Beitrag der Bürgerbeteiligung zu Integrierter Stadtentwicklung und Wohnungsbau

Reurbanisierung, Binnenwanderung und internationale Migrationsbewegungen haben in vielen deutschen Großstädten zu Engpässen auf dem Wohnungsmarkt geführt. Zwar fließt seit der Weltfinanzkrise verstärkt internationales Kapital in den deutschen Wohnungssektor. Die dabei entstehenden Wohnungen zielen aber meist auf höhere Einkommensgruppen. Mit einiger Verzögerung haben Länder und Gemeinden auf den Engpass reagiert und stellen wieder mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau bereit. In einigen Städten müssen große Wohnbauvorhaben inzwischen auch einen bestimmten Prozentsatz an geförderten Wohnungen beinhalten.

Anders als nach dem II. Weltkrieg, als ein großflächiger Neubau am Stadtrand erfolgte, sind die Städte heute vor allem am Neubau von Wohnungen „im Bestand“ interessiert. Die Nachverdichtung und Konversion von Militär-, Bahn- und Industrieflächen ist aber in den Städten, die am schnellsten wachsen, bald ausgereizt. Die Integration von Großvorhaben, die den Charakter eines Stadtteils verändern oder sogar selbst neue Quartiere schaffen, ist aktuell die größte Herausforderung für die integrierte Stadtentwicklung. Häufig sind diese Vorhaben in der Stadtgesellschaft umstritten. Bürgerinitiativen setzen sich für den Erhalt von Gebäuden ein, die an frühere Nutzungen erinnern, verteidigen gewachsene Vegetation und Freiräume, umso mehr, wenn sich dort Zwischennutzungen etabliert haben. Große Wohnungsbauvorhaben stoßen auf Widerstand: aufgrund der Zahl der neuen Bewohner, ihrer (vermeintlichen) sozialen Probleme, ihres Konsumverhaltens oder des zusätzlichen Verkehrs.

Die neuen Großvorhaben sind auch eine große Herausforderung für die Bürgerbeteiligung: Die Planung muss die Betroffenen im Stadtteil adressieren, ohne die noch unbekannten späteren Nutzer aus dem Auge zu verlieren. Doch zu welchem Zeitpunkt soll die Beteiligung beginnen und wann sind welche Fragen zu klären? – Die Leipzig-Charta geht davon aus, dass eine vorgeschaltete Rahmenplanung – in Form eines stadtweit ausgerichteten „Stadtentwicklungsplans Wohnen“ oder eines lokalen Stadtteilentwicklungskonzepts – eine integrierte Entwicklung fördert. Rahmenpläne bieten die Chance, neue Bauvorhaben auf die Bedürfnisse des städtischen Wohnungsmarkts und des jeweiligen Stadtteils auszurichten, lokale Akteure einzubinden sowie frühzeitig auf soziale und ökologische Belange einzugehen. Gleichzeitig können sie auch zur Akzeptanz großer Wohnungsbauvorhaben beitragen.

Allerdings gibt es bisher kaum Daten darüber, wie die großen Wohnungsbauvorhaben zustande kommen, wie viele Städte sich einer vorgeschalteten integrierten Rahmenplanung bedienen und wann die Bürgerbeteiligung bei den aktuellen Bauvorhaben einsetzt. Diese Vorstudie soll die empirische Lücke schließen und analysieren, wie die Integration der Großvorhaben von unterschiedlichen Vorgehensweisen – mit und ohne Rahmenplanung, mit minimaler oder intensiver Bürgerbeteiligung – beeinflusst wird.

Projektlaufzeit: März 2017 bis August 2017
Förderung: vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.
Bearbeiter: Prof. Dr. Uwe Altrock, Dipl.-Ing. Gerhard Kienast, Dr. Thomas Kuder

Kontakt


Prof. Dr. Uwe Altrock

+49 561 804-3225
altrock​@​asl.​uni-kassel.​de


Dipl.-Ing. Gerhard Kienast

+49 561 804-2413
kienast[at]asl.uni-kassel[dot]de