NHW-AWARD
2024: NHW Award - Brückenschlag Bettenhausen
Brückenschlag Bettenhausen – Stadtteile verknüpfen – Experiment_Stadt von Morgen wagen!Unter dieser Überschrift stand der diesjährige NHW Award für Studierende der Universität Kassel. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre von der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) gestiftet und gemeinsam mit dem Fachbereich Architektur – Stadtplanung – Landschaftsplanung (ASL) der Universität Kassel und dem Fachgebiet Entwerfen und Nachhaltiges Bauen ausgelobt.
Die Jurysitzung und die feierliche Preisverleihung fanden am Donnerstag im ASL-Neubau am Universitätsplatz statt. Die eingereichten Arbeiten sind dort noch bis zum 7. November in einer Ausstellung zu sehen.
Insgesamt haben sich 160 Studierende mit der Aufgabenstellung auseinandergesetzt. 18 Arbeiten wurden eingereicht, die meist mehrere Studierende im Team interdisziplinär bearbeitet haben. Eine schwierige Aufgabe für die Jury, die sich schließlich einstimmig für zwei erste Plätze entschied.
Elina Klett und Tom Stehmann überzeugten mit ihrem Projekt Klimahof, Celina Ebbert und Paul Fleckenstein mit OSTKAS. Den dritten Platz belegten Alissa Kohlstädt, Johanna Sauerwein, Laura Hilverkus und Tom Niemeier mit ihrem Projekt mischroom. Anerkennungen gingen an Ilona Jarmolowitsch und Meryem Düzova (RE:CONNECT), Markus Grote und Moritz Friedrich Reh (WohnWerk Stadt), Antonia Lüdicke und Mira Irmer (Konnektiv) sowie Zoé Schütte und Maximilian Schirmer (Vernetzung).
Hohe Qualität, große inhaltliche Tiefe
Die Jury um Markus Eichberger (NHW, Leiter Unternehmensbereich Stadtentwicklung), Ulrich Türk (NHW, Leiter Fachbereich Stadtentwicklung Hessen Nord), Tim Heide (Heide & von Beckerath Architekten, Berlin und Bauhaus-Universität Weimar), Rabea Seibert (BASE Landschaftsarchitekten PartGmbB, Berlin), Prof. Frank Lattke (Lattke Architekten, Augsburg), Annette Spielmeyer (Stadtplanungsamt Kassel) und den Vorsitzenden Prof. Dr. Cyrus Zahiri (bbzl landschaften städtebau architektur, Berlin und HS Bremen) traf ihre Entscheidung nach einer mehrstündigen Sitzung. „Alle Arbeiten waren von außerordentlich hoher Qualität und waren von großer inhaltlicher Tiefe“, so die einhellige Meinung. „Die Siegerteams sind besonders experimentierfreudig und visionär an die Aufgabe herangegangen, haben das Thema Brückenschlag noch ein Stück besser gelöst und für diesen schwierigen Ort sehr gute neue Ideen entwickelt.“
Komplexe Aufgabe hervorragend umgesetzt
„Die Studierenden sammeln durch den NHW Award Praxiserfahrung, wir erhalten frische Impulse für unsere tägliche Arbeit“, so Markus Eichberger. „Städte und urbane Gebiete transformieren sich, nachhaltige Stadtquartiere werden künftig Räume des Wohnens und des Arbeitens verbinden. Kommunen versuchen, hierfür die Potentiale zu heben, damit die Akzeptanz des Lebensumfelds zu erhöhen und das soziale Miteinanders zu fördern. Ziel ist eine Stadt der kurzen Wege, die Leben und Arbeiten in einen räumlichen Zusammenhang stellt, in Verbindung mit einem zeitgemäßen Mobilitätskonzept. Genau darum ging es beim NHW Award: Die Studierenden sollten Modelle für eine sozialverträgliche Durchmischung von Arbeiten und Wohnen auf verschiedenen Ebenen entwickeln. Diese komplexe Aufgabe haben sie hervorragend gelöst.“
„Mit dem NHW Award können sich Studierende der Architektur, der Landschaftsarchitektur und -planung sowie der Stadt- und Regionalplanung im Team – und über alle drei Institute hinweg – zusammentun und gleichberechtigt Lösungen zu einem hochaktuellen Thema erarbeiten“, ergänzt Prof. Frank Kasprusch. „Vor uns liegen große Herausforderungen und transformative Schritte für einen zukunftsfähigen Stadtumbau. Wir brauchen zukunftsweisende Modelle des verdichteten und eng vernetzten gemeinwohlorientierten Zusammenlebens. Mit dem NHW Award haben wir Lösungen gesucht, um die hochverdichteten Stadtquartiere von morgen neu zu denken und daraus tragfähige und beispielhafte Konzepte zu entwickeln. Wir haben viele spannende Ideen und Impulse erhalten.“
Gesucht: Eine Brücke von Bettenhausen/Unterneustadt zum Zentrum
Aufgabe beim NHW Award 2024 war es, eine Brücke zwischen den Stadtteilen Unterneustadt und Bettenhausen zum Kasseler Zentrum zu schlagen. Das ca. 21 ha große Wettbewerbsgebiet liegt zentrumsnah im Südosten der Stadt, zwischen der beidseitigen Bebauung der Leipziger Straße samt Platz der Deutschen Einheit im Südwesten, der Dresdener Straße im Norden und dem Wahlebach im Osten.
Aktuell bricht der städtische Zusammenhang der Unterneustadt nordwestlich des Platzes der Deutschen Einheit abrupt ab, zudem unterbricht die Leipziger Straße den Zusammenhang der westlichen und östlichen Unterneustadt. Die Flutmulde der Fulda, die überdimensionierten Straßenquerschnitte der Leipziger- und Dresdener Straße und das Gebiet um den Platz der Deutschen Einheit wirken sich negativ auf die regionale Stadtteilentwicklung aus und verhindern eine Anbindung des Wettbewerbsgebiets an die Innenstadt. Ein zweites Problemfeld sind die großflächigen Gewerbenutzungen im Übergang der Stadtteile. Hinzu kommen Versiegelungen durch meist ein- oder zweigeschossige Gewerbebauten sowie viele Parkflächen und Straßenführungen.
Identitätsstiftende Bezugspunkte sind das Hallenbad Ost, einige grüne Inseln aus Beuys-Bäumen sowie der Wahlebach. Der Wohnturm am Platz der Deutschen Einheit, der Waschbetonbau südöstlich des Kreisels und die Gewerbehallen am Wahlebach und nördlich des Hallenbades Ost sind weitere wichtige und charakteristische Anbindungspunkte. Auch die die ehemalige Hafenbahn als geschütztes Biotop sowie das Vereinshaus und der Fußballplatz des Vereins BC Sport konnten ebenso in die Planungen einbezogen werden wie ein zentraler Omnibusbahnhof, der im Vorfeld bei Transformationsüberlegungen für das Planungsgebiet ins Spiel gebracht wurde.
Hintergrund: NHW Award
Die Unterstützung junger Menschen in ihrer Ausbildung ist eine Säule des gesellschaftlichen Engagements der NHW. Der NHW Award fördert experimentelle und zukunftsweisende Konzepte und Ideen von Studierenden der Architektur, der Landschaftsarchitektur und -planung sowie der Stadt- und Regionalplanung an der Universität Kassel. Er wird alle zwei Jahre ausgelobt, widmet sich aktuellen Fragen des Wohnungsbaus in Hessen mit einem Schwerpunkt auf Kassel und seiner Region und soll die fachliche und politische Auseinandersetzung der Studierenden mit neuen Aufgabenstellungen im Geiste des sozial orientierten Wohnungs-, Siedlungs- und Städtebaus fördern. Im Fokus steht dabei eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung unter besonderer Berücksichtigung von Wohnungssuchenden, die aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse oder Umstände Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben. Ausgezeichnet werden experimentelle, visionäre Wohnungsbau- und Hybridkonzepte sowie die damit verbundenen Freiräume.
Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) mit Sitz in Frankfurt am Main und Kassel bietet seit über 100 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln. Sie beschäftigt rund 890 Mitarbeitende. Mit 60.000 Mietwohnungen an 112 Standorten in Hessen gehört sie zu den führenden deutschen Wohnungsunternehmen. Das Regionalcenter Kassel bewirtschaftet rund 17.500 Wohnungen, darunter rund 5.000 in der Stadt Kassel. Unter der NHW-Marke ProjektStadt führt sie nachhaltige Stadtentwicklungsaufgaben durch. Sie ist Gründungsmitglied der Initiative Wohnen.2050, um dem Klimaschutz in der Wohnungswirtschaft mehr Schlagkraft zu verleihen. Mit hubitation verfügt die NHW zudem über ein Startup- und Ideennetzwerk rund um innovatives Wohnen.
www.uni-kassel.de/fb06/studium/nhw-award
(Text übernommen von Maike Raatz)
Der neue Kasseler Osten (OSTKAS) vereint Grünstruktur, Wassersensibilität und Stadtgefüge zu einem lebenswerten Quartier, das Natur, Nachhaltigkeit und urbanes Miteinander verbindet. Die Flutmulde und Retentionsräume bilden die topografische Grundlage, während die Entsiegelung von Flächen eine durchgehende Grünschneise schafft, die für Frischluftzufuhr sorgt. Die Anbindung an Bettenhausen und die Unterneustadt ermöglicht einen fließenden Übergang und bildet somit denBrückenschlag.
Die städtebauliche Struktur entwickelt sich aus aufgelösten, hochverdichteten Blockstrukturen, die den Bestand integrieren und erweitern.
Die Gebäude in der Flutmulde zeichnen sich durch ihre Höhe und besondere Formsprache aus, wodurch sie als verbindendes Zentrum hervorstechen.
Das gesamte Gebiet wird von ‚Stromlinien‘ durchzogen, die ökologisch, als Frischluftschneise oder Retentionsfläche und funktional , als Erholungsraum oder Radverbindung ,von großer Bedeutung sind. Sie schaffen eine harmonische Verbindung von Architektur und Natur, fördern die ökologische Nachhaltigkeit und tragen somit zur Lebensqualität im Gebiet bei.
Das Verkehrskonzept legt besonderen Wert auf die Förderung öffentlicher Verkehrsmittel und umweltfreundlicher Mobilität. Verkehrshubs am ehemaligen Kreisel und nördlich des Gebiets decken den gesamten Bedarf der Bewohnenden ab, sodass das Quartier autofrei gestaltet werden kann.
Aus den grünen Stromlinien und dem Verkehrskonzept ergeben sich natürliche Plätze und Eingangssituationen.
Der Park im Quartier steht im Mittelpunkt des Enwturfs. Er schafft nicht nur einen Übergang von Urbanität zu Naturraum, sondern verbindet durch den fließenden Hauptweg die zentralen Treffpunkte miteinander. Dazu gehören der flexibel nutzbare Quartiersplatz und die angrenzenden Gebäude in der Flutmulde, die für alle Bewohnenden frei zugänglich und nutzbar sind.
Das „OstkasTreff“ fungiert als zentraler Anker des Quartiers. Es vereint Quartierskantine, Café, Jugendwerkstatt, Bibliothek, Gruppenräume, Atelier und kostengünstigen Wohnraum. Die Dachgärten bieten Orte des Austauschs, wie den „CaféGarten“, Rückzugsorte wie den „LeseGarten“ und den „WinterGarten“ für Gemüseanbau, ergänzt durch eine Aussichtsplattform mit Blick über die Stadt. Die Wohnungen werden über Laubengänge erschlossen, sind flexibel gestaltet und bieten Raum für individuelle und gemeinschaftliche Wohnkonzepte.
Nachhaltigkeit prägt das Quartier, indem neue Retentionsflächen und Naturräume integriert werden, Regenwasserspeicher die Gärten bewässern, eine PV-Anlage Energie liefert und eine Schafherde die Grünflächen pflegt, wodurch Natur, Gemeinschaft und Architektur hohe Lebensqualität schaffen.
Der Brückenschlag des Konzepts liegt einerseits in der Schaffung eines klimaresilienten und belebten Quartiers, das Wohnen, Arbeiten und Leben auf attraktive Weise vereint. Andererseits wird das Potenzial der Flutmulde genutzt, indem sie entsiegelt und renaturiert wird. So entsteht ein kühlender und vielseitig nutzbarer Freiraum, der die Bewohnenden von Bettenhausen und der Unterneustadt zusammenführt.
Drei zentrale Windschneisen durchziehen das Quartier und werden durch kleinteilige Luftzirkulationen ergänzt, um eine optimale Durchlüftung zu gewährleisten. Zudem werden im gesamten Stadtraum Retentionsflächen integriert um vor Überschwemmungen zu schützen und gleichzeitig bei Überhitzung für Kühlung zu sorgen.
Ein Mobility Hub im bestehenden Waschbetonbau fängt Verkehrsströme ab und ermöglicht ein nahezu autofreies Quartier. Gleichzeitig wird der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel vorangetrieben, um eine gute Erschließung des Gebiets sicherzustellen.
Das Quartier zeichnet sich durch eine vielseitige Wohnmischnutzung aus, bei der Produktion, Arbeiten, Wohnen und Nahversorgung wieder näher zusammenrücken. Durch die enge Verknüpfung entsteht eine belebte und lebendige städtische Atmosphäre.
Das architektonisch, städtebauliche Konzept basiert auf Begegungsorten der Nachbarschaft. Der Name „Klimahof“ steht für das Konzept eines kühlenden Innenhofs, der an heißen Tagen als schattiges Refugium dient. Durch die sich selbstverschattenden Arkaden und die belüftenden Durchgänge von allen Seiten, entsteht ein öffentlicher Raum, der nicht nur an Sommertagen attraktiv ist, sondern durch flexibel bewegbare Elemente das ganze Jahr über Aufenthaltsqualität bietet.
Der öffentliche Charakter des Innehofs zieht sich über die Laubengänge in die oberen Geschosse und spiegelt sich in den Nutzungen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss wider. Sie dienen nicht nur der Erschließung der Gebäude, sondern auch als Begegnungsorte, die eine fließende Übergangszone zwischen den privaten Wohnbereichen und dem öffentlichen Straßenraum schaffen und gleichzeitig die Dynamik der Gebäude nach außen tragen.
Der Klimahof führt die Wohn-Mischprogrammierung des städtebaulichen Konzepts konsequent fort. Hier ergänzen sich die Wohngemeinschaften und die öffentlichen Serviceeinrichtungen auf sinnvolle Weise, um sowohl den Bewohnenden des Hauses als auch des gesamten Quartiers zu dienen. Die besondere Konstruktion mit Lehmkappendecken sorgt für die nötige Speichermasse, während die Innenwände flexibel umbaubar bleiben und so langfristige Anpassungen ermöglichen.
Das grundlegende Entwurfskonzept basiert auf einer flexiblen und anpassungsfähigen Stadtstruktur, die eine hohe Nutzungsdurchmischung fördert und dadurch verschiedene Orte des Austausches bildet. Inspiriert ist dieses von den Eigenschaften des Myzels, ein Organismus, der für den Austausch und das Gleichgewicht im Ökosystem sorgt.
Das neu strukturierte Gebiet bildet durch seine Nutzungen und Wegeverbindungen, die über die Gebietsgrenzen hinausreichen, einen Brückenschlag zu den angrenzenden Stadtteilen aus. Die Erreichbarkeit wird durch ein Netz von Haupt- und Nebenwegen gewährleistet. Diese wurden in direkter Form aus einem vorausgegangenen Experiment auf das Plangebiet übertragen. Zwischen diesen Wegeverbindungen entstehen Verdichtungsräume, die im Entwurf baulich oder durch Freiräume beplant werden. Dadurch werden die Biodiversität und naturnahe Erholung im Gebiet gesichert und erlebbar gemacht. Die bauliche Verdichtung orientiert sich an dem Ziel, ein Gleichgewicht zwischen versiegelten und unversiegelten Flächen zu schaffen und den erhaltenswerten und ortsprägenden Bestand zu integrieren. Die Gebäudetypologie folgt dabei dem formgebenden Wegenetz. Im Zentrum der Planung steht die Schaffung von Orten für den zwischenmenschlichen Austausch. Begegnungsräume entstehen durch die Integration öffentlicher Ebenen, die baulich durch Freiräume entlang der Wege im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss realisiert werden. Die Erdgeschosszonen sind für öffentliche Nutzungen wie Produktion, Kultur oder Kantinen vorgesehen und zeichnen sich durch eine hohe Geschwindigkeit und Durchlässigkeit aus, die sich in die Vertikale des Gebäudes und in den Außenraum des ersten Obergeschosses fortsetzen. Funktionen wie Kita, Café oder Co-Working-Bereiche mit einem kleineren Einzugsbereich laden hier zum Verweilen ein. Das erste Obergeschoss dient als Haupterschließung der oberen Geschosse, die überwiegend für Wohnnutzungen vorgesehen sind. Den Abschluss des Gebäudes bildet ein begrüntes Flachdach mit integrierter Photovoltaikanlage, die der Energieversorgung des Quartiers dient. Die hohe Anpassungsfähigkeit und Flexibilität auf der baulichen Ebene wird durch eine unveränderbare Hauptkonstruk-tion aus Stahl gewährleistet, die das Einfügen flexibler Zwischenebenen aus Holz ermöglicht. Durch die Möglichkeit, einzelne Ebenen herauszunehmen, entstehen variierende Raumhöhen, die sowohl Wohnräume als auch Büro-, Co-Working-, Werkstatt- oder Sporträume beinhalten können.
Auch die Räume der jeweiligen Geschosse können flexibel zusammengeschaltet werden.
Es entsteht ein langlebiges und nachhaltiges Quartier, dass durch seine flexiblen Strukturen eine dynamische Anpassung an zukünftige Bedürfnisse ermöglicht und durch vernetzte Räume, nicht nur den Ort selbst, sondern auch die angrenzenden Stadtteile aufwertet.
Regenerative Strukturen für ein dynamisches Quartier.
Der Entwurf basiert auf einem Leitbild, das die Transformation des Stadtraums und die Konnektivität in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist es, die angrenzenden Stadtteile, Gebäude, Menschen und Lebensbereiche durch eine architektonische Grundidee zu verbinden.
Es werden Bewegungen von plus und minus im städtischen Gefüge definiert und zugleich klar abgegrenzte Baubereiche und öffentliche Außenräume geschaffen. Durch das Zusammenspiel wird der Stadtraum belebt und eine flexible, zukunftsorientierte Nutzung ermöglicht.
Das dynamische Quartier bietet das Potential zur Verdichtung und Aktivierung bestehender Strukturen.
Die Entwurfsidee versteht sich als Experiment, das darauf abzielt, die Architektur herauszufordern und weiterzuentwickeln, um das Alltagsleben der Bewohnenden zu verbessern. Darüber hinaus fungiert die Architektur als städtebauliches Verbindungselement zwischen dem Straßenraum und den Bestandsgebäuden, das einen zuvor chaotischen Ort in einen Identifikationspunkt wandelt. Ein zentrales Element ist eine langlebige und flexibel umnutzbare Grundstruktur. Sie bietet eine große Freiheit der Aneignung und reagiert durch die regenerative Struktur. Mit einem Baukastensystem, das flexible und anpassungsfähige Lösungen bietet, wird eine große Freiheit der Aneignung und Weiterentwicklung sowohl für Wohnzwecke als auch für gewerblichenund produktiven Nutzungen geschaffen. Die Grundstruktur teilt sich in zwei Bereiche. Im oberen Bereich werden Grundebenen von jeweils einem Kern abgehängt und im unteren Bereich spannen sich durch Plattformen zwischen mehreren Kernen größere Flächen auf. Das städtebauliche Konzept schafft durch die Auflösung traditioneller Bebauungsstrukturen und die Überführung privater Innenhöfe in öffentliche Freiräume ein dynamisches, vernetztes System. Tiefpunkte in der Topographie, ergänzt durch Retentionsflächen und Flutmulden, verbessern den Hochwasserschutz und bieten vielseitige, nutzbare Aufenthaltsräume. Diese Freiräume verbinden die Hochpunkte des Gebiets und fördern die Konnektivität, während sie soziale Interaktionen und ökologische Nachhaltigkeit unterstützen. Die gezielte Höhenentwicklung und Integration natürlicher Wasserzyklen stärken die Anpassungsfähigkeit an klimatische Veränderungen.
In der Entwurfsvertiefung werden die entwickelten Prinzipien auf ein Baufeld angewandt, wobei sowohl private als auch öffentliche Nutzungen definiert werden. Um die Vielfalt der möglichen Nutzungen zu verdeutlichen, wurden zwei Varianten der Erdgeschosszone ausgearbeitet, die sich insbesondere in der Dimensionierung der Plattformen und im Umgang mit der Erdgeschosszone unterscheiden.
Der Leitgedanke ‚Die Stadt von morgen ist nachhaltig, sozial und produktiv!‘ ist prägend für den Enwturf. Erreicht wird dies durch eine starke Nachverdichtung der bereits versiegelten Stadtgrundstücke, den Einsatz nachhaltiger Baumaterialien, sowie die vielfältige Nutzungsmischung der Flächen. Die heute fragmentierten, monofunktionalen Stadtteile werden zu einem
integrativen, nutzungsgemischten und diversen Quartier verflochten, wodurch ein Miteinander der Bewohnenden entsteht. Der Stadtkontext ist grundlegend für den Enwturf. Die Bestandsbebauung und der Wahlebach schaffen bereits markante Raumkanten, die bewahrt und weiterentwickelt werden. Die historisch gewachsenen Verkehrsachsen bleiben erhalten und rahmen weiterhin das städtische Gefüge. Ein Großteil der bestehenden Bebauung wird zurückgebaut und auf den neu gewonnen Flächen entstehen nutzbare Blöcke, die durch Erschließungsstraßen verbunden werden. An besonderen Orten, wie historischen Gebäuden, Grünflächen oder den Eingängen des Quartiers, weiten sich diese Straßen zu Park- oder Platzflächen auf, die als zentrale Treffpunkte dienen. Die Baublöcke werden in einzelne Baufelder unterteilt, deren Erdgeschosse vorwiegend gewerblich genutzt werden. Zwischen den Blöcken entstehen Erschließungsnischen, die informelle Wegeverbindungen zwischen dem Inneren und Äußeren der Blöcke ermöglichen und das Quartier durchlässiger machen. In diese Struktur werden direkte Fuß- und Radwege integriert, die schnelle Verbindungen zu wichtigen Zielen in der Umgebung schaffen. Die neue Bebauung bildet klare Kanten aus, zeigt sich jedoch in einer vielfältigen, heterogenen Architektursprache. Das Quartier wird von fünf WohnWerk-Höfen geprägt, die sowohl innen als auch außen von großzügigen öffentlichen Freiräumen umgeben sind. Der Werksockel bildet das produktive Herz des Quartiers und dient als Schnittstelle zwischen den Gebäuden und dem Freiraum. Sie stehen als Leitbild für die „produktive Stadt“. Durch eine standardisierte Bauweise, die auf einem städtebaulichen Raster basiert, kann ein hoher Vorfertigungsgrad gewährleistet werden, der bezahlbaren Wohnraum und soziale Gerechtigkeit in der WohnWerk-Stadt ermöglicht.
Die Flutmulde wird zentraler Quartierspark mit vergrößertem Fassungsvermögen für Hochwasserereignisse und dient den angrenzenden Stadtteilen als Erholungsraum.
Im Zusammenspiel mit kreativen Nutzungen, einem Sportcenter in Holzbauweise und neuen Mobilitätsangeboten, wird der Brückenschlag zwischen der Unterneustadt und Bettenhausen vollzogen. Gleichzeitig werden stark nachgefragte Gewerbeflächen nicht an den Stadtrand verdrängt, sondern im Quartier gehalten und durch flexibele und moderne Arbeitsstätten zum festen Bestandteil der Quartiersidentität. Aus dem Nebeneinander wird ein lebendiges Miteinander.
„Vernetzung ist für uns die Art und Weise, wie Personen auf unterschiedlichen Ebenen miteinander verbunden sind. Es ergeben sich verschiedene Räume und Topologie für Gemeinschaft, Begegnung und des Zusammenlebens.“
Der Entwurf hebt die Vernetzung auf unterschiedlichen Ebenen hervor, wobei Nutzende und Besuchende immer in den Austausch kommen können und miteiander verbunden werden. Übergeordnet sind das der Quartierssteg, die Gebäudestruktur und der Freiraum.
Der Quartierssteg vernetzt Bettenhausen mit anderen Stadtteilen und wichtige Anlaufstellen, wie die Innenstadt oder Universität Kassels, erleichtert die Überquerung der Leipziger und Dresdener Straße und schafft sichere sowie eindrucksvolle Verbindungen für den Fußgänger und Radverkehr. Gefahrensituationen und Wartezeiten an Ampeln werden reduziert, während die soziale und wirtschaftliche Vernetzung gefördert wird. Mit fünf Metern Höhe und Breite ermöglicht der Steg eine reibungslose Nutzung für alle Verkehrsteilnehmende. Die organische Formensprache passt sich an die Bestandsbebauung an, fügt sich in den neuen Quartierspark ein und bietet mit Rampen, Aufgängen und Aussichtsplattformen nicht nur Mobilität, sondern auch Orte zum Verweilen.
Die geplanten Gebäude im vernetzten Quartier rahmen das Plangebiet ein und bilden dabei in teils wiederkehrenden Bewegungen Innenhöfe für öffentliche und halböffentliche Nutzungen. Zwei Hochpunkte definieren die Eingänge des Quartiers, während die Gebäudehöhen zum Inneren hin gestaffelt abnehmen. Die Grundrissgestaltung der Erdgeschosse schafft eine Verbindung zwischen Innen- und Außenraum, wobei das gesamte Quartier von einer Mischung aus Wohnen und Arbeiten geprägt ist. Der Fokus liegt dabei immer auf einem sozialen Miteinander. das durch flexibel anpassbare Wohneinheiten unterstützt wird. Diese ermöglichen eine Nutzung durch vielfältige Personengruppen und fördern ein lebendiges, durchmischtes Quartier.
Die letzte Ebene beinhaltet den Freiraum. Durch großflächige Entsiegelung entsteht zum einen der Quartierspark und zum anderen Außenraum im Quartier. Diese bieten neuen Grünraum für Erholung, Sport, soziale Vernetzung und Biodiversität und sorgen mit neu geplanten Retentionsmulden für ein besseres Wassermanagement. Durch die gezeilete Verdichtung und Auflockerung von Bäumen werden beruhigte Bereiche von Straßen abgeschirmt und Blickbeziehungen und Blickpunkte im Quartier geschaffen.
Der Entwurf schafft ein Quartier, in dem unterschiedliche Generationen aufeinandertreffen und gemeinsam ein Gemeinschaftsgefühl schaffen. Mithilfe der unterschiedlichen Ebenen der Vernetzung wird dieser Prozess aktiv gefördert.
Das stark versiegelte, gewerblich geprägte Gebiet zwischen Unterneustadt und Bettenhausen wird durch stark befahrene Straßen und den „Horrorkreisel“ am Platz der Deutschen Einheit getrennt. Das Konzept RE:CONNECT wird durch eine Aufwertung nicht nur die Stadtteile, sondern auch die Menschen miteinander verbinden.
Das Konzept basiert auf der Idee, verdichtete Räume mit Freiräumen unmittelbar miteinander zu verknüpfen, eine Nutzungsdurchmischung im gesamten Gebiet zu schaffen und eine schnelle Erreichbarkeit zu gewährleisten, wodurch eine gute Vernetzung entsteht.
Die städtebauliche Vernetzung wird insbesondere durch den Ausbau von Fuß- und Radwegen sowie die Umgestaltung der Flutmulde zu einer multifunktionalen Grünoase erreicht, die als verbindendes Element zwischen den Stadtteilen dient. Sie besteht aus zwei Becken, die über Treppen erreichbar sind, wodurch auch das Hochwassermanagement geregelt wird. Es ist möglich durch die Mulde zu flanieren, sich auf den Sitzstufen zu entspannen oder sich sportlich zu betätigen. Durch ihr vielfältiges Angebot wird sie zentrales Element des Stadtteils.
Das neue Gebiet wird nicht nur durch zusätzlichen Wohnraum verdichtet, sondern vor allem durch gemeinschaftsorientiertes Bauen geprägt, das Begegnungsräume schafft und den Austausch fördert, wodurch ein lebendiges Quartier entsteht. Im Mittelpunkt der architektonischen Gestaltung steht ein innovatives und vielseitiges Gebäude, das verschiedene Nutzungen und Gemeinschaften miteinander verbindet. Durch seine durchdachte Struktur fördert es eine harmonische Interaktion zwischen den unterschiedlichen Bereichen. Das Gebäude besteht aus einem Neu- und einem Bestandsbau, die durch gezielt eingesetzte architektonische Elemente klar voneinander ablesbar bleiben. Eine außenliegende Treppe, die die Gebäudeteile miteinander verbindet, dient nicht nur der Erschließung, sondern auch als symbolische und funktionale Verbindung von Alt und Neu.
Im Erdgeschoss des Gebäudes befinden sich öffentliche und gemeinschaftlich nutzbare Räume, wie ein Veranstaltungsraum oder ein Café, die dank verschiebbarer Wände flexibel gestaltet oder angepasst werden können. In den oberen Etagen sind Co-Working-Spaces sowie verschiedene Wohnformen, darunter auch Co-Living-Einheiten, untergebracht, die für unterschiedlichste Bedürfnisse ausgelegt sind. Das Dach wird als gemeinschaftlicher Selbstversorgergarten genutzt, der allen Bewohnenden Raum für das Anpflanzen eigener Nutzpflanzen bietet und somit erneut einen Ort der Begegnung schafft. Ergänzt wird dies durch eine großflächige Photovoltaikanlage, die eine nachhaltige Energieversorgung gewährleistet.
Dokumentation Download
2022: Experiment Kasseler Hafen Visionen für ein sozial-produktives Quartier
Zweck des Paul-Bode-Preises ist die Förderung experimenteller/zukunftsweisender Konzepte und Ideen von Studierenden der Architektur, der Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung und der Stadt- und Regionalplanung an der Universität Kassel sowie des zeitgenössischen Diskurses der Wohnungsfrage in Hessen, mit einem Schwerpunkt Kassel und seiner Region. Der Preis wird durch die Nassauische Heimstätte GmbH, Frankfurt am Main gestiftet.
Inhaltlich widmet sich der Paul-Bode-Preis zeitgenössischen/aktuellen Fragestellungen sowie innovativen und internationalen Tendenzen des Wohnungsbaus, die an Hand von Entwurfsprojekten untersucht werden sollen. Im zweijährigen Turnus wird ein Studierendenwettbewerb ausgelobt, der sich einem hochaktuellen Thema der Wohnungsfrage annimmt. Mit dem Preis werden experimentelle, visionäre Wohnungsbau- und Hybridkonzepte sowie die damit verbundenen Freiräume mit einer Preissumme von insgesamt 10.000 Euro ausgezeichnet.
Teilnahmeberechtigt sind alle Bachelor- und Master- Studierende des Fachbereichs Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung der Universität Kassel.
PAUL-BODE-PREIS 2022
Experiment Kasseler Hafen Visionen für ein sozial-produktives Quartier
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) vergab den Paul-Bode-Preis für Studierende der Universität Kassel zum zweiten Mal.
Melissa Krug und Necati Karalar überzeugten mit ihrem innovativen Konzept und belegten den 1. Platz. Durch ihre interdisziplinäre Herangehensweise, die Stadtplanung und Architektur verbindet, gelingt es Ihnen, die Potenziale zu heben, vorhandene Strukturen aufzugreifen und einen neuen Ort in der Stadtlandschaft zu schaffen. „Wir sind sehr glücklich, dass unser Lösungsansatz so gut angekommen ist“, freut sich das Sieger-Duo. „Das Gebiet birgt einige Schwierigkeiten wie zum Beispiel den spärlichen Zugang des Hafens sowie eine vielschichtige und unklare Bestandsstruktur, die es neu zu definieren galt. Dieser Schwierigkeit als interdisziplinäres Team zu begegnen, hat es zu einer aufregenden Herausforderung gemacht.“
Platz zwei wurde nicht vergeben, Dritte wurden Christin Schäfer und Eric Schmidt sowie Aridona Kuliqi und Cornelius Böttger. Anerkennungen erhielten Luisa Königer und Fridjof Schmidt sowie Fryderyk Rhein und Lukas Schwirowski.
„Wir haben heute viele hervorragende Beiträge gesehen. Der Paul-Bode-Preis ist ein Gewinn für die Studierenden, die Praxiserfahrung sammeln, aber auch für uns als Unternehmen, da wir viele frische Impulse aufnehmen und in unsere tägliche Arbeit überführen können“, sagte NHW-Geschäftsführerin und Jurymitglied Monika Fontaine-Kretschmer am Donnerstag bei der feierlichen Preisverleihung im ASL-Neubau der Universität. „Die Schaffung von nachhaltigen Stadtquartieren, die Räume des Wohnens und Arbeitens miteinander verbinden, ist eine wichtige Aufgabe unserer Zeit. Ziel der Aufgabenstellung für den Kasseler Hafen war es daher, hierzu Lösungsvorschläge zu entwickeln, die auf eindrucksvolle Weise verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten aufzeigen – und das ist wirklich gut gelungen.“
„Beim Paul-Bode-Preis können sich Studierende der Architektur, der Landschaftsarchitektur und -planung sowie der Stadt- und Regionalplanung im Team – und über alle drei Institute hinweg – zusammentun und gleichberechtigt miteinander Lösungen erarbeiten“, ergänzt Prof. Frank Kasprusch vom Institut für Architektur. „Wir verstehen den Preis als Laboratorium für das Quartier von Morgen. Dies manifestiert sich unter anderem in der Wettbewerbsaufgabe. Gesucht werden Antworten auf die brennenden Fragen des Zusammenlebens, des Zusammenspiels von Arbeitswelten und Wohnmodellen.“
Einen differenzierten und zukunftsweisenden Lösungsansatz für das gesamte Hafengebiet reichten Melissa Krug und Necati Karalar ein.
Der Entwurf knüpft an die Wegstrukturen und die Bebauung der südwestlich vom Hafen liegenden Unterneustadt an. Die Jury bescheinigt dem interdisziplinär arbeitenden Team, dass der Beitrag als sozial durchmischtes und produktives Quartier den Bezug zum Wasser findet und um den Hafen ein großzügiges Platz- und Grünraum-Ensemble bildet. Der Hauptplatz am Hafenbecken ist einer breiten Öffentlichkeit gewidmet. Er ist differenziert ausgestaltet und bildet im Zusammenspiel mit dem Kulturzentrum inklusive Bibliothek, Markthalle, Co-Working und Café in alten Bestandshallen und in Neubauteilen südlich des Platzes das Zentrum des Quartiers. Platz und Kulturzentrumamt neuer Wohnformen mit in Teilen geteilten Gemeinschaftsflächen, auch bekannt als Community Wohnen, in den Obergeschossen – zeigen interessante Vorschläge. Viele Gebäude sollen in Holzbauweise errichtet werden. Bei dem 42 Meter hohen Community-Wohngebäude lassen sich in die Holz-Primärstruktur flexible zweigeschossige Wohnmodule einsetzen.
In der begleitenden Bebauung am Hafenbecken verteilen sich primär Manufakturen und Kleingewerbe, die Passanten Einblicke in die produktiven Arbeitswelten erlauben. Die Erzeugnisse lassen sich in der Markthalle feil bieten. Cafés und Restaurants erhöhen die Nutzung des öffentlichen Raums und beleben das Quartier, sodass der Mensch und sei- ne Bewegung zu Fuß als Maßstab im Mittelpunkt des Entwurfs steht und nicht mehr die autogerechte Stadt.
Den östlichen Abschluss des Quartiers bilden sich zur Landschaft öffnende U-förmige Bauten mit dem Schwerpunkt generations- übergreifendes Wohnen. Am nördlichen Quartiersende bindet eine Fahrradbrücke den Wesertorbezirk an.
Ab dem westlichen Anschluss bindet sich das Quartier an das bestehende Stadt- bahn-Netz an. Das quartiersinterne Mobilitätskonzept sieht ein zirkulierendes E-Shuttle zur Erschließung vor. Zwei Mobilitätscenter stellen emissionsfreie Fortbewegungs- mittel zur Verfügung. Somit lässt sich das Hafenareal praktisch ohne private PKW er- schließen.
Die Gebäude sind in der Regel sechsgeschossig und werden an zwei Stellen mit quartiersprägenden Hochpunkten ergänzt.
Dazu gibt es mittig im Gebiet, über dem Kulturzentrum, das 42 Meter Hohe Co-Habitat. Mit diesem Bau erreicht das Projekt eine hohe, aber angenehm verteilte urbane Dichte, um sinnvoll notwendigen Wohnraum zu schaffen. Alle Neubauten schlägt das Konzept als Holzbauten vor. Fast alle Bestandsbauten – samt verkleinertem Baumarkt – bleiben erhalten. Lediglich an der Fulda werden die zumeist baufälligen Gebäude durch stadtprägende Ensembles ersetzt. Die Jury lobte die Komposition der einzelnen Bausteine in der Durcharbeitung und den dazugehörigen Vorschlägen, um den sozialen und nachhaltigen Anforderungen gerecht zu werden.
Mit der Megastruktur „Together“ stellen Aridona Kuliqi und Cornelius Böttger die Frage, wie wir zusammen leben wollen. Einer von zwei 3. Preisen.
Together“ setzt auf ein großes allumfassendes Gebäudesystem. Es ist als Brückengebäude geplant und überspannt die Fulda, sodass es den Stadtteil Wesertor mit der dem Hafenbecken vorgelagerten Landzunge verbindet. Somit schafft es eine bauliche Verbindung. Über die neue Verbindung zwischen den Stadtteilen hinaus schlagen die Studierenden zudem ein Mobilitätskonzept bestehend aus Seilbahnen vor, die in alle Himmelsrichtungen zur Verbindung mit den weiteren Stadtteilen geplant sind.
Die brückenartige Megastruktur befasst sich mit der übergeordneten Fragestellung „Wie wollen wir zusammen leben?“
Aridona Kuliqi und Cornelius Böttger komprimieren die Angebote und Nutzungen, die sich üblicherweise verteilt innerhalb eines Stadtteils befinden, in eine Großstruktur. So findet man innerhalb der Struktur eine Bibliothek, diverse Sportangebote mit den dazugehörigen Flächen, Einkaufsmöglichkeiten und Gemeinschaftsgärten.
Die innere Struktur des Komplexes ist geprägt von einer Reduktion der Flächenangebote des privaten Wohnraums und hat die Intention, durch die Reduktion der privaten Flächen die Potentiale für gemeinschaftlich genutzte Flächen zu maximieren. Über die zuvor erwähnten Angebote hinaus stehen den Bewohnern auch gemeinsam nutzbare, offene Arbeitswelten zur Verfügung.
Die Studierenden argumentieren den Ansatz einerseits auf baulicher Ebene, indem sie für einen neu- en geschaffenen Stadtteil kaum neue Flächen versiegeln, anderseits auch auf sozialer Ebene, indem sie die zwischenmenschliche Interaktion innerhalb der Struktur mittels der ineinander verzahnten Architektur fördern. Daher nennen sie ihr Projekt „Together“.
Die Versorgung der Bewohner mit Nahrungsmitteln soll zudem mit den extra dafür geschaffenen „Vertical Farming“-Hallen größtenteils autark erfolgen. Konstruktiv sind die einzelnen Segmente der Megastruktur durch einen zentrischen und tragenden Kern erschlossen – auf Grund der teilweise sehr großen Spannweiten, durchziehen diverse Brückentragwerke den Entwurf, was das Gebäude komplex macht, sich aber gleichzeitig durch die kurzen Wege kompensiert.
Mit ihrem Projekt „Stadthafen“ schlagen Christin Schäfer und Eric Schmidt eine Großbebauungsstruktur vor, die sich parallel zum Hafenbecken entwickelt. Damit erzielten Sie einen von zwei 3. Preisen.
Die intensive Auseinandersetzung mit dem Hafen und der direkt umgebenden Bebauung ist der Ausgangspunkt des Projekts „Stadthafen“. Christin Schäfer und Eric Schmidt identifizieren die lineare Ausrichtung der Bestandsbebauung als wesentliches Merk- mal am Hafenbecken. In der städtebaulichen Setzung vermittelt sich das über das Prinzip der Zeilenbebauung, in der sich die geradlinige Kante des Hafenbeckens auch in der neuen Bebauung wiederfindet. Der Beitrag schlägt eine Großbebauungsstruktur vor, die sich zweiachsig parallel zum Hafenbecken entwickelt. Der Entwurf nimmt alte und den Hafen prägende Speichergebäude in das Ensemble mit auf. Durch einen Versatz in den Gebäudefluchten entsteht um den Speicher herum ein Platz, der das kulturelle Herz der Gebäudestruktur am Hafen bildet. Die Studierenden schlagen mit ihrem Entwurf vor, die Nutzungen für Wohnen, Arbeiten und Erholung im Rahmen des hybriden Komplexes zusammen zu fassen. Durch den breiten Sockel, der je zwei Zeilen in den Obergeschossen verbindet, wird ein großes Gebäudevolumen erzeugt.
Die Obergeschosse des Neubaus erhalten Giebeldächer, was als Reminiszenz einen Bezug zu ehemaligen Bestandsgebäuden im Hafen- gebiet aufnimmt.
Zusätzlich planen die Studierenden die verschiedenen Reihen der Zeilenbauten so, dass die Höhenunterschiede auch den Obergeschossen der hinteren Reihen Ausblicke auf das Hafenbecken ermöglichen. Das
Konzept und die Grundrisse sind bis in Grundrissdetails und die Erschließung ausgearbeitet und differenziert. Zwischen den Häuserzeilen sowie zum Hafenbecken hin sind Grünflächen und Bäume vorgesehen. Die Materialität und Konstruktionsweise beschreibt das Konzept als Stahl-Skelett-Bau, was eine Rückbaubarkeit ermöglicht und gleichzeitig den (ehemaligen) industriellen Charakter des Hafens widerspiegelt. Weitere Teile des Quartiers bleiben bei dem Beitrag noch frei für andere Vorschläge und Entwicklungsmöglichkeiten.
Für ihren grundlegenden Ansatz ließen sich Luisa Königer und Fridjof Schmidt von einer Dorfstruktur eines Urvolkes inspirieren. Es bildet sich das Dorf um den Hof, der als Ort der Gemeinschaft funktioniert. An den Hof grenzen öffentliche und private Nutzungen an, sodass die zusammenlebende Gruppe als Einheit funktioniert.
In der Übersetzung in den zukunftsfähigen Entwurf des Quartiers am Hafen möchten die Entwurfsverfassenden ein ausgewogenes Verhältnis zwischen privat-introvertiert und öffentlich-extrovertiert schaffen. Das Leben wird auf minimalen Raum reduziert. Dazu legen die Planenden eine zwei- bis dreigeschossige Ansammlung von Gebäuden als eine Art „Teppich“ auf den bereits versiegelten Flächen des vorhandenen Baumarkt-Parkplatzes und dessen Umgebung.
Die vorhandene Versiegelung wird zurückgenommen und durch be- grünte Höfe und Wege ersetzt. Eine Brücke verbindet die Nordstadt mit dem Hafenareal. Der Teppich, in Holzständer-Bauweise ausgeführt, integriert Bestandsgebäude und überbaut den Baumarkt. Nach diesem Prinzip kann sich der Teppich in alle Richtungen ausbreiten, wo neuer Wohnraum geschaffen werden soll. So entsteht ein dichtes Quartier mit Nutzungen wie Arbeiten, Wohnen, Freizeit, Bildung, Versorgung und Gastronomie. Die Wohnblöcke bieten Platz für unter- schiedlichste Wohnformen von zwei bis sechs Personen. Jede Wohneinheit hat einen privaten Garten, der sich bei Bedarf zu einem Gemeinschaftsgarten zusammenschließen lässt. Minimalistische Ein- bauten bieten Stauraum und lassen den restlichen Raum zur Nutzung frei. 250 Wohnblöcke à vier Wohneinheiten mit entsprechend der Berechnung der Studierenden insgesamt 27.000 Quadratmeter überbauter Fläche bieten dafür eine große Nutzfläche. Durch die teilweise Entsiegelung und zusätzliche Dachbegrünung mit mindestens einem Meter Substrat auf den Dächern lässt sich so ein erheblicher Anteil der Bebauten Fläche als entsiegelt werten.
Das Konzept bespielt das gesamte Wettbewerbsgebiet mit einem urbanen Quartier an der Schnittstelle zwischen Stadt, Landschaft und Wasser. Dieser naturnahe Stadtteil ist als soziale Durchmischung mit Wohnen, Arbeiten und Leben konzipiert.
Die Typologie des offenen Blocks, welche im Wechsel mit Grünschneisen angeordnet ist, dominiert das Quartier. Der Block setzt sich aus mehreren Gebäuden mit unterschiedlichen Höhen, Gebäudetiefen und Fassadengestaltungen zusammen und weist Höhen von vier bis fünf Geschossen auf. Dieses System findet sich in verschiedenen Variationen und Anpassungen im nahezu gesamten Wettbewerbsgebiet wieder. Der Zugang zu den Häusern erfolgt immer vom Innenhof der Blöcke, was eine Introvertiertheit gegenüber dem Straßenraum erzeugt. Die Grund- risse der Gebäude sind bekannten aktuellen Standards angelehnt.
Als interessante Abweichung von der städtebaulichen Hauptstruktur platzieren die angehenden Planer polygone Baukörper im Bereich des Hafenbeckens, die den Bereich um den Hafenspeicher und die Hafenbeckenkante hervorheben. Somit nutzt das Konzept diesen Ort als zentrales Element, um eine zum Ort passende Identität zu bilden. Zusätzlich durchzieht die Landschaften in einigen Grünzügen die Blockrandbebauungen. Die das Planungsgebiet umgebenden Landschafts- räume, wie landwirtschaftliche Nutzflächen, die Parkanlagen Bleichwie- se und Schleusenpark sowie das Naturschutzgebiet Lossedelta lassen sich in adaptierter Form in den Grünzügen im Quartier erleben. Über die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen hinaus stehen in den Innenhöfen der Blockstruktur den Bewohner:innen Flächen für Urban Farming und Urban Gardening zur Verfügung. Nachhaltigkeitsaspekte sind in der Struktur angelegt, wenngleich der Entwurf nicht genauer darauf eingeht und die Architekturen nicht weiter ausgeführt sind
- Juryvorsitzende: Prof. Andrea Wandel (Wandel Lorch Götze Wach Architekten; Hochschule Trier)
- NHW-Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer
- Bernd Peuster (NHW, Leiter Fachbereich Akquisition Nord)
- Christof Nolda (Stadtbaurat Kassel)
- Prof. Marc Frohn (FAR Architects Berlin; KIT Karlsruhe Leiter Fachgebiet Raum + Entwerfen)
- Sebastian Stürzel (Bankert Linker & Hupfeld)
- Ulrike Pape (pape + pape, Kassel)
Organisation
- Prof. Frank Kasprusch
- Frederik Ehling M.A.