Dr. Christina Bantle

Von der Eisverkäuferin zur IFBC-Studentin

Dr. Christina Bantle (Foto Wessolek) - MSc International Food Business and Consumer Studies, Abschluss 2011.

Aktuell: Akademische Mitarbeiterin im Fachgebiet Umweltbildung und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, Hochschule Eberswalde

Eigentlich wollte ich ja Eis herstellen, leckere Sorten aus Milch von glücklichen Kühen. Dafür hatte ich im Jahr 2007 für ein paar Monate auf einem kanadischen Bio-Betrieb mitgearbeitet und dort die Eisherstellung erlernt. Der Berufseinstieg in Deutschland war dann ernüchternd – arbeiten, wenn andere Eis essen? Das hatte ich offensichtlich nicht ausreichend durchdacht. In meinem vorigen Job hatte ich mit Jugendlichen die Hannoveraner Innenstadt aus einer konsum- und globalisierungskritischen Perspektive erkundet, das fand ich gut. Ich suchte also nach einem Ort in Deutschland, an dem kreative Bildungsarbeit mit globalen Bezügen umgesetzt wurde und ich mich einbringen konnte. Jemand erzählte mir vom Tropengewächshaus in Witzenhausen. Ich nahm Kontakt mit der Kustodin des Gewächshauses Marina Hethke auf und setzte mich in den Zug nach Hessen. Das Tropengewächshaus war beeindruckend, Marina voller Energie, der Ort gefiel mir. An einer Tür sah ich einen Zettel mit vier Buchstaben: IFBC. Ich ging näher: International Food Business and Consumer Studies. Das klang gut. Und hatte ja auch irgendwie mit Eis zu tun. Essen und so. Ich sah die Chance, an einem Ort gleichzeitig wieder in die Bildungsarbeit einzusteigen und dazu noch ein Masterstudium zu absolvieren. Ich bewarb mich also um einen Platz im Studiengang, machte im Auswahlprozess deutlich, dass ein Erststudium der Landschaftsarchitektur und Umweltplanung eine hervorragende Grundlage für den IFBC darstellt, und begann im Wintersemester 2008 mein Studium.

Studieren und Probieren

Wir waren ein kleiner Jahrgang, vielleicht 15 Personen, und als deutsche Studierende in der Minderheit. Der Titel „Food“ im Studiengang hatte essensaffine Menschen aus aller Welt zusammengebracht. Wir gingen zu den Vorlesungen, eröffneten internationale Lerngruppen und probierten uns durch in den Wohnheimküchen zubereitete internationale Gerichte. Einen Großteil der Zeit waren wir eine syrisch-albanisch-simbabwisch-russisch-indisch-deutsche Runde, die immer wieder durch Studierende anderer Nationen bereichert wurde. Wir aßen, diskutierten über Sinn und Unsinn von „Organic“, feierten. Am Montagmorgen standen meine Kommiliton*innen und ich gemeinsam frierend am Bahnhof in Eichenberg, um nach Fulda zu fahren. Nebenher arbeitete ich im Tropengewächshaus – deshalb war ich ja schließlich nach Witzenhausen gekommen!

Nach dem Masterstudium ergab sich die Möglichkeit zur Promotion bei Professor Ulrich Hamm, wofür ich in Witzenhausen blieb. Dabei wechselte ich die Seite im Hörsaal und war nun Dozentin im IFBC. Im Austausch mit den Studierenden war ich voll in meinem Element. Zum Ende meiner Promotionszeit machte mich Professor Hamm auf eine Stellenausschreibung der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde aufmerksam. Die Stelle schien wie gemacht für mich. Und war sie anscheinend auch, denn ich bekam die Zusage und war so von 2015 an zunächst für drei Jahre als Gastprofessorin dort tätig, weitere drei Jahre als akademische Mitarbeiterin mit Schwerpunkt Lehre.

Es lebe die Vielfalt!

Die fachlichen Kenntnisse aus meiner Studien- und Promotionszeit sind Grundlage dessen, was ich in Eberswalde bis vor kurzem gemacht habe: Nämlich vor allem Lehre zum Marketing für Bio-Lebensmittel und zu Nachhaltiger Ernährung. Aber die ganzen weiteren Erfahrungen in Witzenhausen haben geprägt, wie ich gelehrt habe: Unser buntgemischter, internationaler IFBC-Jahrgang hat mich die Vielfalt unter den Studierenden und den großen Mehrwert heterogener Gruppen schätzen gelehrt. Ich habe in meiner Lehre versucht, möglichst diverse, auch internationale Perspektiven auf Themen einzubringen, offene Diskussionen zu ermöglichen und Individualität zu fördern. In meiner Lehrveranstaltung „Nachhaltige Ernährungssysteme“ habe ich in diesem Jahr zum ersten Mal eine feministische Perspektive aufgegriffen. Und wer hat mich darauf gebracht? Eine spanische Masterstudentin. Das ist doch kein Zufall, oder? Mit ihr gemeinsam werde ich diese Perspektive nun auch Master-Studierenden – und hoffentlich weiteren Menschen – nahebringen und freue mich schon auf die gegenseitige Inspiration.

Also: Danke, Witzenhausen. Ohne dich würde ich mich vielleicht immer noch ärgern, dass ich arbeite, während andere Eis essen.

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