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Prof. Dr. Andreas Braun

Es muss doch möglich sein, dass wir den Planeten in einem Zustand halten, der langfristig gute Lebensgrundlagen für alle erhält und die Ökosysteme schont.

Interview

Human Environment Interactions: Was genau erforschen Sie im Fachgebiet?

Wir erforschen wie und anhand welcher Mechanismen Menschen mit ihrer Umwelt interagieren – sie wahrnehmen, nutzen, schützen und belasten – und wie dies auf menschliche Gesellschaften zurückwirkt. Wie also Gesellschaften und Umwelten sich gegenseitig bedingen. Ein besonderer Schwerpunkt sind dabei Landnutzungs- und Klimawandel, Ressourcennutzung sowie deren Zusammenhang mit der menschlichen Gesundheit.

Was hat Sie dazu inspiriert, in diesem Bereich wissenschaftlich zu arbeiten?

Ich habe zuerst Geoökologie studiert, ein Fach, welches sich selbst an der sogenannten Mensch-Umweltschnittstelle situiert. Im Rahmen meiner Promotion zu den Auswirkungen der Forstindustrie in Chile saß ich 2010 in einer auf über 50ha abgeholzten Baumplantage. Mit Blick auf diese massive Umweltzerstörung wurde mir klar, dass ich ohne sozialwissenschaftliche Kompetenzen hier nicht weiterkomme. Also habe ich während meiner Promotion noch Soziologie studiert und mich immer tiefer in die Mechanismen menschlicher Landnutzung und deren Konsequenzen für Mensch-Umwelt Systeme eingearbeitet.

Welche konkreten Fragen oder Probleme versuchen Sie derzeit zu lösen?

Ich habe mir im Rahmen meiner Rufannahme vorgenommen, meine bisherige Forschung stärker mit gesundheitsbezogenen Fragestellungen zu verbinden. Aus Neugier und purem Interesse an neuen Betätigungsfeldern. Ich habe auch mein Team disziplinär so aufgestellt. Wir arbeiten im Moment intensiv daran, wie unsere bisherige Mensch-Umweltforschung mit dem OneHealth Konzept verbunden werden kann.

Was ist Ihr aktuell wichtigstes Forschungsprojekt und warum?

Ich bin ja noch neu an der Uni Kassel und die Einwerbung von Drittmittelprojekten steht noch aus. Mehrere sehr vielversprechende Promotionsprojekte laufen derzeit. Mein ganz persönlich wichtigstes Projekt ist im Moment das Kassel Institut selbst. Natürlich arbeite ich mit meinem Team aktiv daran, Drittmittelprojekte zu akquirieren, vor allem braucht es jetzt aber geduldige und leistungsstarke Architekt:innen des Kassel Institut, welche sich unermüdlich für den Aufbau von Kooperationsstrukturen, Themenfindungen, Lehrkooperationen usw. einsetzen.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie mit Ihrer Forschung?

Eine große und dauerhafte Herausforderung ist die Transformation der Wissenschaft selbst. Was braucht es, damit diese optimal zur Nachhaltigkeit beitragen kann? Welche Rolle spielen Inter- und Transdisziplinarität und wie müssen Erkenntnismodelle angepasst und verändert werden? Ich arbeite mit meiner interdisziplinären Gruppe, mit Promovierenden und Kolleg:innen hier auch erkenntnistheoretisch.

Welche Methoden wenden Sie in Ihrer Forschung überwiegend an?

Wir setzen auf inter- und transdisziplinäre Vielfalt von Methoden und Ansätzen. Insbesondere nutzen wir Methoden der Landschaftsökologie, der Umweltsozialwissenschaft, Epidemiologie und des Environmental Justice Diskurses.

Welche Momente bereiten Ihnen besonders viel Freude bei Ihrer wissenschaftlichen Arbeit?

Was mir besonders viel Freude macht ist der Kontakt mit jungen Menschen, also Studierenden, Promovierenden und PostDocs. Der Vorteil als Professor:in ist ja: man wird selbst immer älter, die Studierendengenerationen bleiben aber gleich jung. Sie bringen viel Motivation, Ideen, Kritik und Perspektiven ein. Daraus lässt sich viel lernen und es ist insbesondere das eigene Lernen, das neue Dinge verstehen, das mich sehr motiviert.

Welche persönlichen Ziele oder Visionen treiben Sie in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit an?

Ich möchte die Welt besser machen! Ich möchte Probleme lösen, Dinge tun, die wirklich wichtig sind. Vor allem bewegt mich zur Zeit der Klimawandel. Ich frage mich: „Es muss doch möglich sein, dass wir den Planeten in einem Zustand halten, der langfristig gute Lebensgrundlagen für alle erhält und die Ökosysteme schont“. Genau dazu möchte ich Beiträge machen.

Was zeichnet Nachhaltigkeitsforschung am Kassel Institute for Sustainability aus?

Das Kassel Institut begeistert mich. Im Kassel Institut interessieren wir uns sowohl für materielle Bedarfe (sozio-ökologische Interaktionen, sozio-technische Systeme, resiliente Räume und globale Wohlfahrtspraktiken) als auch für normative Dimensionen (Demokratie, Gerechtigkeit und Reflexivität). Damit haben wir ein innovatives, andersartiges Konzept, über Nachhaltigkeit nachzudenken.

Das Kassel Institute for Sustainability verfolgt einen interdiziplinären Ansatz. Wo sehen Sie die Schnittstellen zu den anderen Forschungsprojekten?

Die disziplinäre Vielfalt, aber auch die Gemeinsamkeiten (zum Beispiel Interesse an Global South Forschung und kritischer Forschung) in Kassel sind faszinierend. Ich bin über meine Tätigkeit als Kernprofessur permanent mit Kolleg:innen über deren Forschung im Gespräch. Es gibt große Anknüpfungspunkte an die agrar- und umweltwissenschaftliche Forschung, aber auch an die sozialwissenschaftliche Forschung z.B. im Bereich Gender.

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