einen längeren Planungs- und Beteiligungsprozess dienen. Beteiligungsunerfahrene oder resignierte BürgerInnen lassen sich durch diese alltagsnahe, aufsuchende und niedrigschwellige Methode eventuell eher zur Mitwirkung an der Gestaltung ihres Quartiers aktivieren als durch Methoden wie Open Space oder Zukunftswerkstatt.
Bei der Methode wirken die BürgerInnen mit an der Bestandsaufnahme und der Ideenentwicklung bezüglich der Entwicklungen ihres Wohnumfeldes. Inwieweit sie auch Entscheidungen beeinflussen können, hängt von der Offenheit der EntscheidungsträgerInnen und dem Aktivierungsgrad ab. Des weiteren kann durch die Methode Planning for Real das Selbsthilfepotential und die Kommunikation im Quartier gefördert werden.
Zu beachten
Erste Erfolge bzw. Umsetzungen sollten schnell sichtbar sein und mit Unterstützung von BürgerInnen geschehen.
Damit sich die Menschen mit dem Projekt identifizieren können, sollte das Modellgebiet nicht zu groß sein.

Anwendungsbeispiele
1993 Neubaugebiete in Berlin-Hellersdorf und Potsdam-Schlaatz (Info: www.ehrenamt.de/sec4/item3a.htm)
1998 Planung von unten – ein gemeinwesenorientiertes Entwicklungsverfahren, Gemeinden Glöwen, Protzen und Stolzenhain/alle Brandenburg (Info: Technologie-Netzwerk Berlin e.V)
2000 Spielraum Sandbek – Sandbeker Bewohner planen und gestalten ihren Stadtteil – ein gemeinwesenorientiertes Planungsverfahren (Info: Bezirksamt Hamburg-Harburg)

Links und Downloads
www.ehrenamt.de/sec4/item3a.htm
www.stadtteilarbeit.de
www.wegweiser-buergergesellschaft.de

Literatur
Zur angegebenen Literatur finden Sie in der Bibliothek jeweils eine kurze Beschreibung

Bonas, Ingrid; Schwarz, Claudia: Planning for Real in der Praxis – Dokumentation und Auswertung einer begleitenden Beratung des Stadtteilprojektes NOWA in Potsdam-Babelsberg, Berlin, 1996.

Förderverein für Jugend- und Sozialarbeit e.V. (fjs): Planning for real – ein ganzheitlicherAnsatz gemeinwesenorientierter Projektarbeit. Einführung, Arbeitsweise, Arbeitsmaterialien und Methoden, Schriftenreihe fjs-Band 6. Berlin, 1993.

Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziale Brennpunkte Niedersachsen e.V.: LAG-Thema Planning for Real – Materialsammlung – Gemeinwesenorientiertes, mobilisierendes Beteiligungsverfahren. Hannover, 2002.

Umweltbehörde Hamburg – Fachamt für Stadtgrün und Erholung (Hrsg.): Spielraum Sandbek: Sandbeker Bewohner planen und gestalten ihren Stadtteil – ein gemeinwesenorientiertes Planungsverfahren, Hamburg, 2000.


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| AG KommLab | Letzte Änderung 05.06.2003 |