Forschung
Dissertationsprojekt / PhD Project (englisch version below)
„Dekolonisierung in Nahaufnahme – Französische Filmpolitik im frankophonen Afrika von den 1940er bis zu den frühen 1970er Jahren“
Mein Dissertationsprojekt befasst sich mit der Filmpolitik der französischen Regierung gegenüber dem frankophonen Afrika. Dabei wird die Filmpolitik als Sonde in den Dekolonisierungsprozess verstanden. Denn bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg begannen hohe Funktionäre und kolonialen Verwaltung über eine Filmpolitik in den Kolonien nachzudenken. Diese sollte an die Stelle bestehender institutioneller Bindungen treten.
Zu einer tatsächlichen Etablierung umfassender filmpolitischer Maßnahmen kam es jedoch erst nach der formellen Dekolonisierung im Jahr 1960. Hierzu gründete die französische Regierung das Consortium Audiovisuel International(CAI), welches Verträge mit afrikanischen Regierungen schloss und französische Kamerareporter in die Vertragsländer entsandte. Dort fertigten die Reporter Filmmaterial an, das sie nach Paris sandten, wo es entwickelt und zu fertigen Filmen geschnitten wurde. Anschließend sandte das CAI-Labor die fertigen Filme wieder zurück in die afrikanischen Vertragsländer, damit es in den Kinos der urbanen Zentren gezeigt oder aber mit Filmbussen in entlegenere Regionen gebracht wurde.
Mein Forschungsprojekt untersucht erstens die Aushandlungen innerhalb des französischen Regierungs- und Verwaltungsapparates zu Beginn der 1960er Jahre. Dabei interessiert, welche Vorstellungen die französischen Offiziellen von einer anzustrebenden Filmpolitik hatten. Zweitens interessiert die konkrete Ausgestaltung dieser Filmpolitik durch Aushandlungen eines erweiterten Personenkreises, beispielsweise zwischen CAI-Mitarbeitern und Regierungsakteuren der gerade formell unabhängigen gewordenen afrikanischen Länder. Drittens untersucht die Arbeit einige der noch erhaltenen Aktualitäts- und Lehrfilme, die im Kontext der nachkolonialen Filmpolitik entstanden. Nicht zuletzt interessieren, viertens, Aushandlungen zwischen Regierungs- und Zivilakteuren, die einsetzten, als sich im Laufe der 1960er Jahre eine kulturpolitische Bewegung afrikanischer Filmschaffender konstituierte. Die Filmemacher*innen, die zum Teil bereits in den 1950er Jahren eine Ausbildung an der französischen Filmhochschule IDHEC absolviert hatten, stellten eigene filmpolitische Forderungen und übten in zunehmendem Maße Druck auf sowohl afrikanische wie auch die französische Regierung aus.
Für meine Untersuchungen ziehe ich Verwaltungsschriftgut, Filme sowie politischen Schriften von Filmschaffenden als Quellenmaterial heran. Dieses Quellenmaterial findet sich in den Archives Nationales de France in Paris, dem Archiv des Centre national du cinéma et de l'image animée in Bois d’Arcy sowie den Archives Nationale de Burkina Fasound der Cinémathèque Africaine, beide in Ouagadougou.
"Close Up on Decolonization - French Film Politics in Francophone Africa from the 1940s to the Early 1970s"
My dissertation project contributes to the history of decolonization. It examines the film policies that colonial administrations had described in the immediate aftermath of the Second World War in order to strengthen ties with the (former) colonies. However, the French government did not begin a large-scale realization of these plans before formal decolonization. In 1961, the French government founded the Consortium Audiovisuel International (CAI). The CAI was intended to conclud contracts with African governments and send French camera reporters to the contracting countries. There, the reporters produced footage, which they sent to Paris to be developed and edited into finished films. Afterwards, the CAI laboratory in Paris sent the films back to the African countries, where they were shown in cinemas in urban centers or transported by film buses to more remote regions.
My research project examines, first, the negotiations within the French government at the beginning of the 1960s. In this context, I am interested in the ideas that French officials had about a film politics to strive for. Second, I am interested in the concrete shaping of this film policy through extended negotiations in postcolonial contact zones, for example, between CAI staff and government members of African countries. Third, I examine some of the remaining newsreel and educational films that were produced by the CAI. Last but not least, I am interested in negotiations between governmental and civil actors that began when African filmmakers constituted a politico-cultural movement in the course of the 1960s. The filmmakers, some of whom had already trained at the French film school IDHEC in the 1950s, set their own film policy demands and exerted increasing pressure on both African and French governments.
For this project, I use administrative documents, films, and political writings of filmmakers as source material. It is found in the Archives Nationales de France in Paris, the archives of the Centre national du cinéma et de l'image animée in Bois d'Arcy, as well as the Archives Nationale de Burkina Faso and the Cinémathèque Africaine, both in Ouagadougou.