Muehlrath-etal-2016: Die Wirkung von Fairness-Wahrnehmungen in landwirtschaftlichen Geschäftsbeziehungen: Ein PLS Modell

Posterbeitrag anlässlich der 56. Jahrestagung der GEWISOLA „Agrar- und Ernährungswirtschaft: Regional vernetzt und global erfolgreich“ Bonn, 28. bis 30. September 2016

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Die Wirkung von Fairness Wahrnehmungen in landwirtschaftlichen Geschäftsbeziehungen: Ein PLS-Strukturgleichungsmodell

 

Daniel Mühlrath*, Irwa Issa**, Detlev Möller*

 

Universität Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, *Fachgebiet Betriebswirtschaft, **Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing

Keywords

Organizational Justice Theorie; Fairness; Abnehmer-Lieferantenbeziehungen; Ökologischer-Landbau; Schweiz; PLS-Modellierung

1            Einleitung

Das Thema Fairness in landwirtschaftlichen Abnehmer-Lieferantenbeziehungen hat in den vergangenen Jahren eine zunehmende Bedeutung in der öffentlichen Berichterstattung gewonnen. Während hierbei der Fokus der Debatten häufig auf der fairen Preisgestaltung liegt, lässt sich das Thema auch weitergehend betrachten. Der theoretische Ansatz der Gerechtigkeit in Organisationen (Organizational Justice Theory; Colquit 2001) bietet hierzu einen interessanten Blickwinkel. Hornibrook et al. (2009) schlagen vor, diesen – ursprünglich aus der eher inner-organisationalen Betrachtung stammenden – Ansatz, auf Geschäftsbeziehungen der Lebensmittelwertschöpfungskette zu übertragen. Ein konkretes Messmodell zur empirischen Analyse von Geschäftsbeziehungen im landwirtschaftlichen Kontext auf Basis des Organizational Justice Ansatzes liegt bisher jedoch nicht vor.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die allgemein recht ausgereiften Messansätze zu Fairness Wahrnehmungen in Organisationen auf den Kontext inter-organisationaler landwirtschaftlicher Geschäftsbeziehungen der Lebensmittelwertschöpfungskette zu übertragen. Auf Basis einer umfassenden schriftlichen Erhebung unter Schweizer Bio-Landwirten soll die Wirkung von Fairness Wahrnehmungen der Landwirte auf Ergebnisse und Leistung der Geschäftsbeziehung in einem Strukturgleichungsmodell analysiert werden.

2            Methodische Vorgehensweise

Im Jahr 2012 wurde eine standardisierte Online-Befragung unter Schweizer Bio-Landwirten durchgeführt (N=5663; reine Zufallsauswahl von 2000 Betrieben). Unter den teilnehmenden Landwirten (n=595; Rücklauf 30%) wurden diejenigen für die weitere Analyse ausgewählt (n=441), die sich in der Vermarktung ihrer Produkte auf Weiterverarbeiter und Händler in der Schweiz fokussieren und nicht auf die Direktvermarktung. Aufgrund des explorativen Charakters dieser Arbeit und der Struktur der erhobenen Daten wurde ein non-parametrischer, varianzanalytischer Strukturgleichungsmodellierungsansatz gewählt (Partial Least Square, PLS; vgl. Hair et al. 2014; verwendete Software: smartPLS3).

3            Theorieentwicklung und Ergebnisse der Strukturgleichungsmodellierung

Theorieentwicklung: Der Organizational Justice Ansatz betrachtet die wahrgenommene Fairness des Verhaltens einer Person mit Machtüberhang (z.B. Arbeitgeber; hier Abnehmer) aus Sicht des „Schwächeren“ (z.B. Arbeitgeber; hier Lieferant bzw. Landwirt). Bezüglich der Fairness Wahrnehmung werden zwei bis vier Dimensionen unterschieden: Prozess- (PF) und Distributionsfairness (DF) sowie darüber hinaus Interaktionsfairness (IF), welche wiederum in Informations- und Interpersonelle-Fairness unterteilt wird. Die Ergebnisse einer Geschäftsbeziehung (organisational outcomes) werden definiert als Überzeugungen und Einstellungen (hier Commitment und Organizational Citizenship Behaviour, OCB) von denen ein Einfluss auf die Leistung (hier Qualität, Schnelligkeit, Abhängigkeit, Flexibilität, Kosten; supply chain performance objectives, QSDFC) erwartet wird, wenn es zu Änderungen im Verhalten von Einzelnen (hier der Abnehmer) kommt (vgl. Colquit 2001).

Gütebeurteilung des reflektiven Messmodells: Die latenten Variablen (Konstrukte) des Organisational Justice Modells wurden durch reflektive Indikatoren gemessen. Bis auf wenige Ausnahmen (OCB, s.u.) sind die Faktorladungen der Indikatoren >0,70, was auf eine akzeptable Indikatorreliabilität hindeutet. Alle latenten Variablen weisen eine gute Konstruktreliabilität >0,72 auf. Mit einer durchschnittlichen erfassten Varianz (DEV) von >0,55 kann auch von einer ausreichenden Konstruktvalidität der latenten Variablen ausgegangen werden. Lediglich das Konstrukt „OCB“ liegt darunter (>0,43); hier werden zwei Dimensionen vermutet. Dennoch zeigen die Ergebnisse eines Cross-Loadings-Tests, dass alle Konstrukte eine akzeptable Konvergenz- und Diskriminazvalidität aufweisen (auch Fornell-Larcker-Kriterium überall erfüllt).

Beurteilung des Strukturmodells: Alle Pfadkoeffizienten des Strukturmodells (siehe Abbildung 1) sind signifikant, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau. Das Strukturmodell kann ca. 60% (R2=0,590) der Varianz des Konstruktes Leistung der Geschäftsbeziehung erklären. Somit unterstreicht die vorliegende Strukturgleichungsanalyse die Wirkung von wahrgenommener Prozess- und Verteilungsfairness im Verhalten der Abnehmer auf die Beurteilung der Geschäftsbeziehungsergebnisse (Commitment; OCB) sowie der Leistung der Geschäftsbeziehung, wie sie z.B. von Hornibrook et al. 2009 vorgeschlagen werden.

4            Schlussfolgerungen und Ausblick

Der Organizational Justice Ansatz konnte im Rahmen dieser Arbeit auf den Kontext von landwirtschaftlichen Abnehmer-Lieferantenbeziehungen übertragen werden. Auf die von den teilnehmenden Landwirten bewertete Leistung der Geschäftsbeziehung wirken Prozess- Interaktions- und Distributionsfairness; letztere mit der stärksten Gesamtwirkung, was die Bedeutung des Preises in der Wahrnehmung der Landwirte unterstreicht. Interaktionsfairness wirkt dabei nur direkt während Prozessfairness stark durch Commitment und OCB mediiert wird und Distributionsfairness sowohl direkt als auch indirekt auf die Leistung wirkt. In weiteren Analysen könnte der Einfluss moderierender Variablen (z.B. Dauer der Geschäftsbeziehung; Betriebsstruktur) untersucht werden.

Literatur

Colquitt, J. A. (2001): On the Dimensionality of Organizational Justice: A Construct Validation of a Measure. Journal of Applied Psychology 86 (3): 386–400.

Hair, J. F. (Hrsg.) (2014): A primer on partial least squares structural equation modeling (PLS-SEM). Sage Publ, Los Angeles.

Hornibrook, S., A. Fearne und M. Lazzarin (2009): Exploring the association between fairness and organisational outcomes in supply chain relationships. International Journal of Retail & Distribution Management 37 (9): 790–803.