Brasselsberg

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Der Stadtteil „Brasselsberg“ ist 7,89 Quadratkilometer groß und liegt im Südwesten Kassels.

Er wurde nach dem gleichnamigen Berg benannt, der 434,2 m hoch und ein Teil des Habichts­waldes ist. 4.069 Menschen leben im Stadtteil, der somit die geringste Bevölkerungsdichte Kassels hat. 30 Prozent der Bewohner des Stadtteils sind 45 bis 64 Jahre alt, dies bildet die größte Altersgruppe, das Durchschnittsalter beträgt dabei 49,3 Jahre. Das Gebiet des Stadtteils erstreckt sich über Wohnsiedlungen und auch über eine große Fläche Wald. Das angrenzende Gebiet der Dönche gehört jedoch nicht zum Stadtteil.

1. Willkommen in Brasselsberg

Den Stadtteil erreichen wir am besten mit der Buslinie 51 vom Bahnhof Wilhelmshöhe aus. Wir steigen im Rosental aus und stehen nun auf der Konrad-Adenauer-Straße.

Brasselsberg liegt in der „Gemarkung“ Nordshausen. Um 1900 war die Gegend ein sehr beliebtes Ausflugsziel und mit der Errichtung des Bismarckturmes 1904 sowie der Erschließung durch die Herkulesbahn, entstanden auch die ersten Häuser in der Siedlung, die zusammen eine Villenko­lonie bildeten.

Heute kommt man mit dem öffentlichen Personennahverkehr anders in die Siedlung am Bras­selsberg als früher; ab 1911 fuhr die Brasselsbergbahn als Zubringer zur Herkulesbahn im Druseltal. Doch sie bildete ebenso eine Verbindung in das Stadtzentrum. Für einen Besuch am Herkules war es dazu notwendig am Druseltal in eine andere Bahn umzusteigen.

Die ersten entstandenen Wohngebäude der Siedlung werden wir auf unserer Tour noch sehen, doch zunächst schauen wir uns Gebäude einer anderen Zeit an, ein wenig abseits der eigentli­chen Gartenstadt Brasselsberg. Dafür laufen wir nach links in die Straße Im Rosental. Diese kleine Siedlung grenzt direkt an die Dönche und besteht aus vergleichsweise wenig Häusern.

 

2. Im Rosental

Auf der linken Seite (Im Rosental 21) sieht man ein Wohnhaus des Kasseler Architekten Werner Hasper (1911- 1993). Dies entwarf er für die Familie, die das frühere Modehaus „Heinsius und Sander“ am Rathaus in der Kasseler Innenstadt führten. Die Familie zog im Jahr 1968 ein. Falls ihr neugierig seid, wie das Haus von innen aussieht: im Jahr 2019 wurde hier der Kasseler Tatort gedreht. Doch nicht nur die Villa wurde von Werner Hasper gebaut, einige Bauten in Kassel wur­den ebenso von ihm geplant, wie zum Beispiel die Treppenstraße, das Gebäude der HNA in der Frankfurter Straße sowie die Ingenieurschule in der Wilhelmshöher Allee.

Das Wohnhaus (Im Rosental 28) auf der rechten Seite entwarf Paul Bode für seinen Bruder Egon Bode im Jahr 1954. Zwischenzeitlich wurde das Einfamilienhaus in den 1980er Jahren zu einem Mehrfamilienhaus mit drei Wohnungen umgebaut, doch im Jahr 2006 wurde es wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt und saniert. Paul Bode entwarf in Kassel unter Anderem das Gebäude des Staatstheaters, das Hotel Reiss am Hauptbahnhof sowieso das Schlosshotel Kassel. Sein Bruder Arnold Bode war unter Anderem Künstler und Begründer der documenta.

 

Links, Im Rosental 27 finden wir „Haus und Garten Mattern“. Hermann Mattern leitete als Profes­sor die Abteilung für Landschaftskultur an der Werkakademie in Kassel. Er entwarf das Haus für sich in den Jahren 1951/52. Es ist von der Straße aus nicht einsehbar und öffnet sich Richtung Dönche in das Landschaftsschutzgebiet.

Wenn wir nun gleich der Straße im Rosental bis zum Ende folgen und auf einem kleinen Gehweg in die Dönche gelangen, habt ihr nochmal die Möglichkeit nach links zu laufen und euch eben­dieses Haus von der hinteren Seite aus anzusehen. Nach dem kleinen engen Fußweg biegt ihr nach links ab und folgt diesem, bis ein weiterer nach links abzweigt. Vor ebendieser Kreuzung be­findet sich auf der linken Seite das Haus Mattern. Hier sehen wir wie sehr das Landschaftsschutz­gebiet das Wohnhaus mit dem 900 qm großen Garten miteinbezieht. Das Gebäude befindet sich an einem leichten Hang. Die Bepflanzung im Garten wurde damals ebenso von Mattern geplant wie das Gebäude. Es besitzt neben der Küche und dem WC, einen Wohnraum sowie ein Arbeits­zimmer und die Besonderheit einer Schlafempore.

 

3. Dönche

Von Matterns Haus laufen wir das kleine Stück wieder zurück, sind aber für ein paar Meter in der Dönche, die offiziell nicht zum Stadtteil gehört, jedoch direkt angrenzt und auch einige Wohn­gebäude mit in die Landschaft einbindet. Die Dönche wurde landwirtschaftlich genutzt und ab den 1930er Jahren zu einem Truppenübungsplatz. Zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges befanden sich in der Dönche Flakbatterien, unzählige Bomben wurden hier abgeworfen. Nach Kriegsende wurde es 1976 zu einem Landschaftsschutzgebiet, doch noch heute erinnern Gräben an diese Zeit. Heute übernimmt die Dönche die wichtige Funktion eines Naherholungsgebietes.

Wir biegen nach rechts ab und dann gleich wieder nach links und befinden uns in einem Wald­stück, dass zwischen den beiden Wohnsidlungen des Brasselsberges liegt.

Wir laufen nach links über den Dönchebach, folgen dem Weg und sind nun auf der Nordshäuser­straße. Am Ende der Straße biegen wir nach links auf die Brasselsbergerstraße.

 

4. Villenkolonie

Wir stehen nun in der als Gartenstadt geplanten Villenkolonie Brasselsberg. Jetzt treffen wir zum ersten Mal auf die Wohnhäuser, in denen schon in der Anfangszeit der Siedlung gelebt wurde. Ruhig gelegen, abseits der Stadt mit direktem Zugang zum Habichtswald. Wir werden vor Allem Einzelhäuser sehen, Villen und kleinere Wohnhäuser, geplant als Landhäuser in Streulage.

Die Planer der Gartenstadt waren die Kasseler Architekten Julius Eubell und Karl Rieck, sie ver­walteten die Grundstücke und übernahmen später die Ländereien. Als die Grundstücke nach und nach verkauft wurden, entstanden auch die ersten Straßen. Es bildete sich kein homogenes Villengebiet, sondern eine Siedlung, in der die Villen in Streulage in der Landschaft verteilt wer­den sollten. Somit bestand keine Ortsmitte in der Planung, diese wurde erst viel später geplant an einem Ort, den wir uns nun ansehen möchten.

Während wir durch den alten, ursprünglichen Teil der Siedlung laufen, werden uns nun ein paar erwähnenswerte Häuser begegnen. Beginnen wir mit der Brasselsbergstraße 1. Ein Teil der frü­hesten Bebauung der Gartenstadt, entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es soll ein histori­sches Landhaus darstellen, ursprünglich war es in einem großen Garten gelegen. Es handelt sich um einen eingeschossigen Backsteinbau mit Krüppelwalmdach. Das Dachgeschoss ausgeprägt mit einem Schmuckfachwerk und einer Backsteinausfachung sowie Spitzbogenfenster ganz oben zu sehen.

Ebenfalls aus dieser Anfangszeit stammt das Haus mit der Hausnummer 3, ein Stück weiter. Es handelt sich um ein Landhaus aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg,

Ein paar weitere Wohnhäuser schauen wir uns an, nachdem wir den Ortskern gesehen haben. Dafür laufen wir die Straße weiter runter bis zu einer Kreuzung. Hier biegen wir nach links und stehen nun vor der Emmauskirche.

 

5. Ortskern

Die Emmauskirche gehört zur evangelischen Gemeinde und bildet den Mittelpunkt des Ortes. Sie wurde nach dem zweiten Weltkrieg von Albert Krüger geplant und am 12. Oktober 1952 ein­geweiht. Dabei wurden teilweise in dem Gebäude Trümmer der zerstörten Kasseler Innenstadt verbaut.

An einer Stelle, wo sich vier Straßen treffen, sollte sie das Zentrum mit einem Platz bilden.

1988 kam dies mit einem verkehrsberuhigten Zentrum und Ruhebänken tatsächlich zustan­de. Dabei sollte das Zentrum einen Dorfplatzcharakter erhalten in der sonst von Wohnhäusern dominierten Siedlung. 1990 bekam die evangelische Gemeinde anschließend an den Kirchen­bau den dringend benötigten Gemeindesaal sowie Jugendräume. Infrastruktur, die auch zum Beispiel Räume für die Sparkasse beinhalteten sowie einen Lebensmittelmarkt vervollständigten die neue Mitte.

 

6. Am Hahnen 16

Weiter geht es nun auf der Straße Am Hahnen.

Fast am Ende der Straße sehen wir rechts das Haus Am Hahnen 16. Es ist das Wohnhaus des Architekten Konrad Proll, der in der Kasseler Innenstadt im Jahr 1957 das AOK-Gebäude plante. Der Bungalow, das wir hier sehen ist aus dem Jahr 1955. Es ist durch den Hang zur Straße hin zweistöckig. Auffällig ist die sehr große Terrasse sowie die großzügige Treppe, mit der man in den Garten gelangt. Wir laufen nun die Johann-Jakoby-Straße hoch.

 

7. Stadtvillen

An der Ecke Johann-Jakoby- Straße und Schwengebergstraße stehen große Mehrfamilienhäuser, die sich sehr abheben vom restlichen Teil der Bebauung. Auf diesem 3000 qm großen Grund­stück standen ursprünglich zwei Villen, doch nach dem Verkauf wurden diese abgerissen und 2017 durch mehrere Stadtvillen mit Mietwohnungen ersetzt. Ein Umbruch der Siedlung kündig­te sich auch durch diese Planung an, denn das durchschnittliche Alter der Bewohner des Stadt­teils ist recht hoch, dass weitere Grundstücke in Zukunft verkauft werden, ist eine Konsequenz daraus.

Die sehr großen Grundstücke werden durch das Fehlen eines Bebauungsplans beim Verkauf oft­mals unterteilt. So finden sich beispielsweise auch in diesem Stadtteil neue Mehrfamilienhäuser, die gar nicht so richtig zu der Umgebung passen.

Auf der Schwengebergstraße laufen wir nun nach links.

 

8. Haus im internationalen Stil

Das kommende Haus ist von der Straße nicht ganz ersichtlich, um es komplett zu sehen muss man ein kleines Stück dem Weg zum Haus folgen. Es ist das Haus mit der Nummer 21, ein Wohn­haus im internationalen Stil, geplant 1928 vom Architekten Hans Soeder für den Maler Prof. Wilhelm Michel. Es ist ein zweigeschossiges Haus mit einer Fassade aus rotem Ziegelmauerwerk sowie einem lichtdurchfluteten Atelier für den Künstler.

Soeder war unter anderem als Professor an der Kunstakademie in Kassel (1923-1925) tätig und entwarf unter anderem die Riedwiesensiedlung im Kasseler Stadtteil Kirchditmold. Er war Mit­glied des deutschen Werkbundes und gestaltete als Direktor die Kasseler Kunstakademie in den 1920er Jahren im Sinne der Kunstschulreformbewegung um.

Wenn ihr möchtet könnt ihr nun kurz der Straße nach oben folgen, dann seid ihr auf der Kon­rad-Adenauer Straße, einer vielbefahrenen Straße, die auf die Autobahn und nach Baunatal führt. Wenn man jetzt nun nach links laufen würde, gelangt man zum Steinernen Schweinchen.

 

9. Steinernes Schweinchen

Gasthäuser spielen im Stadtteil eine besondere Rolle aufgrund des Waldes und der Wanderrou­ten. Heute noch sehr präsent ist das Steinerne Schweinchen auf der Konrad-Adenauer-Straße, ein Hotel mit Restaurant. Bevor es zum Gasthaus wurde, war dieser Ort Ende des 19. Jahrhun­derts ein Rast- und Ruheplatz innerhalb des umliegenden Gebietes, das gern für Wanderungen, Spaziergängen und der besonderen Aussicht genutzt wurde. Von der Forstverwaltung wurde in dieser Zeit ein Steingarten angelegt, mit einer Art Tisch und Bänken aus ebendiesem Material. Der Name des Gasthauses entstand durch einen sich auf der Anlage befindender Findling, der an ein Schwein erinnerte. 1890 eröffnete dort das Gasthaus, in dem unter anderem Kaffee, zuberei­tet mit örtlichem Quellwasser, getrunken werden konnte.

 

10. Weitere Häuser der Villenkolonie

Wir laufen zurück auf die Schwengebergstraße weiter Richtung Nord-Osten und sehen auf der Ecke Schwengebergstraße/Johann-Jakoby-Straße ein Haus mit der Nummer 13. An der Fassade erkennen wir Schmuckfachwerk sowie einen kleinen Turm am Gebäude.

Bei der Hausnummer 11 finden wir wieder ein Wohnhaus aus der frühen Gartenstadtzeit vor dem ersten Weltkrieg. Der Eingangsbereich ist ziemlich auffällig gestaltet, in die Stützen des Windfangs wurden zwei Figuren geschnitzt.

Dieser kurze Einblick in die Bauten der Siedlung geben einen Überblick über die Vielfalt der entstandenen Wohnbauten. Damals entstanden sie mit sehr großzügigen Grundstücken mit viel Platz und dem Gefühl, innerhalb der Stadt sehr ländlich zu wohnen. Jedes Haus erzählt von der Verwirklichung der Ideen seiner Bauherren und ihrer jeweiligen Vorstellung vom idyllischen Wohnen. Der Schein nach außen und die Repräsentation hatten einen sehr hohen Stellenwert.

Den folgenden Teil der Strecke könnt ihr laufen, ihr könnt ihn aufgrund der etwas längeren Stre­cke auch überspringen. Doch um einen Eindruck von der Größe des Stadtteils zu bekommen, ist es gut ein Stück durch den Wald zu laufen. Brasselsberg zieht sich noch weit in den Westen, zwei Punkte befinden sich noch in der näheren Umgebung, die ebenso erwähnenswert sind.

 

11. Bismarckturm

Der Weg führt nun steil berghoch durch den Wald, doch die Mühe wird mit einem außergewöhn­lichen Blick über Kassel bis zum Söhrewald belohnt. Der Bismarckturm wurde 1904 eingeweiht und ist 25,5m hoch. Er wurde zweischalig gebaut, das Tragmauerwerk entstand aus Basalt, die Verblendung ist aus Tuffstein. Das Baumaterial ist aus der näheren Umgebung. Nach 86 Stufen erreicht man das oberste Geschoss, nochmal 25 Stufen auf einer eisernen Wendeltreppe führen auf die Plattform ganz oben auf dem Turm, auf der man eine Aussicht über die ganze Stadt hat, sowie über das Umland und die umgebenden Mittelgebirge hat. Laufen wir nun zurück zur Kon­rad-Adenauer-Straße ein Stück durch den Wald. Dabei kommen wir noch an einer Stelle vorbei, deren Funktion gar nicht mehr ersichtlich ist.

 

12. Zeche Marie

Gastwirtschaften spielen im Stadtteil eine sehr wichtige Rolle und bestanden teilweise noch vor den Wohnhäusern, so auch hier. Auf dem Zeche Marie Weg entstand im Zuge des Kohleabbaus die Gaststätte zur Zeche Marie, deren Gebäude nun sehen. Die Zeche des Braunkohleabbaus gab es seit 1868, 1967 wurde ihr Betrieb komplett eingestellt. Heute sind die Gebäude in Privatbesitz. Wenn wir dem Weg weiter folgen, kommen wir wieder auf die Hauptstraße und können wieder in den Bus Richtung Bahnhof Wilhelmshöhe steigen.