Rechtskämpfe in transnationalen Lieferketten

Projekt gefördert von der Hans Böckler Stiftung (Laufzeit: 1.9.23-30.08.25)

Unter dem Konzept der Rechtskämpfe untersuchen wir Strategien zur Mobilisierung des Rechts, z.B. im Rahmen strategischer Klagen oder der Auslegung des Lieferkettensorgfaltpflichtgesetzes (LkSG). In zwei Fallstudien analysieren wir strategische Klagen gegen Beteiligte des Staudammbruchs in Brumadinho, Brasilien, sowie die politischen und juristischen Auseinandersetzungen um die Auslegung des LkSG.

 

Anfang des Jahres 2023 trat das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Unser Forschungsprojekt zielt darauf, die damit verbundenen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen auf dem juridischen Terrain zu analysieren und den Veränderungen nachzugehen, die sich dadurch für unterschiedliche Akteur:innen in globalen Produktionsnetzwerken ergeben. Rechtstheoretische Forschung hat gezeigt, dass mit Inkrafttreten von Gesetzen politische Auseinandersetzungen keineswegs zum Stillstand kommen, sondern lediglich das Terrain wechseln. Denn die rechtlichen Normen exekutieren sich nicht selbst, sondern müssen ausgelegt und umgesetzt werden. Es steht daher nicht das Gesetz als solches im Zentrum unseres Forschungsprojekts, sondern die Strategien, die das LkSG zum Ausgangspunkt für Rechtskämpfe nehmen. Das Gesetz ist deshalb von besonderem Interesse, weil es in der Lage ist, das Terrain der Rechtskämpfe deutlich zu verändern.

 

Unser Projekt widmet sich der Fragestellung: Wie werden die juristischen und politischen Potenziale von Rechtskämpfen entlang transnationaler Lieferketten durch Arbeitnehmer:innen und ihren Vertreter:innen genutzt, um den Schutz von Menschenrechten und Arbeitsrechten auf der nationalen und transnationalen Ebene zu gewährleisten? Um diese Frage zu beantworten, analysieren wir erstens den Beitrag rechtlicher Verfahren zur Durchsetzung von Recht(en) in Lieferketten. Zweitens identifizieren wir Chancen und Risiken von Rechtskämpfen für Arbeitnehmer:innen in diesem Bereich. Dazu untersuchen wir zwei exemplarische Fälle: Der erste Fall widmet sich strategischen Klagen auf Grundlage der bisherigen juristischen Instrumentarien; der zweite Fall untersucht die neuen rechtspolitischen Auseinandersetzungen um die Umsetzung und Auslegung des LkSG. Drittens erforschen wir die Wechselwirkungen zwischen dem politischen und juridischen Feld in solchen Auseinandersetzungen.

 

Für die empirische Forschung kombinieren wir sozial- und rechtswissenschaftliche Methoden:  Wir führen leitfadengestützte Expert:inneninterviews mit den zentralen Akteur:innen (Gewerkschaften, NGOs, Anwält:innen, Betroffene, Vertreter:innen der Unternehmen etc.), machen eine Inhaltsanalyse rechtlicher Texte (Urteile, Kommentarliteratur, Fachzeitschriften) und Policy Papers (Handreichungen, Stellungnahmen der zuständigen politischen Akteure) und führen eine teilnehmende Beobachtung von Gerichtsprozessen durch. Für die Feldforschung in Brasilien arbeiten wir mit Wissenschaftler:innen vor Ort zusammen. Mit dieser Herangehensweise möchten wir die zentralen antagonistischen Positionen im juridischen Feld systematisch analysieren und die damit verbundenen politischen Strategien in Bezug auf das LkSG untersuchen.

Projektleitung:

 

Prof. Dr. Sonja Buckel, Universität Kassel

Dr. Dr. Carolina Alves Vestena, Universität Kassel

Dr. Christian Scheper, Institut für Entwicklung und Frieden, Universität Duisburg-Essen

Prof. Dr. Maximilian Pichl, Hochschule RheinMain

Projektbearbeitung

 

Dr. Judith Kopp, Universität Kassel

Anne Engelhardt, Institut für Entwicklung und Frieden, Universität Duisburg-Essen