Dr. Beate Formowitz

Von der Forschung zur landwirtschaftlichen Beraterausbildung

Dr. Beate Formowitz - Diplom I Ökologische Landwirtschaft und MSc International Ecological Agriculture, Abschluss 2005.

Aktuell: Leitung Bildungsbereich im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Rauischholzhausen

Geboren und aufgewachsen in Hannover, wurde mir von meiner Oma und meinen Eltern und deren Liebe zu unserem Schrebergarten schon früh die Liebe zur Natur eingepflanzt. Nachdem ich es allerdings in meiner Teenagerzeit schaffte, selbst die trockentolerantesten Epiphyten vertrocknen zu lassen, war es fast gewagt, eine Ausbildung als Zierpflanzengärtnerin im Berggarten Hannover, botanischer Garten der Herrenhäusergärten, zu beginnen. Doch offenbar blieb einiges hängen, denn seitdem habe ich einen grünen Daumen, was nicht nur meine Nachbarn, sondern derzeit auch die Insektenwelt Marburgs freut. 

Als ich nach der Ausbildung ein weiteres Jahr beim Grünflächenamt Hannover arbeitete und im Außendienst das städtische Grün von Müll befreite, Grünzüge und Spielplätze pflegte, hätte ich mir niemals vorstellen können, einmal als Führungskraft beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) im Bildungsseminar Rauischholzhausen „zu landen“ und in einem Schloss arbeiten zu dürfen.

Lebendige Studienzeit und internationale Praktika

Glücklicherweise tat ich den ersten – damals noch unbewussten - Schritt in diese Richtung, als ich im Wintersemester 1999/2000 in Witzenhausen Ökologische Landwirtschaft begann zu studieren. Von den folgenden Studien- und Doktorandenjahren gäbe es so viel zu berichten, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen und enden soll. Ich könnte von meiner wunderbaren Zeit in der Hanseaten-WG berichten, gemeinsamen Höhen und Tiefen beim Lernen und Feiern, den legendären feuchtfröhlichen Partys im Club, den Begegnungen mit so vielen unglaublich tollen, engagierten und liebevollen Menschen im In- und Ausland oder fachlichen Schwerpunkten, dem Pflanzenbau der Tropen und Subtropen und der Bodenbiologie.

Unvergesslich sind meine Praktikaaufenthalte u.a. in Portugal auf einer Straußenfarm im Alentejo und mein späterer Aufenthalt in Costa Rica. Nach Portugal angereist unter dem Angebot, wir könnten auch im Zelt schlafen, waren wir nach Ankunft doch heilfroh, dass der holländische Nachbar das Klischee erfüllte einen Wohnwagen zu besitzen, den wir uns ausleihen und als Unterkunft nutzen durften. Es war eine tolle Zeit und wir lernten viel über Kunstbrut, Straußenaufzucht und echtes Teamwork. Letzteres u.a. um beim Wegnehmen der Eier nicht „zu Tode getreten“ zu werden. Ganz unverhofft wurden uns auf der Farm mehrere kleine Welpen „in den Schoß“ gelegt, die wir mit der Flasche großzogen und nicht mehr hergaben. Die kleine Beleza wurde 11 Jahre meine treue Begleiterin, bis ich sie über die Regenbogenbrücke gehen lassen musste und ich vermisse sie noch heute.

Etwas naiv und völlig ohne Spanischkenntnisse, stürzte ich mich in das Abenteuer Costa Rica. Allein die Reise mit dem Containerschiff über den Atlantik, dank der großartigen Unterstützung von Dole Europe, war ein Wahnsinnserlebnis, welches ich nach den ersten drei Tagen seekrank unter Deck, mehr als genossen habe. Die ganzen Eindrücke wie fliegende Fische, Wale und das unglaubliche Sternenmeer am Nachthimmel entschädigten für alles. Neben den Versuchen zu Effektiven Mikroorganismen und Bokashi, erkundete ich in den folgenden sieben Monaten dieses wunderschöne vielfältige Land und lernte die Lebensfreude der Lateinamerikaner*innen sowie die spanische Sprache kennen und lieben.

Arbeit mit und Verbindung zu Menschen

Im Jahr 2008 packte mich erneut die Suche nach einer neuen Herausforderung und so kam ich ans Technologie- und Förderzentrum nach Straubing im schönen Niederbayern. Und „do, do wor i dahoam“, vom ersten Tag an passte alles, die Leute, die Region, die Aufgaben, die Gemütlichkeit… „oanfach ois“. Neben Projekten zum Energiepflanzenanbau hatte ich das große Glück, in einem Projekt mit Philosophen zur gesellschaftlichen Debatte um Bioenergie mitarbeiten zu dürfen. Es war spannend zu sehen, wie sich die zu Beginn sehr unterschiedlichen Arbeitsweisen von uns Natur- und Geisteswissenschaftlern im Laufe des Projekts immer weiter annäherten, natürlich nicht ohne endlose Diskussionen um Berichtstrukturen, Formulierungen und deren Bedeutungen.

Seit Mitte 2014 bin ich zurück in Hessen, allerdings in einem ganz anderen Tätigkeitsbereich. Die Forschung hinter mir lassend, steht nun die Unterstützung der Beratungskräfte im ländlichen Raum sowie der Beschäftigten in der Agrarverwaltung durch unsere fachlichen und methodischen Fortbildungen im LLH Bildungsseminar Rauischholzhausen im Mittelpunkt. Neue Aufgaben erfordern neue methodische und persönliche Kompetenzen und so besuchte ich den Master Mediation sowie diverse Fortbildungen zu Kommunikation, Beziehungsgestaltung, Führung und dergleichen. Ich empfinde es wahrlich als Privileg, in einem wunderschönen Schloss und diesem Berufsfeld tätig sein zu dürfen und mit jedem Seminar bzw. im Austausch mit den Teilnehmenden, den Kunden und auch meinem Team, ständig dazuzulernen und mich fortwährend weiterzuentwickeln.

Als Mensch mit großem Nähe-Anteil, ganz im Sinne von Riemann-Thomann, ist mir die Verbindung zu den Menschen in meinem Umfeld mit das Wichtigste im Leben. Im Laufe der Jahre sind wunderbare Freundschaften entstanden, die auch durch Umzüge und weite Entfernungen keinen Abbruch fanden. Ein paar haben ihren Ursprung in Witzenhausen und ich hoffe, sie halten noch sehr lange an.

Kommentar

Inka Sachse: Vielen Dank für diesen wunderbaren, lebendigen und organischen Bericht! Ich freue mich, wenn wir uns hoffentlich bald mal wiedersehen.

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