Mehrsprachigkeitsbezogenes, interdisziplinäres Lehrkonzept für die Professionalisierung zukünftiger Lehrkräfte für den bilingualen Sachfachunterricht: Fokus Geschichte

Kurzbeschreibung

In dieser Hochschullernumgebung sollen angehende Lehrkräfte auf die veränderte Situation schulischer und soziokultureller sowie sprachlicher Realität und ein darauf abgestimmtes Handeln im Unterricht vorbereitet werden.

Laufzeit des Teilprojekts:
01.01.2019 – 31.12.2023


Förderung: PRONET2 wird unter dem Förderkennzeichen 01JA1805 im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Hochschuldidaktische Innovation

Die Innovation liegt in der Entwicklung eines nun vorliegenden Lehrkonzeptes, das mehrere Fachgebiete interdisziplinär verknüpft. Im Fokus steht die Beschäftigung mit biographischen und autobiographischen Texten. Diese liegen aus historischer Perspektive als Selbstzeugnisse und Erinnerungen vor. Aus fremdsprachendidaktischer Perspektive werden sie als Autobiographien von den Studierenden selbst verfasst sowie als Biographien im Dialog in Tandems mit Partner:innen nach dem ABCs Modell außerhalb der Universität selbst generiert.

Ausgangspunkt sind Texte in verschiedenen Sprachen sowie die Konstruktion mehrsprachiger Tandems. Leitend ist der Mehrperspektiveneinsatz im Sinne von historischer Multiperspektivität sowie der komparative Mehrsprachigkeitsansatz entsprechend des Human GPS Modells. Es finden parallel auf einander abgestimmte Seminare über die Dauer von einem Semester statt, die sich dem Thema aus der jeweiligen fachlichen Perspektive nähern. Gegen Ende des Semesters findet eine interdisziplinäre Studierendenkonferenz mit den Teilnehmer:innen beider Seminare statt, in der in gemischt zusammengesetzten Gruppen drei Thesen diskutiert werden, welche eine kokonstruktive Metareflexion elizitieren. Dabei stehen die Reflexion sprachlich kodierter Konzepte und das „Ich in erinnernder Perspektive“ im Zentrum.

Ausgewählte Forschungsbefunde

    Die Ergebnisse der empirischen Forschung (Videographien und Audiographien sowie Auswertung der Transkripte) zeigen, dass die  Hochschullernumgebung zur Elizitierung und Förderung von Multiperspektivität, Mehrsprachigkeit und Language Awareness beiträgt. Der zentrale Aspekt, über den sich die Studierenden austauschen, ist die Multiperspektivität (41 % aller Codierungen) über alle vier Gruppen hinweg.

    Die in den Seminaren eingesetzten Selbstzeugnisse und Lebensgeschichten bieten aufgrund des ähnlichen Genres einen geeigneten Lerngegenstand zur Sensibilisierung für Multiperspektivität. Studierende können sich mit verschiedenen Perspektiven und Deutungen kontrovers auseinandersetzen. Darüber hinaus wird aufgrund der direkten Erfahrung mit dem Lerngegenstand ein besonderer Lernprozess auf der affektiven Ebene ausgelöst.

    Ebenso ist die Entwicklung von Language Awareness in den Gruppendiskussionen zu beobachten durch die Reflexion zentraler Begrifflichkeiten und der dahinter liegenden spezifischen Konzepte. Darüber hinaus tauschen sich Teilnehmende über Sprache und Identität aus und stellten dabei die Rolle der affektiven Dimension für die Sprachwahl fest. Bedeutsam für die Professionalisierung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer ist, dass in allen Gruppen eigenständige Bezüge zur Entwicklung mehrperspektivischer Lehr-/Lernarrangements im Schulkontext hergestellt wurden.

    Ziele des Forschungsprojekts

      Das zentrale Erkenntnisinteresse besteht darin zu prüfen, ob die entwickelte hochschuldidaktische Lernumgebung zur Förderung von Multiperspektivität, Mehrsprachigkeit und Language Awareness bei den zukünftigen Lehrkräften beiträgt. Die Hochschullernumgebung wurde zum bilingualen Lehren und Lernen entwickelt und implementiert, wobei Aspekte von Mehrsprachigkeit, Mehrperspektivität und Language Awareness einbezogen wurden.

      Weiterführende Informationen

      https://www.uni-kassel.de/einrichtung/zlb/forschung-innovationsprojekte/pronet2/projektbeschreibung/handlungsfeld-ii/p-09

      Publikationen:

      Finkbeiner, C., Pflüger, C., & Wetzel, L. (2022). Multiperspektivität, Mehrsprachigkeit und Language Awareness: Zeitzeugnisse und Lebensgeschichten als Gegenstand einer Studierendenkonferenz. In F. Heinzel & B. Krasemann (Eds.), Erfahrung und Inklusion. Herausforderungen und Konzepte der Lehrer*innenbildung (pp. 231–253). Wiesbaden: Springer VS.

      Finkbeiner, C. (2021). Erzählen und zuhören: Generationentandems. Eine Dokumentation (in Zusammenarbeit mit Yvonne Hesse). Berlin: Edition 7.

      Finkbeiner, C., & Hesse, Y. (2021). Das Lehr-Lern-Labor Englisch: eine hochschuldidaktische Lernumgebung zur Professionalisierung zukünftiger Lehrkräfte für einen kultursensiblen und sprachbewussten Fremdsprachenunterricht. In D. Bosse, R. Wodzinski, & C. Griesel (Eds.), Lehr-Lernlabore der Universität Kassel – Forschungsbasierte Verknüpfung von Theorie und Praxis unter dem Aspekt der kognitiven Aktivierung (pp. 78–89). Kassel: Kassel University Press.

      Finkbeiner, C., Pflüger, C., Tesch, B. und Kaminski, R. (2018). Mehrsprachigkeitspotentiale im bilingualen Sachfachunterricht. In: Monique Meier, Kathrin Ziepprecht, Jürgen Mayer (Hrsg.), Lehrerausbildung in vernetzten Lernumgebungen. Waxmann Verlag Münster/ New York, S. 211-229.

      Pflüger, C. (2020). Das Inklusionspotenzial des bilingualen Geschichtsunterrichts. Bilinguales Lehren und Lernen im Fach Geschichte und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit. In: Sebastian Barsch/ Bettina Degner/ Christoph Kühberger/ Martin Lücke (Hrsg.), Handbuch Diversität im Geschichtsunterricht. Inklusive Geschichtsdidaktik, WOCHENSCHAU Verlag, Frankfurt/Main, S. 494-506.

      Pflüger, C. (2020). Die Erfahrung antisemitischer Verfolgung und des französischen Widerstands im Spiegel der Selbstzeugnisse von Hélène Berr und Herbert Herz. In: Stefan Greif/ Turgay Kurultay/ Nikola Roßbach (Hrsg.): Kein Ende des Gerüchts. Antisemitismus in Kultur und Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts. (Intervalle 15 Schriften zur Kulturforschung) Kassel University Press, Kassel 2020, S. 87-109.

      Ansprechpersonen

      Projektleitung:

      Prof. Dr. Claudia Finkbeiner
      cfink@uni-kassel.de

      Prof. Dr. Christine Pflüger
      christine.pflueger@uni-kassel.de