Dissertationsprojekt
Peter Koller – Der Architekt der Stadt des KdF-Wagens. Eine Biographie.
Das Bild des Architekten ist auch heute noch wesentlich von der Vorstellung des unpolitischen Künstlers und Wissenschaftlers bestimmt. Dank dieser Exkulpationsstrategie konnten zahlreiche Raumplaner und Architekten ihre Verstrickung in die nationalsozialistische Gewaltherrschaft nach 1945 verschleiern und ihre Laufbahn in der jungen Bundesrepublik problemlos fortsetzen.
Das Promotionsvorhaben stellt eine Biographie des Architekten Peter Koller (1907–1996) dar. Schon früh war Koller in Wien in den Einflusskreis des deutsch-völkischen Jugendbundes der „Adler und Falken“ unter Wilhelm Kotzde-Kottenrodt geraten. Während seiner Studienzeit an der TH Wien wurde er ein Anhänger des Philosophen und Soziologen Othmar Spann. 1929 wechselte er an die TH Berlin-Charlottenburg, wo er den jungen Albert Speer kennenlernte. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten vermittelte Speer dem seit 1931 der NSDAP angehörenden Koller die Aufgabe seines Lebens: 1937 wurde er mit Planung und dem Bau der „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“, dem heutige Wolfsburg, beauftragt. Im Staat Hitlers stieg Koller zu einem führenden Architekten auf, der unter anderem die Neugestaltungsaufträge für Waldbröl, Graz, Innsbruck und Klagenfurt bearbeitete. 1942 endete seine Karriere abrupt: Der 35-Jährige meldete sich freiwillig zur Wehrmacht und geriet im Dezember 1943 in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1945 in die nun in Wolfsburg umbenannte Stadt zurückkehrte. 1955 konnte er als Stadtbaurat Wolfsburgs wieder die bauliche Entwicklung der Stadt bestimmen. 1960 wurde er an der TH Berlin Nachfolger Hans Scharouns am Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung.
Unter der Berücksichtigung der politischen und sozialen Hintergründe der Planungsarbeit macht die Studie die enge Verschränkung von Architektur und Ideologie deutlich. Koller steht dabei beispielhaft für eine Gruppe von Architekten, die nicht vom Nationalsozialismus verführt werden musste, weil sie bereits lange vor 1933 mit den Zielen und Vorstellungen Hitlers übereinstimmte. Im NS-Staat verfügten Architekten über eine fast uneingeschränkte Machtfülle, die sie bedingungslos nutzten, um ihre Vorhaben durchzusetzen. Dabei waren sie nicht selten an Verbrechen des Regimes beteiligt, so dass sich die Frage nach der Verantwortung von Architekten in politischen Systemen stellt. Darüber hinaus behandelt das Projekt Fragen der Integration von NS-Eliten in die frühe Bundesrepublik und den sich seit den 1950er Jahren vollziehenden Transfer von Hitlers Architekten in die Universitäten. Viele dieser Raumplaner und Architekten haben durch ihre Fakultäten traditionsbildend gewirkt und als Zeitzeugen den wahren Charakter ihrer Arbeit sowie ihre eigene Biographie verschleiert.