Fachbereich6
Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung
AG KommLab
| Start | Lehrangebot | Methoden | Werkzeuge | Bibliothek | Kontakt |

Zukunftskonferenz
Die Entstehungsgeschichte der ursprünglich für den Unternehmensbereich konzipierten Zukunftskonferenz reicht in die 60er zurück. Aus den frühen Erfahrungen mit dieser Methode entwickelte der Organisationsberater Marvin Weisbord in den 70er Jahren in den USA die Version, die heute als die Methode der Zukunftskonferenz gilt und als solche angewandt wird.

Anwendung
Aufwand
Zielgruppe
Ergebnis/Wirkung
Zu beachten
Anwendungsbeispiele
Links und Downloads
Literatur


Das Grundprinzip der Zukunftskonferenz besteht darin, alle Mitglieder bzw. einen repräsentativen Querschnitts eines Systems wie z.B. einer Gemeinde zusammenzubringen ("das gesamte Wissen"), um gemeinsam Visionen für die zukünftige Entwicklung zu erarbeiten. In der Zukunftskonferenz, die sehr strukturiert verläuft, kommen etwa 50 – 75 Personen über zwei bis drei Tage zusammen. Die Heterogenität der TeilnehmerInnen ermöglicht Begegnungen zwischen Gruppen mit einer konfliktbehafteten Vergangenheit. Durch den Blick auf die Zukunft und das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten statt bestehender Probleme, können vorhandene Konflikte bearbeitet und neue Ideen entwickelt werden. Obwohl die Zukunftskonferenz aufwendig ist und es auf den ersten Blick eher unmöglich erscheint, dass Menschen aus unterschiedlichen Hierachieebenen ein gemeinsames Projekt entwickeln, ist genau dies in den letzten Jahren mehrfach in deutschen Städten und Gemeinden geschehen. Die Zukunftskonferenz zeigt wie kaum eine andere Methode den Wandel in der Planungskultur.

Anwendung
In der Vorbereitungsphase stehen neben den üblichen Aufgaben wie Organisation der Räumlichkeiten (ein großer Saal/eine Halle), der Verköstigung, des Materials etc. vor allem die Zusammenstellung und das Einladen der KonferenzteilnehmerInnen an – hierzu bedarf es viel Fingerspitzengefühl. Es ist wichtig, im Vorfeld eine Vorbereitungsgruppe (bestehend aus Moderation und VertreterInnen der Politik, Verwaltung, Vereine etc.) zu bilden, die sich Gedanken um die repräsentative Zusammensetzung der TeilnehmerInnen macht.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass die TeilnehmerInnen verbindlich zusagen und alle relevanten Gruppen wirklich vertreten sind.
An einer Zukunftskonferenz nehmen zwischen 50 und 75 Personen teil, die in den zwei Hauptphasen 'Schaffung einer gemeinsamen Basis' und 'Schaffung einer wünschenswerten Zukunft' zusammenarbeiten.
Eine Besonderheit der Methode stellt das Wechselspiel der Sitzordnung bzw. der Gruppenzusammensetzungen dar. Zu Beginn sitzen die TeilnehmerInnen in eher homogenen Gruppen zu acht Personen um einen Tisch herum (z.B. alle VertreterInnen aus der Politik an einem Tisch) und arbeiten dort zusammen. Im Verlauf der Konferenz werden die homogenen Gruppen in sogenannten Max-Mix-Gruppen systematisch durchmischt. So können Gruppengrenzen aufgebrochen und neue Verbindungen quer zu bestehenden Gruppen aufgebaut werden.

(Foto einfügen: Arbeiten am Max-Mix-Tisch (Zukunftskonferenz Kevelaer) )

Zwischen den Gruppenarbeitsphasen gibt es Plenumsphasen.
Der Ablauf ist sehr strukturiert und in seiner Dynamik vom Wechsel der Gruppen und der Arbeitsweisen abhängig. Die zwei Hauptphasen lassen sich in die folgenden fünf Unterphasen gliedern:

Schaffung einer gemeinsamen Basis:
In der Unterphase 1 – Wo kommen wir her? – steht die Vergangenheit im Blickfeld unter der Zielsetzung, ein gemeinsames Bild der Werte und der gemeinsamen Geschichte zu entwickeln. Die erste Phase dient dem Warmwerden, der Bildung einer Atmosphäre der möglichen Zusammenarbeit und der Förderung eines Gemeinschaftsgefühls.
In Unterphase 2 - Welche Entwicklungen kommen auf uns zu?, Worauf sind wir stolz, was bedauern wir? – wird das Ziel verfolgt, eine gemeinsame Sicht der von außen einwirkenden Trends und Herausforderungen zu entwickeln, diese Herausforderungen und die gegenwärtigen Realitäten zu bewerten und gemeinsame Werte zu erkennen. Diese Phase dient dazu, das gemeinschaftliche Verantwortungsbewußtsein der TeilnehmerInnen für vorhandenen Defizite zu wecken.

Schaffung einer wünschenswerten Zukunft:
In Unterphase 3 – Was wollen wir erreichen? – werden Visionen für die Zukunft entwickelt. In dieser Phase wird mit kreativen Methoden ähnlich wie in der Zukunftswerkstatt gearbeitet. Die Visionen werden in verschiedenen Darstellungsformen vorgestellt (Sketche, Collagen, Bilder, Gedichte).
In Unterphase 4 – Worin stimmen wir überein? – werden die Gemeinsamkeiten in den Zukunftsentwürfen aller Gruppen herausgefiltert. Daneben werden die verbleibenden Konflikte formuliert und als ungelöste Differenzen festgehalten. Das Ergebnis wird im Plenum zusammengetragen. Die Gemeinsamkeiten bilden die Grundlage für die Massnahmen, die in der letzten Phase entwickelt werden.
In Unterphase 5 – Wie kommen wir unseren Zielen näher? – wird in Kleingruppen erarbeitet, was man kurz- und langfristig tun will, um auf die Ziele, zu denen Konsens hergestellt werden konnte, hinzuarbeiten. Wichtig ist dabei, konkrete Aktionsschritte zu formulieren.

Aufwand
Die Vorbereitung und Durchführung einer Zukunftskonferenz ist sehr aufwendig. Das Ziel, alle VertreterInnen einer Kommune/eines Systems zusammenzubringen, kann viel Geduld und Überzeugungskraft erfordern. Das Engagement und die Verbindlichkeit der politischen Führung (z.B. BürgermeisterIn,) ist sehr wichtig für die Motivation der TeilnehmerInnen.

Zielgruppe
Die Zielgruppe der Zukunftskonferenz sind alle Mitglieder einer organisatorischen Einheit bzw. ihrer VertreterInnen (bei einer Zukunftskonferenz in einer Kommune sind dies unter anderen die/der VertreterIn der örtlichen Unternehmen, VertreterIn der örtlichen Umweltgruppen, VertreterIn der Kirchengemeinden).

Ergebnis/Wirkung
Im Rahmen einer Zukunftskonferenz entstehen zahlreiche auf den Gemeinsamkeiten basierende Projektideen, die von allen TeilnehmerInnen unterstützt werden (Konsensprinzip).
Eine große Wirkung erzielt die Zukunftskonferenz dadurch, dass unterschiedliche Gruppen zusammengebracht werden. Die Arbeit in den sogenannten Max-Mix-Tischen trägt zum Kennenlernen bei und kann zur Überwindung von gegensätzlichen Positionen führen. Idealerweise entstehen neue Netzwerke.
Das Aufzeigen der gemeinsamen Geschichte und der gemeinsamen Ziele fördert das gemeinschaftlichen Verantwortungsbewußtsein. Hieraus kann ein hoher Grad an Mobilisierung für die tatsächliche Bearbeitung von Projekten resultieren.

Zu beachten
Wichtiges Grundprinzip der Methode ist es, dass alle Teile einer organisatorischen Einheit zusammenkommen. Es darf nicht geschehen, dass aus politischen oder persönlichen Animositäten bestimmte Gruppen von vorn herein ausgegrenzt oder übersehen werden. Wer hier Fehler begeht, baut bereits im Vorfeld hohe Hürden für die Umsetzung von Ergebnissen auf.
Da auch Kinder und Jugendliche Teil des Systems Stadt sind, müssten sie eigentlich bei der Zukunftskonferenz zum Thema Stadtentwicklung vertreten sein. Kinder wären aber in der Regel mit der Arbeitsweise/Dauer der Zukunftskonferenz überfordert. Auch bei Jugendlichen muss seitens der Moderation besonders in der Phase der Max-Mix-Tische darauf geachtet werden, dass sie in die Diskussionen und Arbeitsphasen einbezogen bleiben. Auch andere Gruppen wie MigrantInnen oder SeniorInnen können mit der Methode der Zukunftskonferenz überfordert sein. Diese Aspekte müssen bei der Auswahl der TeilnehmerInnen beachtet werden.
Die ungelösten Differenzen in der vierten Unterphase deuten unter Umständen auf zentrale Problemfelder hin, die eigentlich weiterverfolgt bzw. gelöst werden sollten. Die Zukunftskonferenz ist aber so angelegt, dass die Gemeinsamkeiten im Mittelpunkt stehen. Von Seiten der AusrichterInnen sollten die ungelösten Differenzen nicht unter den Tisch fallen.
Die TeilnehmerInnen einer Zukunftskonferenz sind am Ende in der Regel sehr geschafft, aber auch sehr motiviert, an ihrem Thema weiterzuarbeiten. Im Vorfeld sollte deshalb unbedingt überlegt werden, wie in den Gruppen weitergearbeitet und welche Form der Unterstützung die Arbeitsgruppen durch den Veranstalter erhalten werden (Moderation/Räumlichkeiten/Arbeitsmaterialien).
Wie viele andere Beteiligungsmethoden ist die Zukunftskonferenz nicht darauf angelegt, eine Einmal-Veranstaltung zu sein. Folgeveranstaltungen wie Arbeitsgruppentreffen oder Präsentationen in Gremien sollten von vorn herein mit eingeplant werden.

Anwendungsbeispiele
1998 Zukunftskonferenz Viersen 'Gemeinsam Zukunft schaffen – Vision 2010' (Info: www.uni-kassel.de/fb1/burow/)

1998 Zukunftskonferenz Olchingen (Infos: Apel, H; Dernbach, D.; Ködelpeter, T.; Weinbrenner, P. (Hrsg.), Bonn, 1998)

1999 Zukunftskonferenz der Region Burgwald/Hessen (Info: www.uni-kassel.de/fb1/burow/)

2000 Zukunftskonferenz "Stahnsdorf zeigt Profil" (Infos: www.zukunftskonferenzstahnsdorf.de/metho.html)

2001 Zukunftskonferenz Kevelaer 'Unverwechselbar Kevelaer 2015 – Gemeinsame Visionen für die Zukunft’ (Info: Stadt Kevelaer/NRW)

2001 Zukunftskonferenz "Wilhelmsburg bündelt Kräfte" (Info: www.insel-im-fluss.de oder Stadtentwicklungsbehörde Hamburg/I)

2002 Zukunftskonferenz Gemeinde Lohfelden (Info: Gemeinde Lohfelden)

Links und Downloads
www.futuresearch.net
www.stadtteilarbeit.de
www.uni-kassel.de/fb1/burow/
www.wegweiser-buergergesellschaft.de
www.zurbonsen.de

Literatur
Zur angegebenen Literatur finden Sie in der Bibliothek jeweils eine kurze Beschreibung

Hüneke, Karl: Zukunftskonferenz als Methode im Rahmen der Erstellung einer Lokalen Agenda 21, in: Apel, H; Dernbach, D.; Ködelpeter, T.; Weinbrenner, P. (Hrsg.): Wege zur Zukunftsfähigkeit – ein Methodenhandbuch, Stiftung Mitarbeit, Bonn, 1998, S. 83-93.

Marvin Weisbord, Sandra Janoff: Future Search – Die Zukunftskonferenz. Wie Organisationen zu Zielsetzungen und gemeinsamem Handeln finden. Stuttgart, 2001, 313 Seiten.


Kontakt
| AG KommLab | Letzte Änderung 05.06.2003 |