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28.09.2025 | Incher | Forschung

Ist KI in Schule und Studium das Ende des selbständigen Denkens? Nicht unbedingt, sagen Kasseler Forscher!

Kürzlich hat die Firma OpenAI unter großer internationaler Aufmerksamkeit den neuen „Study Mode“ für ChatGPT vorgestellt. Durch gezielte Rückfragen in sokratischer Art und Weise und schrittweise Erklärungen will die KI Lernende damit beim eigenständigen Denken unterstützen, statt nur Lösungen zu präsentieren. Aber ist das wirklich eine neue Dimension oder ist es Marketing-Blendwerk? Wer es genauer wissen will, sollte die neueste Studie zweier Kasseler Wissenschaftler lesen, die sich aktuell aus wissenschaftlichen Perspektive mit eben diesen Themen beschäftigen.

Im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation zwischen Mitarbeitenden von Mitgliedern des Zentrums für empirische Lehr- und Lernforschung (ZELL) und des International Center for Higher Education Research (INCHER) ist eine Studie von Peer-Benedikt Degen und Dr. Igor Asanov entstanden, die die Wirksamkeit eines KI-basierten sokratischen Tutors untersuchten. Dieser KI-Tutor wurde von Peer-Benedikt Degen im Rahmen seiner Promotion konzipiert, technisch umgesetzt und in einer kontrollierten Studie getestet. Die Studie der beiden Kasseler Wissenschaftler zeigt, dass ein Einsatz von KI kritisches, eigenständiges und reflexives Denken unterstützen und nicht behindern kann, wenn das KI Tool gezielt pädagogisch instruiert ist.

Besondere Bedeutung erhalten die Ergebnisse vor dem Hintergrund einer aktuellen Studie des MIT (https://www.media.mit.edu/publications/your-brain-on-chatgpt/), die zeigte, dass Studierende bei Nutzung einer nicht instruierten KI (hier Chat-GPT 4o von OpenAI) eine geringere kognitive Aktivität aufwiesen. Ein Befund, der die Bedeutung eines Fokus auf pädagogische Rahmung im KI-gestützten Lernen unterstreicht.

Die Studie von ZELL und INCHER wurde mit 65 Lehramtsstudierenden in Deutschland durchgeführt und vergleicht die Interaktion der Studierenden mit einem sokratischen Tutor mit der Interaktion mit einem nicht trainierten KI-Chatbot. Studierende, die den sokratischen Tutor nutzten, berichteten von einer deutlich stärkeren Förderung des kritischen, unabhängigen und reflektierenden Denkens, was darauf hindeutet, dass dialogische KI das metakognitive Engagement stimulieren kann und damit den jüngsten Narrativen über den Verlust von Fähigkeiten aufgrund der Nutzung generativer KI widerspricht.

Das Preprint der Studie ist soeben auf arXiv erschienen und kann unter https://arxiv.org/abs/2508.05116 abgerufen werden.

Peer-Benedikt Degen, Igor Asanov (2025): “Beyond Automation: Socratic AI, Epistemic Agency, and the Implications of the Emergence of Orchestrated Multi-Agent Learning Architectures”. https://arxiv.org/abs/2508.05116

Kontakt:
Degen[at]uni-kassel[dot]de